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TEr wollte nur nackt schwimmen: Lebensgefährliches Bad in der Weser

Die Seezeichen weisen der Schifffahrt den Weg.

Die Seezeichen weisen der Schifffahrt den Weg. Foto: Scheer

Über diese unglaubliche Geschichte spricht der halbe Hafen: Es grenzt an ein Wunder, dass ein 37 Jahre alter Schwimmer nicht tot ist. Er wollte nackt im Fluss baden gehen, trieb dann kilometerweit in Richtung Nordsee - und konnte sich selbst retten.

Von Thorsten Brockmann Mittwoch, 31.07.2024, 11:15 Uhr

Bremerhaven. Die Nachtschicht auf dem NTB-Containerterminal dürfte gestaunt haben: Plötzlich steht ein Mann auf der Kaje. Nackt. Zitternd vor Erschöpfung. Stundenlang hat er vorher auf der Weser um sein Leben bangen müssen. Dass er sich retten konnte, grenzt beinahe an ein Wunder.

Die Wasserschutzpolizei bestätigt Information

Die Wasserschutzpolizeien von Bremerhaven und Brake bestätigen den Vorfall, ermittelt wird aber von Wilhelmshaven aus: Ein 37 Jahre alter Mann sei am Mittwochabend vergangener Woche in der Weser schwimmen gegangen und dann von der Strömung mitgerissen worden in Richtung Nordsee.

Auf der früheren Festungsinsel Langlütjen I soll der Mann gezeltet haben, dort ging er auch zum Nacktbaden ins Wasser. Ob er nicht wusste oder es ignorierte, dass der Ebbstrom drei Stunden nach Hochwasser längst eingesetzt hatte, ist nicht bekannt. Die Strömung zieht den Mann auf die Außenweser hinaus ins Schifffahrts-Fahrwasser. Kilometerweit reißt der Fluss den 37-Jährigen mit.

Mehr als fünf Kilometer weit ist der Schwimmer flussabwärts mitgerissen worden. Foto: Scheer/Grafik: Meis

Mehr als fünf Kilometer weit ist der Schwimmer flussabwärts mitgerissen worden. Foto: Scheer/Grafik: Meis Foto: Meis

Seinen Rettern erzählt der Nordenhamer später, er habe im Wasser die Orientierung verloren. Irgendwann sieht er ein Leuchtfeuer, eine rote Tonne, die er für einen Leuchtturm hält. Dem 37-Jährigen gelingt es, das Schifffahrtszeichen auf der anderen Weserseite weit hinter Bremerhaven zu erreichen. Im Wasser vor dem Wurster Watt kann der Mann sich daran festhalten, aber gerettet ist er damit noch lange nicht. Er harrt aus, bis der Ebbstrom nachlässt und die Flut wieder einsetzt. Es ist inzwischen mitten in der Nacht. Die Wasserschutzpolizei notiert in ihrem Bericht, dass der Schwimmer sich bei Ebbe auf einer Sandbank ausruhen konnte, aber nach 23 Uhr steigt das Wasser wieder. Irgendwann entschließt sich der Mann, mit dem Flutstrom nach Bremerhaven zurückzuschwimmen.

Am NTB-Terminal laufen gegen 2 Uhr am Donnerstag die Arbeiten auf der „Ida Rambow“. Das Containerschiff wird be- und entladen, als an der Kajenkante erst ein Kopf auftaucht und dann ein nackter Mann auf den Kai klettert. Die Arbeiter denken zunächst, ein Besatzungsmitglied eines der Schiffe an der Kaje sei über Bord gegangen, aber dann hören sie die unglaubliche Geschichte der vergangenen sieben Stunden. Mehr als fünf Kilometer liegt Langlütjen I zurück. Die Weser ist hier mehr als zwei Kilometer breit.

Feuerwehr lobt NTB-Terminal

Der 37-Jährige ist unterkühlt, entkräftet. Polizei und Rettungsdienst werden in den Hafen gerufen. „Die Betreuung durch das Terminal war hervorragend“, sagt Stefan Zimdars, Sprecher der Feuerwehr. Der Schwimmer sei in eine Wärmedecke gewickelt worden, habe etwas zu trinken bekommen und auch trockene Kleidung von den Beschäftigen. Er sei schließlich in ein Bremerhavener Krankenhaus gebracht worden.

Der 37-Jährige soll zunächst mit letzter Kraft um Hilfe gerufen haben, aber als das oben im Betrieb auf dem Terminal niemand hörte, musste er auch noch gut sieben Meter eine Sprossenleiter die Stromkaje hochklettern. Der Nordenhamer Schwimmer müsse sehr fit gewesen sein, kann Frank Messer vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Weser-Jade-Nordsee nur vermuten. „Das hätte tödlich ausgehen können.“ An einer Fahrwassertonne könne man sich nicht festhalten, sagt er, aber am rot-weißen Turm des Unterfeuers Imsum reiche eine Leiter bis ans Wasser.

Weiterer Vorfall in Brake

Messer weiß, dass sich immer wieder Schwimmer in die Weser wagen, obwohl das lebensgefährlich ist. Die Wasserschutzpolizei Brake berichtet von einem weiteren Vorfall ebenfalls in der vergangenen Woche. Ein 57 Jahre alter Mann habe ebenfalls bei ablaufendem Wasser mit seinen beiden Söhnen die Weser von Brake nach Harriersand durchschwommen. Alle Drei seien 1,2 Kilometer flussabwärts abgetrieben. Das andere Flussufer hätten sie zwar deutlich erschöpft erreicht, doch nach der Rückfahrt mit einem Polizeiboot steht auch eine Anzeige wegen der Ordnungswidrigkeit an. Ein Bußgeld bis zu 5000 Euro drohe. Die Wasserschutzpolizei betont, dass das Baden im Fahrwasser nicht zulässig und gefährlich ist. Die Schiffe verließen sich auf die freie Fahrt im Fahrwasser.

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