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Familienbetrieb

TEndgültiges Aus für Wohnmobilhändler aus der Region

In den vergangenen Monaten seit dem Beginn der Insolvenz hat die Firma Klinke noch mal über 100 Caravans verkauft. Aber etwa 40 Wohnmobile stehen noch auf dem Firmengelände.

In den vergangenen Monaten seit dem Beginn der Insolvenz hat die Firma Klinke noch mal über 100 Caravans verkauft. Aber etwa 40 Wohnmobile stehen noch auf dem Firmengelände. Foto: Hansen

Den Familienbetrieb im Landkreis Cuxhaven gibt es seit 1957. Am Montag musste das Unternehmen nach den Camping-Boom-Jahren für immer schließen.

Von Inga Hansen Montag, 30.06.2025, 14:51 Uhr

Landkreis Cuxhaven. Als Georg Klinke 1957 die Tankstelle an der B6 in Nesse übernahm, gab es noch gar keine Wohnmobile. Fast 70 Jahre später markieren die schicken Caravans das Ende des Autohauses Klinke. Am 30. Juni schloss die beliebte Firma für immer ihre Türen.

„Wir haben über 100 Wohnmobile verkauft, seit wir Insolvenz angemeldet haben“, sagt Christian Klinke, Geschäftsführer des Autohauses Klinke. Zu günstigeren Preisen, klar. Ein bisschen Stolz klingt durch. Christian Klinke ist keiner, der aufgibt. Bis zuletzt legt er sich ins Zeug für seine Firma. Damit die Angestellten ihren Lohn kriegen, damit die Kosten wenigstens gedeckt sind, für die Gläubiger ein bisschen mehr Geld übrig bleibt. Zwei Tage vor der Schließung, erzählt er, sei der Insolvenzverwalter noch mal da gewesen. Er habe alle Mitarbeiter zusammengerufen und sich ausdrücklich bedankt, dass sie so gut mitgezogen hätten.

Klinke ist eben ein Unternehmen, in dem eigentlich alles stimmte. Die Kunden sind hochzufrieden, die Bewertungen im Internet ausgezeichnet, die Mitarbeiter oft seit Jahrzehnten dabei. „Einer meiner Mitarbeiter hat eine Insolvenz hinter sich, in der Industrie“, erzählt Klinke, „da war am Tag nach der Verkündung die Hälfte der Belegschaft krank.“

Fast die Hälfte der Mitarbeiter sind noch bei Klinke

In Stotel war das anders. Niemand ist zu Hause geblieben. Und von den 48 Mitarbeitern war noch fast die Hälfte an Bord und wickelte die Geschäfte gemeinsam mit ihrem Chef ab. Auch wenn die allermeisten sehr gute Karten auf dem Arbeitsmarkt haben. Klinke ist eben ein Familienunternehmen. In dem man füreinander einsteht.

Er schloss am Montagabend ab: Christian Klinke, Geschäftsführer des insolventen Autohauses Klinke.

Er schloss am Montagabend ab: Christian Klinke, Geschäftsführer des insolventen Autohauses Klinke. Foto: privat

Georg Klinke hat die Firma 1957 in Nesse an der B6 gegründet. Damals war es nur eine Tankstelle und eine kleine Werkstatt. Sein Sohn Hans-Georg hat die Firma groß gemacht. 1969 übernahm er das Ruder, vier Jahre später, 1973, wurde das Autohaus Vertragshändler von Renault.

2004 wurden die Wohnmobile das zweite Standbein

Doch Hans-Georg Klinke hatte noch eine weitere Leidenschaft. Er war und ist Wohnmobil-Fan. „Ich erinnere mich an einen alten Karstadt-Möbelwagen, den er umgebaut hatte, als ich noch ein Kind war“, erzählt Christian Klinke. Ein paar Wohnmobile gab es von daher immer schon im Angebot des Autohauses. 2004 wurden die Caravans dann zum zweiten Standbein. Das Autohaus Klinke eröffnete eine Zweigstelle im neu entstandenen Gewerbegebiet Loxpark in Stotel. Weil die neue Freiheit auf vier Rädern seit 2000 ein stetiger Wachstumsmarkt war, wie Klinke sagt, konzentrierte sich das Autohaus immer stärker auf die Caravans. 2015 siedelte die ganze Firma von Nesse ins Stoteler Gewerbegebiet um.

Der Absatz der im Schnitt 60.000 Euro teuren Gefährte, mit deren Verkauf man mehr verdient als mit dem Verkauf von Renault- und Dacia-Kleinwagen, wurde durch die Corona-Zeit noch mal kräftig angekurbelt. Als Renault 2024 sämtliche Verträge mit den Vertragswerkstätten löste, bemühte sich Klinke nicht mehr um einen neuen Vertrag.

Christian Klinke: „Ich stehe zu meiner Entscheidung“

„Wir haben auf die Wohnmobile gesetzt. Und ich stehe nach wie vor zu dieser Entscheidung. Auch wenn sie vielleicht zu spät gefallen ist“, sagt der 50-Jährige. Heute ist der Caravan-Markt übersättigt. „Die Hersteller haben enorm viele Fahrzeuge produziert, die Händler haben sie gekauft, und jetzt stehen sie überall herum“, beschreibt es Klinke. Denn in Zeiten, da eine Krise auf die nächste folgt, halten sich die Deutschen beim Konsum zurück. Das brach seiner Firma das Genick – ähnlich wie vielen anderen Caravan-Händlern in der Republik.

Nach fast 70 Jahren musste das Autohaus Klinke am Montag endgültig seine Türen schließen. Es fand sich kein Investor. Ein trauriger Tag für den Geschäftsführer, die Belegschaft - und die Kunden.

Nach fast 70 Jahren musste das Autohaus Klinke am Montag endgültig seine Türen schließen. Es fand sich kein Investor. Ein trauriger Tag für den Geschäftsführer, die Belegschaft - und die Kunden. Foto: Hansen

Etliche haben Insolvenz angemeldet, Klinke ist ein Fall von vielen. „Es sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die uns in die Knie gezwungen haben“, sagt der Geschäftsführer. Ob es besser gewesen wäre, weiter auf Renault zu setzen, bezweifelt er. „Renault hat frühzeitig auf E-Autos gesetzt und in Deutschland seit 2019 die Hälfte seines Marktanteils verloren.“

Christian Klinke hat sich nichts vorzuwerfen. Was er in Zukunft machen wird, weiß er noch nicht. „Darum hab ich mich bisher nicht gekümmert“, sagt er. Die Mitarbeiter und die Firma gingen vor. Vielleicht wird er wieder Marathon laufen. In seinem Büro hängen die Teilnehmerurkunden der fünf großen Stadt-Marathons Berlin, London, New York, Chicago, Boston. Tokio fehlt noch. Derzeit befinde er sich in einer Laufpause. Zu stark sei die psychische Belastung gewesen. Und da blitzt, bei aller Nüchternheit, die der Geschäftsmann an den Tag legt, doch auf, wie stark ihm die Insolvenz zugesetzt hat.

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