T„Gefährlich für Menschen und Hunde“: Darum ist der Deichschäfer sauer

René Krüger mit zwei seiner Herdenschutzhunde auf dem Deich bei Wersabe. Foto: Iven
Nicht der Wolf sondern rätselhafte Schilder sorgen bei Schäfer René Krüger gerade für richtig Ärger. Sie rufen zum Füttern und Streicheln von Herdenschutzhunden auf.
Wersabe. Noch herrscht Ruhe auf dem Deich. Die Schafe sind noch in ihren Ställen in der Deichschäferei Wersabe. Derzeit bringen sie ihren Nachwuchs zur Welt. Nur nach der Fütterung ist das Geblöke in den Ställen groß, wenn die Mutterschafe ihre Lämmer suchen.
Herdenschutzhunde in Wersabe: Gefährliche Schilder sorgen für Ärger
Die zwölf Herdenschutzhunde warten auf dem Grundstück der Schäferei auf ihren Einsatz. Ab April kehren die Schafe zurück auf den Deich. Dann werden sie von den Hunden begleitet, die sie Tag und Nacht vor Wölfen beschützen. Und das mit Erfolg. Seit sich der Schäfer die Hunde vor zwei Jahren zugelegt hat, wurden keine Tiere mehr gerissen.
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Doch seit ein paar Wochen hat Deichschäfer René Krüger richtig Ärger, und das von ungewohnter Seite. Nicht der Wolf macht ihm das Leben schwer, keine Beschwerden über seine vermeintlich lauten Herdschutzhunde oder eine komplizierte Bürokratie.
Unbekannte hängen gefährliche Schilder an den Zaun
Stattdessen tauchten zuletzt immer wieder Schilder an den Hundeschutzzäunen auf, in denen die Spaziergänger allen Ernstes dazu aufgefordert werden, die Hunde zu streicheln und zu füttern. „Das ist gefährlich für Menschen und Hunde und ist absolut verboten“, sagt der Deichschäfer wütend.
Denn die Herdenschutzhunde sind sehr wachsam und bewachen die Schafe hinter den Herdenschutzzäunen recht energisch und zum Teil lautstark. Bei einem Kontakt am Elektrozaun könnten Menschen oder Tiere einen Stromschlag bekommen. Im schlimmsten Fall könnte es sogar zu Bissen kommen.
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Das Füttern der Tiere ist eine Kunst für sich. „Die Hunde arbeiten in Zweier-Teams gut zusammen. Aber sie sind ziemlich futterneidisch. Deswegen muss ich sie sehr vorsichtig gleichzeitig füttern“, sagt der Deichschäfer. Wird Futter einfach über den Zaun geworfen, streiten sich die Tiere und verletzen sich im schlimmsten Fall gegenseitig.
„Ich werde als schlechter Tierhalter dargestellt!“
Was den Schäfer besonders ärgert: In dem langen Text auf dem Schild wird ihm unterstellt, er würde sich nicht ordentlich um seine Hunde und Schafe kümmern. Der Vorwurf: Er würde die Tiere allein auf dem Deich lassen. Angeblich sei es ihm sogar egal, wenn seine Schafe vom Wolf gerissen werden.
Was ein ziemlich merkwürdiger Vorwurf ist, da der Schäfer die Herdenschutzhunde ja gerade hält, um seine Schafe zu schützen. Und gerade jetzt in der Lammzeit muss er sich fast rund um die Uhr um die Tiere kümmern. Mittlerweile wohnt er sogar in der Deichschäferei. Da trifft der Vorwurf, er vernachlässige die Tiere, besonders hart.

Diese offiziellen Schilder warnen davor, sich den Herdenschutzhunden zu nähern. Foto: Iven
„Die Hunde sind Arbeitstiere. Sie müssen beschäftigt werden und es ist völlig normal, dass sie bei den Schafen auf dem Deich sind“, sagt der Schäfer, der über eine spezielle Ausbildung für Herdenschutzhunde verfügt.
In der Deichschäferei stehen ihnen große Wiesen zur Verfügung, auf denen sie sich bewegen können. Schafe und Hunde seien es gewohnt, auf dem Deich zu leben. Die Herdenschutzhunde werden sogar bei den Schafen geboren.
Was hat der Deichschäfer gerade alles zu tun?
Zahlreiche der merkwürdigen Schilder hat der Deichschäfer bereits vom Zaun entfernt. „Dabei habe ich überhaupt keine Zeit für so etwas“, sagt er verärgert. Nachdem die Lämmer geboren wurden, steht nun die Impfung gegen die Blauzungenkrankheit an. Im vergangenen Jahr sind allein in Wersabe etwa 30 Tiere daran gestorben. Und bevor die Schafe wieder auf die Deiche getrieben werden, müssen noch die mobilen Zäune zur Weser hin aufgestellt werden.
Beim Deichverband hat man eine ziemlich gute Vorstellung davon, wer diese Schilder aufhängt. Offenbar soll es sich um eine etwas ältere vermeintliche Tierschützerin handeln, die meint, den Hunden damit etwas Gutes zu tun. Auch wenn sie den Tieren und Menschen eigentlich schadet und sie gefährdet. Beim Deichverband spricht man von fehlgeleiteter Tierliebe.

Für die Herdenschutzhunde gibt es mehrere große Wiesen an der Deichschäferei Wersabe, auf denen sie sich bewegen können. Foto: Iven
Bereits im vergangenen Jahr soll sie den Deichschäfer immer wieder auf seine Tierhaltung angesprochen haben. Dass sie nun aber offenbar potenziell gefährliche Schilder am Zaun aufhängt, in denen Passanten zu riskantem Verhalten aufgefordert werden, hat eine neue Qualität. Schafe und Herdenschutzhunde sind zwar derzeit noch in der Deichschäferei. Ab April kehren die Tiere aber zurück auf den Deich.
Beim Deichverband hat man sich deshalb entschieden, die Öffentlichkeit über die Situation zu informieren. „Wir möchten alles tun, um davor zu warnen, die Herdenschutzhunde zu streicheln oder zu füttern“, sagt Oberdeichgräfe Hans-Otto Hancken.
Deichverband empfiehlt Abstand und Respekt vor den Tieren
Die Hunde seien zwar keine „Beißmaschinen“, sagt der Oberdeichgräfe. Dennoch hätten die zwölf Tiere sehr unterschiedliche Charaktere und seien keine Familienhunde, sondern Arbeitstiere. Passanten sollten sie mit Respekt behandeln und auf Abstand bleiben.
Beim Deichverband geht man davon aus, dass die Aktionen nun aufhören. Andernfalls sehe man sich gezwungen, rechtliche Schritte einzuleiten. (fk)