TFamilie verliert Haus in Feuerbrunst – und wird im Internet angefeindet

Das Haus in Hollen ist Anfang April fast komplett abgebrannt. Foto: Jan Iven
Tränen, immer wieder Tränen: Der sechsköpfigen Familie fällt es schwer, über den verheerenden Brand zu sprechen. Die Anteilnahme ist groß, mit ihr aber auch die üble Nachrede.
Hollen. Die 44-Jährige aus Hollen im Landkreis Cuxhaven kämpft mit den Tränen. „Wir haben nichts mehr. Alles ist weg“, sagt sie schluchzend. Kleidung, Unterlagen, Fotos – verbrannt. Anfang April ist das Haus ihrer Familie bis auf die Grundmauern abgebrannt. Die Bewohner konnten nur retten, was sie am Leibe trugen.
Zwei Katzen konnten vor den Flammen gerettet werden
Morgens nach dem Aufstehen stand plötzlich die Küchenzeile in Flammen. „Rauch und Feuer haben sich so schnell ausgebreitet, dass wir nur noch aus dem Haus rennen konnten“, erzählt sie.
Drei Generationen wohnten im Haus unter einem Dach – insgesamt sechs Personen. Und mehrere Katzen. Drei der Tiere sind immer noch vermisst. Die Familien möchte aber nicht mit dem Schlimmsten rechnen.
Kater Grobi konnte mit einer Leiter aus einem Fenster im ersten Stock gerettet werden – wobei sich die Familie nicht sicher ist, ob ein Feuerwehrmann oder die Nachbarin das Tier gerettet hat.
Der Kater hat Verbrennungen erlitten und musste vom Tierarzt versorgt werden. Kater Elmo tauchte am nächsten Tag unverletzt wieder auf.
„Die Feuerwehr war sofort da und hat so tolle Arbeit geleistet. Vor allem haben sich mehrere Feuerwehrleute nur um uns gekümmert, weil wir so fertig waren“, erzählt die Hollenerin dankbar.
Die Familie wurde dann von der Feuerwehr zu ihren Verwandten in Hollen gebracht. Das Auto vor der Tür blieb zwar von den Flammen verschont. Die Schlüssel verbrannten allerdings im Haus, so dass das Fahrzeug erst einmal nicht genutzt werden kann.

Kevin Kühn aus Hollen hat eine Spendenaktion im Internet für seine Verwandten organisiert. Foto: Jan Iven
Ohne Klamotten, ohne Papiere, ohne Geld kam die Familie bei ihren Verwandten zunächst unter – da hatte Neffe Kevin Kühn eine Idee. „Ich war früher selbst Feuerwehrmann und habe nach mehreren Bränden erlebt, dass für die Menschen im Internet Spendensammlungen organisiert wurden“, erzählt der 22-Jährige.
Und so startete der Bauarbeiter auf der Internet-Seite gofundme eine Spenden-Aktion für seine Familie – und das mit einem unglaublichen Erfolg. In den ersten Tagen beteiligte sich gleich mehr als 100 Unterstützer mit Beträgen von 10 bis 300 Euro. Schnell kamen so mehrere Tausend Euro zusammen. Mittlerweile sind es mehr als 5000 Euro.
Die Familienmitglieder sind mit dem Zuspruch fast ein bisschen überfordert und wussten auch gar nicht, wie so eine Internetseite für Spenden funktioniert. „Das ist einfach unglaublich. Wir sind so dankbar“, sagt die Familienmutter und kämpft schon wieder mit den Tränen.
Doch dann zeigte sich auch die gelegentlich schlechte Seite des Internets. Völlige Unbekannte begannen damit, auf verschiedenen Internetseiten über die Brandursache zu spekulieren und der Familie eine Mitschuld zu geben.
Dabei waren die Untersuchungen noch gar nicht abgeschlossen. Hinzu kam offenbar auch einiges an Neid und Missgunst und übler Nachrede.
Auf jeden Fall war die Familie von einigen Kommentaren so geschockt, dass sie nicht mehr mit Namen erwähnt werden möchte. Sie möchte allerdings betonen, dass sie gegen den Brand versichert ist. Und auch wenn Versicherungen in der Regel relativ kurzfristig finanzielle Hilfe bereitstellen, kann das schon mal einige Tage oder sogar Wochen dauern.
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Viele Leute waren aber auch hilfsbereit. In einem Schuhgeschäft in Beverstedt wurden der Frau aus Hollen Schuhe geschenkt, da sie kein Geld mehr hatte. In der Bank wurde sie besonders freundlich empfangen und aller Papierkram unbürokratisch erledigt. „Die Mitarbeiterin wusste Bescheid, weil sie als Feuerwehrfrau bei uns im Einsatz war“, erzählt die Hollenerin.
Andere Leute wollten auch mit Sachspenden helfen. Die kann die Familie aber nicht wirklich annehmen, da sie keinen Platz hat. Diesen Monat ist sie kurzfristig in einer Wohnung untergekommen. Doch nun sucht sie eine dauerhafte Unterkunft, nach Möglichkeit für sechs Personen.
Durch den Totalschaden haben sich mittlerweile einige absurde Situationen ergeben. Mehrere Stunden nach dem Ausbruch des Feuers sollte etwa eine Transportfirma neue Möbel anliefern. Die Familie kann nur spekulieren, dass der Fahrer angesichts des Feuerwehreinsatzes umgekehrt ist. Die Straße am Haus war ohnehin gesperrt.
Ein Lieferdienst hat einige Tage nach dem Feuer gemeldet, dass eine Lieferung am Briefkasten abgegeben worden sein soll. Was einigermaßen überraschend ist, da der Briefkasten verbrannt ist. Und selbst, wenn er noch da wäre: Die Briefkastenschlüssel sind in den Trümmern nicht mehr auffindbar.
Soll das abgebrannte Haus wieder aufgebaut werden?
Das abgebrannte Haus soll auf jeden Fall wieder aufgebaut werden, auch wenn das eine Weile dauern wird. Denn das Gebäude hatte der Ururgroßvater selbst gebaut, im Jahr 1905. „Wenn das Haus wieder steht, feiern wir auf jeden Fall ein riesiges Fest mit den Feuerwehrleuten und allen, die uns geholfen haben“, sagt die Hollenerin.