TEsel, Schaf und Co. besuchen Senioren in Drochtersen

Ein Senior der Tagespflege füttert den Esel. Foto: Dammer
Tiere sind für ältere Menschen Brücken zu Erinnerungen und wahre Stimmungsaufheller. Das weiß auch Ilka Lippert, Pflegedienstleiterin bei den Betreuungsdiensten Stade. Daher bekamen die Senioren Besuch.
Stade Drochtersen. Die Sonne scheint und es ist angenehm warm im Garten der neuen Tagespflege in Drochtersen, die im April eröffnet wurde. Von montags bis freitags betreuen Ilka Lippert und ihr Pflegeteam 14 Seniorinnen und Senioren im Alter zwischen 65 und 90 Jahren.
Die Alten werden in modern gestalteten, hellen Räumen betreut und mit verschiedenen Veranstaltungen aktiviert. Heute werden die Tagesgäste bei Kaffee und Saft auf eine Überraschung vorbereitet. Schnell sind die Stühle in den Garten gebracht und die Seniorinnen und Senioren warten gespannt auf das Hasimobil.
Seniorin leidet unter besonders seltener Krankheit
Plötzlich durchbricht ein fröhliches Gewusel die Stille: Zwergesel Uli, Schaf Hasi sowie die beiden Schafe Lilly und Edda schieben sich neben Yvonne Neumann durch die Eingangspforte und ziehen sofort alle Blicke auf sich. Angezogen von einem verlockenden Duft stürmen Lilly und Edda zielgerichtet zur Wimpelkette aus Salat- und Krautblättern, die die Tagespflegegäste vorbereitet und zwischen zwei Pfähle gespannt haben. Sofort beginnen die Tiere, genüsslich am Grün zu knabbern. Esel Uli hingegen hat ein anderes Ziel: Er geht direkt auf die Seniorin Monika Kessler zu, die ihn ohne Zögern streichelt und sein weiches Fell bewundert.
Monika Kessler leidet unter einer seltenen Krankheit, die es ihr unmöglich macht, den Körper aufzurichten und den Kopf gerade zu halten. Als sie ihren Kopf an Ulis Hals legt, entspannt sich ihr Gesicht. Mit rauer Stimme und dennoch ganz sanft spricht sie zu dem Zwergesel. Später erzählt sie, dass sie ihre Kindheit neben einem Bauernhof verbrachte und oft mithalf. „Dort gab es alle möglichen Tiere, das war schön“, sagt die Seniorin.

Drei Schafe im Raum der Tagespflege. Foto: Dammer
Yvonne Neumann nutzt den Moment, um den Rest der tierischen Horde zu holen: In einem Korb sitzen zwei flauschige, kaffeebraune Orpie-Hühner, und aus einer Box zaubert die Therapeutin die Schildkröten Helmut und Pauli hervor. Sie setzt sie behutsam ins Gras, wo auch die beiden Schildkröten zunächst nach etwas Fressbarem suchen.
Das gibt es an diesem Nachmittag reichlich. Neben der Salatkette stehen Teller mit verschiedenem, schön angerichtetem Gemüse bereit. Die Seniorinnen und Senioren halten Möhren in der Hand, um die Tiere zu sich zu locken. Aber die Tiere haben ihren eigenen Kopf und toben im Galopp über das Gras und am Wohngebäude entlang. „Sie fühlen sich wohl“, erklärt Yvonne Neumann – ein Garant für einen entspannten Nachmittag.
Maskenbildnerin erfüllt sich ihren Traum mit Tieren
Genau das hatte sich Ilka Lippert gewünscht, als sie sich mit ihrem Team überlegte, die tiergestützte Intervention als Aktivierung für die Tagesgäste anzubieten. Der Tierschutzhof Neumann in Drochtersen unterstützte dieses Pilotprojekt sofort.
Yvonne Neumann betreibt den Hof gemeinsam mit ihrem Mann Thorsten. Hier fand die ausgebildete Maskenbildnerin ihre Erfüllung. Sie bildete sich in tiergestützter Therapie weiter und fördert die Mensch-Tier-Beziehungen, indem sie Tiere aus dem Tierschutz integriert, trainiert und für therapeutische Zwecke einsetzt. Das Hasimobil, eine Gruppe speziell trainierter Tiere, besucht regelmäßig Pflegeeinrichtungen, um Freude und emotionale Unterstützung zu bieten. Namensgeber ist der Schafbock Hasi, der durch seine besonders langen Ohren auffällt.
Tier-Begegnung soll Wohlbefinden fördern
In der Tagespflege der Betreuungsdienste geht es weniger um tiergestützte Therapie als um die einfache Begegnung mit Tieren zur Förderung des Wohlbefindens. Tiergestützte Therapie hingegen umfasst spezifische, zielgerichtete Behandlungen mit Tieren bei medizinischen oder psychologischen Problemen.
Studien zur tiergestützten Intervention zeigen, dass der Kontakt zu Tieren bei Menschen mit Demenz Angst und Stress reduziert, soziale Interaktionen fördert und das allgemeine emotionale Wohlbefinden verbessert. „Das ist ja auch das Ziel der Tagespflege“, erklärte Ilka Lippert.

Nicole Neumann vom Tierschutzhof Neumann besucht mit Schaf Hasi und anderen Tieren die Tagespflege Foto: Dammer
Inzwischen verteilt Yvonne Neumann Tierfutter an die Tagespflegegäste, die damit den Esel und die Schafe füttern. Harald Burkhard dauert es zu lange, bis eines der Tiere zu ihm kommt. Kurzentschlossen knabbert er die Möhre selbst auf.
Nikolaus Surges will Uli gern anlocken – das schafft er mit der Möhre, und es entsteht gleich ein schönes Foto für seine Enkelin. Ebba von Bröckel schaut skeptisch in die Runde. Dann holt sie sich Helmut. Sanft streifen ihre betagten Finger über den Panzer und den Kopf des Tieres. Sie zuckt kurz zusammen, als die Zehen der Schildkröte ihren Arm streifen. „Das kratzt“, sagt sie und lächelt.