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Mittelstand

TFachkräfte halten: Wie junge Menschen in Zukunft arbeiten wollen

Das Unternehmen Hatecke war unter dem Motto „Chancen für den Mittelstand“ Gastgeber. In der Diskussionsrunde waren dabei (von links): Dr. Steffi Burkhart, Dr. Hannes Hatecke, Claudia Simon (Niedersächsisches Wirtschaftsministerium), Michael Kiesewetter (Vorstandsvorsitzender NBank) und NBank-Sprecherin Heinke Traeger.

Das Unternehmen Hatecke war unter dem Motto „Chancen für den Mittelstand“ Gastgeber. In der Diskussionsrunde waren dabei (von links): Dr. Steffi Burkhart, Dr. Hannes Hatecke, Claudia Simon (Niedersächsisches Wirtschaftsministerium), Michael Kiesewetter (Vorstandsvorsitzender NBank) und NBank-Sprecherin Heinke Traeger. Foto: Klempow

Ein hohes Gehalt, eine wichtige Position? Das zählt künftig nicht mehr so viel, sagt Zukunftsforscherin Dr. Steffi Burkhart. Sie weiß, was junge Menschen vom Job erwarten.

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Von Grit Klempow
Mittwoch, 14.05.2025, 12:05 Uhr

Drochtersen. „Wer packt das Morgen an?“ Mit dieser Frage hatte die NBank Unternehmerinnen und Mittelständler zum Vortrag eingeladen. In der Fertigungshalle der Hatecke Werft stellte Dr. Steffi Burkhart vor, wie die Zukunft in Zeiten einer Personalkrise angepackt werden kann.

In wenigen Jahren werden in Deutschland sechs Millionen Arbeitskräfte fehlen. Wer in der Zukunft überhaupt noch Fachkräfte für sich gewinnen und halten will, muss aktiv werden. Das machte die Expertin für den Wandel in der Arbeitswelt unmissverständlich klar.

Wenn das Know-how in Rente geht

Wie sieht der Betrieb aus, wenn im Jahr 2030 rund 80 Prozent der Babyboomer-Generation in Rente gegangen ist? Eine „krisenfeste, absolut loyale und vernetzte Generation“, betonte die Zukunftsforscherin. Schon jetzt stellt sich die Frage, wie ihr Wissen weitergegeben wird, eine KI-basierte Plattform nannte Burkhart als Möglichkeit.

Dr. Steffi Burkhart ist Generationenforscherin und New-Work-Expertin.

Dr. Steffi Burkhart ist Generationenforscherin und New-Work-Expertin. Foto: Simon Wegener

Eine andere Möglichkeit: Das Know-how samt Mitarbeitern bleibt noch im Unternehmen. Der Trend Longevity - gesunde Langlebigkeit - macht das möglich. Das könnte eine Chance für Betriebe sein: Wenn sie es denn schaffen, den Boomern Sinnhaftigkeit und Wertschätzung statt Abfindungspakete zu geben.
Die Jungen aus Generation Z ticken anders. Die Zeiten der Glückwünsche zum zigsten Betriebsjubiläum könnten vorbei sein. In Deutschland gehe man von durchschnittlich acht Jobwechseln in 50 Jahren Erwerbstätigkeit aus. „Wie gehen wir mit dieser Wechselbereitschaft um?“, fragt Burkhart. Ziel könnte sein, dass die Jobwechsel auf einen Betrieb oder die Region beschränkt sind.

2030 besteht die Belegschaft zu 75 Prozent aus Generation Y, Z und Alpha - also Mitarbeitenden, die alle nach 1980 geboren sind. Sie stellen andere Ansprüche. Sie wollen sich fachlich und auch persönlich weiterentwickeln. Mentale Gesundheit ist das Stichwort.

40 Prozent der jungen Menschen sind selbst von mentalen Krisen betroffen oder waren in ihrem direkten Umfeld schon damit konfrontiert. Wer das Thema in der Weiterbildung nicht aufgreife, riskiere „hohe Ausfallraten und Krankenstände bei den Jüngsten in der Belegschaft“, so Burkhart.

Führungskräfte der Zukunft

Nur drei Prozent der Top-Führungspositionen sind von der Generation Z besetzt. Es brauche jetzt gute Vorbilder und den Willen, Führungstalente zu entdecken und zu fördern. Führungskräfte brauchen selbst Leidenschaft und ehrliches Interesse an Menschen, um jeden Tag mit vier Generationen und einem multikulturellen Team mit unterschiedlichsten Bedürfnissen umzugehen, ihre Stärken zu sehen und das Team nach vorne zu bringen. Im Personalbereich müssten die kreativsten Köpfe sitzen.

Mitarbeiter bräuchten Raum, um mit KI zu experimentieren und künftig mit künstlicher Intelligenz interagieren zu können. „Das kommt auf jede Branche und jedes Unternehmen zu“, so Burkhart. Die Generation Alpha wächst mit der Nutzung von KI auf. Klug kombiniert könne der Einsatz von KI den Personalmangel abfedern.

Wie wirbt das Unternehmen um Mitarbeitende?

60 Sekunden haben Unternehmen, um über Social-Media-Kanäle auf sich aufmerksam zu machen. Aber es genügt nicht, proaktiv online zu sein. Junge Arbeitskräfte brauchen ein „Wow-Momentum“. Junge Menschen „mit einem Bewerbungsgespräch wie seit 20 Jahren zu begeistern, in einem Büro, graue Wände, grauer Boden, Cola, Fanta, Sprite und Metro-Kekse - das wird nicht mehr funktionieren“. Die Motivation der Jungen ändert sich, Gehalt und Status sind nicht mehr alles: Sinnhaftigkeit und Gemeinschaft zählen. „Stärken Sie das Wir-Gefühl in Ihrer Belegschaft“, so Burkharts Ratschlag.

Chance für Familienbetriebe

Familiengeführte Mittelstandsunternehmen haben damit gute Karten. Ein Betrieb wie die Hatecke-Werft, die sich auf die Fertigung von Rettungsbooten spezialisiert hat, muss den positiven Beitrag ihrer Produkte nicht erklären. Geschäftsführer Dr. Hannes Hatecke bestätigt aber, dass Umwelt und Nachhaltigkeit für die Jungen wichtig sind - der Bau eigener Windenergieanlagen auf dem Gelände kommt bei ihnen gut an.

Unterstützung in Zeiten des Fachkräftemangels will auch das niedersächsische Wirtschaftsministerium geben. „Es gibt die regionalen Fachkräfte-Bündnisse, wir stellen Portale zur Verfügung“, nannte Claudia Simon, zuständige Abteilungsleiterin im Mittelstand, Beispiele. Innovationsförderung übernimmt das Ministerium auch. „Innovationen motivieren Mitarbeiter, sie schaffen wirtschaftlichen Erfolg und tragen auch wieder zur Sinnhaftigkeit bei“, so Simon.

Strategien im Fachkräftemangel gibt es einige, das spiegelt sich auch in den Förderprogrammen der NBank für Unternehmen wider, so Michael Kiesewetter, Vorstandsvorsitzender der NBank. Programme gibt es unter anderem für Aus- und Weiterbildung.

In fünfter Generation ist die Hatecke-Werft ein Familienunternehmen, das sich auf den Bau von Rettungsbooten spezialisiert hat.

In fünfter Generation ist die Hatecke-Werft ein Familienunternehmen, das sich auf den Bau von Rettungsbooten spezialisiert hat. Foto: Klempow

Auf Einladung der NBank waren Unternehmerinnen und Mittelständler aus der Region auf der Hatecke-Werft zu Gast.

Auf Einladung der NBank waren Unternehmerinnen und Mittelständler aus der Region auf der Hatecke-Werft zu Gast. Foto: Donnerkeil Fotografen

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