TFührerschein zu teuer: Das sagen Fahrlehrer aus dem Landkreis Stade
Junge Leute heute kennen kaum Verkehrszeichen und Verkehrsregeln, wenn sie die Fahrausbildung beginnen, sagen Fahrlehrer. Deshalb bräuchten sie mehr Fahrstunden. Foto: Christin Klose/dpa-tmn
Fahrlehrer kritisieren die Pläne des Bundesverkehrsministers. Die Vorwürfe: Die vorgesehene Reform mache den Führerschein teurer und gefährde die Verkehrssicherheit.
Buxtehude. Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) will die Fahrausbildung günstiger machen. Weniger Prüfungsaufgaben, weniger Autobahn- und Nachtfahrten sowie mehr Fahrtraining am Simulator sollen die Kosten senken - ohne die Verkehrssicherheit zu gefährden.
Laut Ministerium kostet der Erwerb eines Pkw-Führerscheins der Klasse B derzeit im Schnitt rund 3400 Euro. Manche Fahranfänger zahlen 4000 Euro und mehr. Viele junge Leute können sich die Fahrausbildung nicht leisten. Das will die Regierung ändern - am besten bereits im ersten Halbjahr 2026.
Empört reagierten Fahrlehrer und Fahrlehrerinnen in Deutschland auf die Vorschläge zur Reform der Fahrschülerausbildungsordnung. In einer Stellungnahme äußerte die Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände Kritik.
In Niedersachsen hat der Fahrlehrerverband am Donnerstag die Stellungnahme an seine 2300 Mitglieder verschickt - mit der Bitte, sie an Berufskollegen, politische Entscheidungsträger und Medien weiterzuleiten.
Fahrlehrerverband kritisiert geplante Reform
Die Vorwürfe: Die Vorschläge des Bundesverkehrsministers gingen zulasten der Verkehrssicherheit. Und: Die Maßnahmen würden die Fahrausbildung am Ende verteuern.
Warum teurer? Der Berufsverband nennt als ein Beispiel die vorgesehenen Fahrstunden am Simulator. Wer am Simulator die Auffahrt auf die Autobahn meistert, dem gebe die Maschine eine positive Rückmeldung: „Du beherrscht jetzt das Auffahren!“ - auch wenn der Fahrschüler im realen Leben dabei noch Schwächen zeige.
Deshalb werde jeder Fahrlehrer diesen Vorgang weiter in Fahrstunden üben lassen. Für den Fahrschüler entstünde eine finanzielle Doppelbelastung. Die Fahrausbildung würde teurer, argumentieren die Fahrlehrer.
Fahrsimulator ersetzt Erlebnis auf der Straße nicht
Künftig sollen häufiger Fahrsimulatoren eingesetzt werden können, statt direkt auf der Straße unterwegs zu sein. Fahrlehrer Kai Lorenzen (64) betreibt Fahrschulen in Drochtersen und Wischhafen. Er ist davon überzeugt: Der Fahrsimulator kann bei unerfahrenen Anfängern nicht die reale Autofahrt ersetzen.
„Im Simulator spürt der Fahrschüler keinen Widerstand am Lenkrad“, sagt Kai Lorenzen. Das Gefühl für Kupplung und Bremse sei ein anderes.
Manche werden seekrank am Fahrsimulator
Nicht jeder Mensch sei geeignet, am Fahrsimulator zu lernen. Fahrlehrerin Insa Holsten-Cordes (52) nennt das Phänomen Simulator-Krankheit, das Übelkeit auslöse. Ähnlich wie bei der Seekrankheit stünden das Gleichgewichtsorgan im Innenohr und das Auge im Sinneskonflikt.
Insa Holsten-Cordes aus dem Landkreis Rotenburg ist die Bezirksvorsitzende des Fahrlehrerverbandes Niedersachsen für den Elbe-Weser-Raum. Einen „Schlag ins Gesicht“ ihres Berufsstandes nennt sie die Reformvorschläge des Bundesverkehrsministers.
Vorgesehen sind auch weniger verpflichtende Sonderfahrten in der Nacht, auf Autobahnen und über Land. Möglich sein soll, sie teils am Simulator zu machen.

Martina Bernhardt ist die Vorsitzende des Fahrlehrerverbandes im Landkreis Stade. Sie betreibt Fahrschulen in Jork und Fredenbeck. Foto: Bernhardt
Die Zahl der Sonderfahrten zu reduzieren, hält Fahrlehrerin Martina Bernhardt für falsch. „Das hat mit Verkehrssicherheit nichts mehr zu tun“, warnt die Kreisvorsitzende des Fahrgastverbandes im Landkreis Stade. Die 57-Jährige betreibt Fahrschulen in Jork und Fredenbeck.
„Die Fahrstunden, die Fahrschüler heute absolvieren, brauchen sie auch“, sagt Martina Bernhardt. Die heute 18- bis- 21-Jährigen seien mit Verkehrsregeln und Verkehrszeichen weniger vertraut als die Generationen vor ihnen, hat die Fahrlehrerin beobachtet.
Generation Internet kennt die Verkehrszeichen nicht
Das Phänomen erklärt Kai Lorenzen so: Früher hätten Kinder und Jugendliche auf der Autofahrt mit ihren Eltern das Wissen über Verkehrszeichen und das Verhalten im Straßenverkehr mit dem Blick aus dem Fenster sozusagen nebenbei aufgesogen. „Heute schauen sie nur auf ihr Mobiltelefon.“
Was die Kosten der Fahrausbildung senken könnte, das sagt Fahrschulinhaber und Fahrlehrer Ingo Wallek (62) aus Buxtehude: „Wir haben das Problem, dass wir nicht ausreichend Prüfungstermine erhalten.“ Wenn Anfänger monatelang nicht fahren, verlieren sie ihre erworbenen Fahrkenntnisse - und fallen in der Prüfung durch.
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