TFußballflaute in Deutschland: Immer mehr Jugendteams verschwinden

Immer mehr Plätze bleiben leer: Der deutsche Fußball hat ein Nachwuchsproblem. Foto: Heeslingen
Fußball ist die beliebteste Sportart in Deutschland. Doch der Ausnahmestatus gerät ins Wanken: Die Zahl der Nachwuchsmannschaften geht seit Jahren deutlich zurück.
„Geh doch mal raus und spiel!“ Ein Satz, der in deutschen Haushalten heute vermutlich häufiger fällt als noch vor einigen Jahren. Ein Blick auf die Entwicklung im Jugendfußball legt das zumindest nahe: Seit der Heim-WM 2006 sind deutschlandweit 5.487 männliche A- und B-Jugendmannschaften verschwunden. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat ein Nachwuchsproblem. Auch in Niedersachsen zeigt sich diese Entwicklung deutlich.
Niedriges Interesse auch in Niedersachsen spürbar
Laut Angaben des Niedersächsischen Fußballverbands (NFV) ist die Zahl der gemeldeten A- und B-Jugendmannschaften in den vergangenen 15 Jahren von 2.209 auf 1.433 gefallen. Das entspricht einem Rückgang von 35,1 Prozent. Im Land Bremen ist die Zahl in den vergangenen zehn Jahren von 122 auf 98 zurückgegangen.
Ähnlich sieht es im Kreis Cuxhaven aus: Dort sank die Zahl der Teams im gleichen Zeitraum von 51 auf 37. Das zeigt: Es handelt sich nicht um ein lokales Phänomen, sondern um ein strukturelles Problem - darauf deutet der Rückgang auf allen Ebenen hin.
Vielschichtige Gründe für den Rückgang
Die Ursachen dafür sind vielfältig: Zeitmangel, veränderte Interessen und auch sportliche Gründe spielen eine Rolle. „Freizeitverhalten und Rahmenbedingungen junger Menschen haben sich maßgeblich verändert“, sagt Manfred Finger vom NFV. Aus sportwissenschaftlicher Sicht liegt das Problem weniger in der Gewinnung, sondern in der langfristigen Bindung von Jugendlichen an den Fußball.
Jugendfußball
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Dabei spielen insbesondere das Training und das Verhalten der Trainer eine entscheidende Rolle. „Gerade bei Kindern und Jugendlichen ist der Trainer nach wie vor der Schlüssel zu allem“, so Finger. Wer dauerhaft auf der Bank sitzt oder sich nicht aktiv eingebunden fühlt, verliert schnell die Motivation.
Reform und neue Ansätze: mehr Flexibilität im Jugendfußball
Um dem Trend entgegenzuwirken, setzen DFB und NFV auf Reformen und Modernisierung. Zentrales Schlagwort: Flexibilität.
Trainingskonzepte sollen geöffnet, Altersklassen durchlässiger gestaltet werden. „D-Jugendliche könnten auch mal bei der C-Jugend mittrainieren, Mädchen bei den Jungs, und wer möchte, auch viermal statt nur zweimal die Woche“, erklärt Hannes Wolf, DFB-Nachwuchskoordinator. Auch der NFV verfolgt diesen Weg: „Spielen mit weniger Verpflichtungen und Rahmenbedingungen.“
„Spaß ist die stärkste Triebfeder“: Fokus auf Trainerausbildung
Ein wichtiger Baustein dabei ist die Qualifizierung von Kindertrainern. Dafür wurde das Kindertrainer-Zertifikat (KiTZ) eingeführt. In Niedersachsen wurden seit 2021 bislang 1.000 Trainer zertifiziert.
Gut ausgebildete Trainer erkennen Potenziale, motivieren und fördern individuell. „Dann entsteht Spaß, und der ist die stärkste Triebfeder für eine nachhaltige Entwicklung“, erklärt Finger.
Neue Spielformen: Mehr Spielzeit für alle
Neben verbesserten Rahmenbedingungen werden auch neue Spielformen diskutiert. Ziel ist es, dass Kinder und Jugendliche auf mehreren Feldern gleichzeitig in kleineren Formaten spielen.
So können mehr Kinder aktiv mitwirken und öfter den Ball am Fuß haben. Für G-, F- und E-Junioren wurden bereits entsprechende Spielformen umgesetzt. Hier setzen die Verbände auf Funino, ein Spiel mit weniger Spielern, kleinerem Spielfeld und je zwei kleinen Toren - und damit vielen Ballkontakten für alle Spieler.
Umstellung in der D-Jugend in naher Zukunft realistisch
Auch für die D-Jugend gibt es konkrete Pläne: Statt wie bisher 9 gegen 9 soll künftig auf zwei Spielfeldhälften jeweils 7 gegen 7 gespielt werden – also insgesamt 28 statt nur 18 Kinder. So müsste niemand mehr draußen sitzen, alle hätten mehr Spielzeit, mehr Spaß - und weniger Frust.
In einigen Regionen und Nachwuchsleistungszentren in Deutschland wird dieses Modell bereits angewendet. Kirsten Holz, Vorsitzende des Jugendausschusses im NFV-Kreis Cuxhaven, begrüßt die Umstellung und erklärt: „Das führt zu einer besseren Technik bei den Spielern.“ Sie rechnet mit einer Umsetzung im Kreis Cuxhaven zur Saison 2026/2027.