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Landgericht Stade

TFamilienfehde endet blutig - Staatsanwaltschaft fordert acht Jahre Haft

Im Prozess wegen versuchten Totschlags hat die Staatsanwaltschaft acht Jahre Haft für den Hauptbeschuldigten gefordert. Am nächsten Verhandlungstag kommt die Verteidigung zu Wort.

Im Prozess wegen versuchten Totschlags hat die Staatsanwaltschaft acht Jahre Haft für den Hauptbeschuldigten gefordert. Am nächsten Verhandlungstag kommt die Verteidigung zu Wort. Foto: dpa

Der Prozess um einen eskalierten Familienstreit in der Cuxhavener Innenstadt nähert sich dem Ende: Weder für eine Affekttat noch für Notwehr sieht die Staatsanwaltschaft Anhaltspunkte und fordert acht Jahre Haft wegen versuchten Totschlags.

Von Kai Koppe Donnerstag, 11.01.2024, 17:00 Uhr

In einer seit Monaten laufenden Verhandlung, in der ein blutig endender Familienstreit aufgerollt wird, hat die Anklageseite am vergangenen Montag ein Fazit gezogen und sich dabei zum möglichen Strafmaß geäußert.

Ein der gefährlichen Körperverletzung beschuldigter Cuxhavener (29) könnte nach Lesart der Staatsanwaltschaft mit einer Bewährungsstrafe davonkommen. Für dessen Vater, den mutmaßlichen Haupttäter, beantragte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe über eine Gesamtdauer von acht Jahren.

Zuvor hatte sie den Vorwurf des versuchten Totschlags in zwei Fällen (in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung) als hinreichend belegt beschrieben.

Aussprache statt „Racheexpedition“

Eine Affekttat sei im vorliegenden Fall nicht darstellbar, betonte die Staatsanwältin. Wie berichtet hatte der Beschuldigte in einer vor dem Landgericht Stade verlesenen Erklärung darauf hingewiesen, dass er einen Angriff abwehren und seine Familie gegen vier ungebetene Gäste habe verteidigen müssen.

Die als Angreifer beschriebenen Männer, die als Zeugen beziehungsweise als Geschädigte vor der 3. Großen Strafkammer aussagten, sind dem Umfeld der Ehefrau des jüngeren Angeklagten zuzuordnen. Jene soll den 29-Jährigen verlassen haben – möglicherweise ein Motiv für die zwischen den beiden Familien entbrannte Auseinandersetzung, die an einem Januartag im vergangenen Jahr mit zwei Verletzten und zwei Festnahmen endete.

Der Streit, der zunächst verbal mit wechselseitigen Beleidigungen und Bedrohungen ausgetragen worden sein soll, eskalierte, nachdem die oben erwähnte Vierer-Gruppe das Haus des Angeklagten in der Cuxhavener Innenstadt aufgesucht hatte. Aussagen, dass dieser Besuch keine „Racheexpedition“ darstellte, sondern lediglich einer Aussprache dienen sollte, stuft die Staatsanwaltschaft als glaubhaft ein.

Staatsanwältin widerspricht einer Notwehr-Version

„Ich bin überzeugt, dass die Zeugen nicht bewaffnet waren“, erkannte die Anklagevertreterin auch keine Anhaltspunkte für eine Notwehrlage. In ihrem Plädoyer stellte sie damit die Darstellungen des Angeklagten in einem zentralen Punkt in Abrede: Dass sich ein Gegenüber des Beschuldigten „an die Hose gegriffen“ hat, lässt aus ihrer Sicht nicht den Schluss zu, dass der Genannte im Begriff stand, ein Hieb- oder Stichwerkzeug zu zücken. Der 51-Jährige hatte so gerechtfertigt, seinerseits zum Messer gegriffen zu haben, will einen der im weiteren Verlauf verletzten Kontrahenten aber nicht angegriffen haben.

Die Version, dass der im Bauchraum verletzte Mann in das Messer gelaufen sei, stufte die Anklagevertreterin als „nicht mit den Indizien vereinbar“ ein. Der Beschuldigte habe vielmehr „gezielt“ in den Bauch des Geschädigten gestochen „und billigend in Kauf genommen, ihn tödlich zu verletzen“, führte die Staatsanwältin aus, die eine Tötungsabsicht auch im Falle des zweiten Opfers erkennt.

Dieser zweite Mann war vom Vater wie auch vom Sohn verfolgt und mit Messerstichen beziehungsweise einem Baseballschläger traktiert worden. Im weiteren Verlauf soll der ältere Beschuldigte dem Verletzten in seiner Muttersprache zu verstehen gegeben haben, dass er ihn töten wolle und jener Deutschland zu verlassen habe.

Der Verteidiger des gegenwärtig in Untersuchungshaft sitzenden 51-Jährigen will sein Plädoyer am nächsten Sitzungstermin der Kammer in der kommenden Woche abgeben. Er werde dafür etwas Zeit brauchen, kündigte Rechtsanwalt Turhal Özdal an. (kop/mcw)

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