TFaustball-Legende auf der Tribüne: Sein Sohn spielt für Wangersen
Martin Becker hat seinen Sohn Marvin viele Jahre im Jugendbereich trainiert. Foto: Scholz
Martin Becker war einer der besten Faustballer der Welt. Heute spielt sein Sohn für den MTV Wangersen. In Ahlerstedt fieberte die Legende auf der Tribüne mit.
Ahlerstedt. Bernd Schnackenberg und Martin Becker haben nie gegeneinander gespielt. „Dafür war Martin eine Nummer zu groß“, sagt Schnackenberg, der viele Jahre mit dem MTV Wangersen in der zweiten Liga spielte. Aber die Faustballszene ist klein und so liefen sich die beiden immer wieder über den Weg.
Mit einer Flasche Bier in der Hand stehen Schnackenberg und Becker an diesem Samstagabend im Foyer der Ahlerstedter Sporthalle und unterhalten sich wie zwei Freunde, die sich lange nicht gesehen haben.
Sie erzählen von ihrer ersten Begegnung in Duisburg, von Schnackenbergs Erfolgen bei den Bataillonsmeisterschaften in der Buxtehuder Kaserne oder von der Trinkfestigkeit von Faustballern.
Becker feierte schon mit den Fußballern von A/O
„Und erinnerst du dich noch an den Lehrgang in Wangersen?“, fragt Schnackenberg, heute Faustballwart in Wangersen. Becker kneift die Augen zusammen. Damals feierten die Faustball-Nationalspieler und die A/O-Fußballer gemeinsam im Schützenhof.

Auch MTV-Faustballwart Bernd Schnackenberg zählt Martin Becker zu den besten Faustballern der Welt. Foto: Bartsch
Und mancher Fußballer erinnert sich noch heute an den Zweimetermann, dessen Hände so groß waren, dass man das Bierglas nicht mehr sah, erzählt Schnackenberg. Becker lacht, sein Lachen erfüllt den Raum.
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Brillante Technik und harte Schläge
Heute ist Martin Becker 59 Jahre alt und blickt auf eine, wie er sagt, „schöne Zeit“ im Faustball zurück. Ohne lange zu überlegen, zählt er seine größten Erfolge auf: Viermal Europameister, dreimal Weltmeister, zweimal World-Games-Sieger, zweimal Weltpokalsieger.

Ein Bild aus dem Jahr 2007: Martin Becker war jahrelang Topspieler in der deutschen Nationalmannschaft. Foto: Bartsch (Archiv)
Jahrelang galt Becker wegen seiner brillanten Technik und seines harten Schlags als bester Angreifer der Welt. Ein Sportartikelhersteller benannte sogar einen Faustball nach ihm. „Das war sehr schmeichelhaft“, sagt Becker, „nur leider ging der Ball sehr schnell kaputt.“
Das Leben eines Faustball-Legionärs
Als einer der ersten deutschen Faustballer wechselte Becker ins Ausland und ließ sich zu den Spielen seines österreichischen Vereins einfliegen. Freitags hin, sonntags zurück. Das einzige Problem, das sein Verein sah, war, kein passendes Trikot für ihn zu finden. „Denn Größe XXL wird wohl zu klein sein“, ist im Vereinsmagazin von 2001 zu lesen. Mit seinen breiten Schultern und über 100 Kilo sah Becker eher aus wie ein Footballspieler.
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Becker, noch immer von kräftiger Statur, sitzt auf der Tribüne der Ahlerstedter Sporthalle. Um den Hals trägt er eine Kette, die er sich beim Juwelier hat anfertigen lassen und an der ein stilisierter Faustballer baumelt. „Damit will ich zeigen, dass ich zum Faustball stehe“, sagt er.
Martin Becker begleitet seinen Sohn
Becker schaut aufs Spielfeld, das Kinn auf die rechte Hand gestützt. Hier spielen gerade der MTV Wangersen und der MTV Vorsfelde gegeneinander, zweite Liga. Becker ist fast immer dabei, wenn sein Sohn Marvin spielt. Der 18-Jährige ist seit dieser Saison in Wangersen.

U18-Weltmeister Marvin Becker spielt seit dieser Saison für den Zweitligisten MTV Wangersen. Foto: Scholz
Marvin Becker ist neun Zentimeter kleiner als sein Vater und athletischer gebaut. Er wischt mit der Hand über die Sohlen seiner Sportschuhe, wirft den Ball hoch und schlägt ihn mit der rechten Hand über das Netz - die gegnerische Abwehr ist machtlos. Punkt für Wangersen. „Geiles Ding“, ruft ein Zuschauer.
Marvin Becker führte die U18 zum WM-Titel
Marvin Becker ist ein Glücksgriff für Wangersen. Nach „Unstimmigkeiten“ (Martin Becker) mit seinem vorherigen Verein holte sich der MTV den Jugendnationalspieler, der Deutschland vor kurzem bei der U18-WM in Chile zum Titel führte. „Wir hoffen, dass wir ihn halten können“, sagt Schnackenberg.

Marvin Becker gewann vor kurzem die U18-WM in Chile. Foto: IFA/Neumann (nomo)
Jetzt pendelt Marvin Becker zwischen Hannover und Wangersen und übernimmt im Angriff viel Verantwortung. Am Samstagabend zeigt er, dass sein Aufschlag eine Waffe ist. Und nicht nur die. Immer wieder holt er die kurz geschlagenen Bälle des Gegners.

Marvin Becker übernimmt im Angriff des MTV Wangersen viel Verantwortung. Foto: Scholz
Vater fiebert auf der Tribüne mit
Martin Becker geht auf der Tribüne mit, als stünde der frühere Schlagmann selbst auf dem Feld. „Weg, weg, weg“, ruft er der Abwehr zu, wenn ein gegnerischer Aufschlag zu lang gerät. Kritisiert eine schwache Annahme („Da krieg ich die Krise“), lobt den starken Angreifer Lasse Butschkadoff („Klasse, Lasse“).

Martin Becker fiebert auf der Tribüne mit. Foto: Scholz

Jubel nach dem zweiten Sieg. Foto: Scholz
Immer wieder kommentiert Becker das Spielgeschehen, scherzt mit Trainern und Spielern, fachsimpelt mit Zuschauern, vergräbt bei riskanten Aktionen auch mal sein Gesicht in den Händen.
Schließlich reißt Becker jubelnd die Arme hoch, als Wangersen auch das zweite Spiel des Abends gewinnt. Erst 3:1 gegen Eimsbüttel, jetzt 3:0 gegen Vorsfelde - das bedeutet Platz zwei.
„Für Faustball würde ich sterben“
Wenig später klatschen sich Vater und Sohn ab. Marvin Becker stöhnt, die Knie schmerzen, beide Patellasehnen sind entzündet. Aber was soll‘s. „Ich versuche trotzdem, immer 120 Prozent zu geben und sechs Tage die Woche zu trainieren. Für Faustball würde ich sterben“, sagt der Abiturient. Vater Martin: „Da sind wir von der DNA komplett gleich.“

„Von ihm habe ich alles gelernt“, sagt Marvin Becker über seinen Vater. Foto: Scholz
Kein Wunder. Der Vater hat seinen Sohn viele Jahre im Jugendbereich trainiert. „Es ist schlau, auf ihn zu hören. Er ist derjenige, der den Sport perfekt ausgeübt hat. Von ihm habe ich alles gelernt“, sagt Marvin Becker. Dass er einmal so erfolgreich sein wird wie sein Vater, glaubt er nicht.
Marvin Becker will seinen eigenen Weg gehen
Marvin Becker will Nationalspieler werden und viele Titel gewinnen und betont noch etwas: Er möchte seinen eigenen Weg gehen und „mehr sein“ als der Sohn von Martin Becker.
Am Abend feiert die Mannschaft gemeinsam in der Dorfkneipe in Wangersen. Bernd Schnackenberg warnt Martin Becker noch in der Ahlerstedter Sporthalle, dass einige Faustballer trinkfest seien und Sitzfleisch hätten. „Ich auch“, entgegnet er amüsiert.