TFünf goldene Tipps aus Stade – dann klappt‘s im Alter auch mit der Rente

Hans-Jürgen Nicolai bei seiner ehrenamtlichen Arbeit: Er hilft Menschen bei ihren Rentenanträgen. Foto: Strüning
Die schnelle und eindeutige Antwort auf den Klassiker überrascht. Sind die Renten sicher? „Ja“, sagt Experte Hans-Jürgen Nicolai - und schränkt dann ein: „Es kommt auf die Höhe an.“
Stade. Der Staat, in den meisten Fällen die Deutsche Rentenversicherung, wird immer eine gesetzliche Rente zahlen. Ob das derzeitige Niveau gehalten werden kann angesichts des demografischen Wandels, ist fraglich. Und auch, ab welchem Alter oder nach wie vielen Berufsjahren sie zahlt, sind wichtige Variablen. Zusätzlich gibt es diverse Fallstricke und Missverständnisse rund um den Rentenantrag.
Hans-Jürgen Nicolai aus Stade ist ein alter Hase in Sachen Rente. Seit 25 Jahren berät er Menschen, wie sie ihren Antrag ausfüllen müssen, damit alles glatt geht mit den späteren Zahlungen. 50 bis 70 Beratungen wickelt der Ruheständler monatlich im Durchschnitt ab. Nicolai ist ehrenamtlicher Versichertenberater der Deutschen Rentenversicherung und kennt sich im Paragrafen-Dschungel bestens aus. Seine Tipps - und die seiner drei Kollegen im Landkreis Stade - können Gold wert sein.
Tipp 1: So lese ich das regelmäßige Schreiben zur Rente richtig
Die erste Zahl bezieht sich auf die Erwerbsminderungsrente. Die wird gezahlt, wenn die betreffende Person nicht mehr in der Lage ist, einen Beruf auszuüben. Das nachzuweisen ist häufig ein langer Weg.
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Die zweite Zahl ist der bisher erworbene Rentenanspruch. Das Geld würde ausgezahlt werden, wenn heute der Rentenbeginn wäre. Für den - Stand heute - tatsächlichen Rentenbeginn in der Zukunft werden Hochrechnungen aufgezeigt. Da ist die Frage: Wie entwickelt sich die Rente?
Das wiederum hängt vom Regierungsverhalten ab. Wird die Rente analog zur Inflation oder zur Entwicklung bei den Gehältern angepasst, also erhöht, oder stagniert sie? Einen Rückgang der Rente kann sich kaum eine Regierung leisten, dafür ist die Masse der Wähler im entsprechenden Alter zu groß. Ein klare Aussage zur Rentenzahlung am Stichtag bleibt also vage. Erfahrung von Hans-Jürgen Nicolai: „Viele deuten die Zahlen falsch.“ Denn: Die Rente muss versteuert werden und Krankenkassenbeiträge werden auch fällig.
Tipp 2: Achtung mit der Steuer im zweiten Jahr der Rente
Die Summen, die im Schreiben in Aussicht gestellt werden, haben Rentnerinnen und Rentner nicht komplett zur Verfügung. Außerdem muss die Entwicklung der Inflation berücksichtigt werden. Was ist das Geld dann noch wert, wenn ich in Rente gehe? Dabei gilt zurzeit: 1100 Euro sind steuerfrei, der Rest unterliegt dem Fiskus. Wie zuvor bei der Jahressteuererklärung in aktiven Zeiten werden Eheleute zusammen veranlagt.
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Obacht im zweiten Jahr: Die Steuer wird nachträglich veranlagt, also am besten was zurücklegen im ersten Jahr. Nach der ersten Berechnung, so Nicolai, wird vierteljährlich eine Steuer-Vorauszahlung fällig.
Tipp 3: Frühzeitig klären, ob alle Fehlzeiten erfasst sind
Regelmäßig werden die zukünftigen Rentner aufgefordert, ihr bisheriges Berufsleben und damit die Einzahlungen in die Rentenkasse darzulegen. Hier gilt: Je lückenloser der Lebenslauf ist, desto besser für den späteren Antrag. Sind Fehlzeiten vorhanden durch Krankheit, längere Reha oder sonstige Ausfälle, so solle das möglichst ohne Freizeiten mit den entsprechenden Unterlagen dokumentiert werden. Damit, so Nicolai, kann jede und jeder nicht früh genug anfangen.
Tipp 4: Früh den Rentenberater einschalten
Um Unregelmäßigkeiten aufzudecken und viele Fragen rund um die Rente möglichst ohne Zeitdruck zu klären, empfiehlt Nicolai, sich deutlich vor Rentenbeginn mit einer Fachkraft zusammenzusetzen. Das Gute: Er und seine Kollegen als ehrenamtliche Versichertenberater der Deutschen Rentenversicherung arbeiten kostenlos, erhalten für jeden Antrag einen Obolus von der Versicherung. Die Versichertenberater füllen mit den Rentnern in spe die Anträge aus. Im Regelfall fordert dazu die Rentenversicherung auf. Klar ist: Wer keine Rente beantragt, bekommt kein Geld.
Nicolai selbst ist über die Nummer 04141/ 660926 zu erreichen, um einen Termin abzustimmen. Kontakt zu Michael Eckert, ebenfalls in Stade, ist über 0171/ 5564775 möglich. Für den Raum Buxtehude stehen bereit: Joachim Link, 04161/ 85964, und Sylvia Reinecke, 0156/ 7919412. Eine Beratung wird im Mehrgenerationenhaus in Horneburg jeden zweiten Mittwoch im Monat, beginnend am 12. Februar, 14 bis 16 Uhr, von Hans-Jürgen Nicolai angeboten. Anmeldung unter 04163/ 868492.
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Häufigstes Thema ist naturgemäß der Eintritt in die Altersrente. Hier fällt Nicolai auf, dass derzeit nur etwa die Hälfte den regulären Renteneintritt mit 67 wählt. Viele hören früher auf zu arbeiten und nehmen die Kürzung ihrer Rente in Kauf.
Wer wann mit welchen Abschlägen in den Ruhestand gehen kann, ist individuell sehr verschieden. Auch hier klärt der Versichertenberater auf. Weitere Themen während der Beratungen sind zum Beispiel Erwerbsminderungs- oder Hinterbliebenenrenten.

Ein Frau ist mit Rollator beim Einkaufen unterwegs: Reicht die Rente für den Alltag? Eine Frage, die viele umtreibt. Besser ist, man ist zusätzlich privat abgesichert. Foto: Jan Woitas/dpa
Die Anrechnung von Kindererziehungszeiten, die sogenannte Mütterrente, wurde deutlich verbessert. Wer zwei Kinder großgezogen hat, hat bereits Anspruch auf eine, wenn auch kleine, Rentenzahlung, so Nicolai.
Tipp 5: Nicht nur auf die staatliche Rente verlassen
Die staatliche Rente scheint sicher zu sein. Doch reicht sie auch fürs tägliche Leben? Das ist individuell sehr verschieden. Nicolai weiß, dass sich viele Menschen mit Beginn der Rente stark einschränken müssen.
Immer häufiger verdienen sich Seniorinnen und Senioren Geld dazu - einige, weil sie das Geld brauchen, andere, weil sie noch Spaß an der Arbeit haben. Es gibt keine Grenze mehr beim Hinzuverdienen. Nicolai: „Der Deckel ist weg.“ Aber auf die Steuer muss geachtet werden. Hier empfiehlt Nicolai das Gespräch mit einem Steuerberater.

Reicht die Rente? Ein früher Check aller Unterlagen ist ratsam. Foto: Fernando Gutierrez-Juarez/dpa
Wer kann, sollte unbedingt und möglichst früh privates Kapital fürs Alter aufbauen, auch wenn es nur kleine regelmäßige Beträge sind. „Je eher, desto besser“, sagt Nicolai aus vielfacher Erfahrung. Er verweist bei der privaten Vorsorge auf ein Gespräch mit der Bank des Vertrauens, da es verschiedene Modelle gibt, zum Beispiel Aktienfonds oder private Zusatzrente.
Glücklich können sich die Arbeitnehmer schätzen, bei denen der Arbeitgeber eine betriebliche Altersvorsorge anbietet. Perfekt wird die finanzielle Vorbereitung aufs Alter, wenn die Rentner in einer eigenen schuldenfreien Immobilie wohnen können. „Betonrente“ nennt das Nicolai. Miete als ein großer Kostenpunkt entfällt dann. Viele ältere Paare verkaufen auch ihr zu groß gewordenes Eigenheim plus Garten und bezahlen aus dem Erlös die kleinere Wohnung, in die sie für den Lebensabend ziehen.
Viele deuten die Zahlen falsch.