TRestaurantkrise: Hier funktioniert die gehobene Küche nicht mehr

Gastfreundschaft ist die Leidenschaft von Heidrun Koi und ihrer Tochter Marie-Luise. Foto: Hennings
Heidrun Koi ist leidenschaftliche Gastronomin. Sie lebt für gutes regionales Essen und ihre Gäste im Dör‘n Schapp in Vorwerk. Doch ihr Konzept - à la Carte und Café - muss in der Krise auf den Prüfstand.
Vorwerk. Man fährt nicht einfach dran vorbei und hält an, um etwas zu essen. Wer im Dör‘n Schapp in Vorwerk (Landkreis Rotenburg) mit der Familie oder mit Freunden gemütlich tafelt, der weiß, wo er es findet, denn es liegt abseits. Betreten wird die gemütliche Gaststube durch einen Schrank, eben dör‘n Schapp.
Vor 23 Jahren hat Heidrun Koi das kleine Restaurant in einem Nebengebäude des landwirtschaftlichen Betriebs der Familie eröffnet. Seit 2020 gehört auch ihre Tochter Marie-Luise zum Team. Die 25-Jährige ist quasi im Dör‘n Schapp aufgewachsen und hat eine Ausbildung zur Köchin gemacht.
Konsequent gilt in der Vorwerker Küche die Maxime: Alles wird selber gemacht. Convenience ist für die Gastronominnen kein Thema, obwohl die vorgefertigten Speisen inzwischen in vielen Restaurants gang und gäbe sind. Und man mag es kaum glauben, genau das ist eines der Probleme, die Heidrun Koi beschäftigen. „Alles selber machen rechnet sich nicht, habe ich schon von verschiedenen Seiten gehört.“
Qualitativ hochwertige Lebensmittel werden immer teurer
Dabei ist es gerade das, was das Restaurant in dem kleinen Dorf weit über die Grenzen des Landkreises hinaus bekannt gemacht hat: Eine Küche, die regional verwurzelt ist und das verarbeitet, was im Elbe-Weser-Dreieck wächst und gedeiht. Die Tomaten-Apfelsuppe wird aus frischen Tomaten zubereitet und das Ei auf dem Knipp haben Hühner gelegt, die nicht weit entfernt auf der Wiese gescharrt haben.

Früher ein Teil des landwirtschaftlichen Betriebes, heute ein Restaurant der gehobenen Gastronomie. Foto: Hennings
Aber dieses Konzept steht auf dem Prüfstand, denn „Gastro wird immer teurer“, bedauert Heidrun Koi. Zum einen steigen die Preise für gute Lebensmittel, die noch nicht einmal Bio sein müssen. Auch die Arbeitskräfte werden teurer, obwohl die Vorwerkerin einräumt, dass sie schon immer mehr als den Mindestlohn gezahlt hat. Dazu die Zuschläge für Sonn- und Feiertage.
Aber da sind zum Beispiel auch die Gebühren, die das Bankinstitut dafür verlangt, dass die Gäste im Dör‘n Schapp ihr Essen mit der EC-Karte bezahlen können. Alles zusammen sorgt dafür, dass sich die Preisschraube immer weiter nach oben dreht. „Wir können aber nicht alles an unsere Kunden weitergeben“, steht für Heidrun Koi fest.
Umbruch beim Personal durch den Lockdown
Ein großes Problem ist das Thema Personal. „Gerade hat sich unser Koch nach 17 Jahren in den Ruhestand verabschiedet und drei meiner Mitarbeiterinnen sind schwanger. Das sind 80 Stunden, die wir ersetzen müssen. Das ist kaum zu kompensieren“, erklärt die Gastronomin, denn Menschen zu finden, die mit Herzblut Gäste bewirten, ist schwer.
Die Pandemie hat einen Umbruch eingeleitet. Die Frauen, die vorher bei ihr gearbeitet haben, mussten sich in der Zeit, in der Cafés und Restaurants geschlossen waren, neue Arbeitsplätze suchen. „Wer einmal in einen Job gewechselt ist, der deutlich familienfreundlicher ist, als die Gastronomie, der bleibt dabei“, weiß Heidrun Koi.
Zwar arbeiten bei ihr auch immer wieder Schülerinnen und Schüler, aber spätestens, wenn die mit einer Ausbildung anfangen, ist häufig Schluss. „Wir brauchen aber für unsere Planungen Mitarbeiter, die fest vier bis fünf Tage in der Woche arbeiten“, ergänzt Marie-Luise.
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Wohin die Reise geht, wissen Mutter und Tochter noch nicht
Wohin die Reise für das Dör‘n Schapp geht, steht für Mutter und Tochter noch in den Sternen. Von ihrem Konzept der regionalen und saisonalen Küche wollen sie nicht abweichen, denn das würde dem Grundgedanken widersprechen, mit dem Heidrun Koi das Restaurant vor bald 25 Jahren aufgebaut hat.
Es gibt Überlegungen, das À la Carte-Geschäft aufzugeben und sich mehr auf Gesellschaften zu konzentrieren. Auch der Café-Betrieb am Sonntag ist nicht gesichert, denn er ist kaum wirtschaftlich zu führen. „Man weiß am Morgen nicht, wie viele Gäste am Nachmittag kommen. Da kann es auch mal passieren, dass Torten übrigbleiben. Eisverkauf dagegen ist viel unkomplizierter und wird gerne von unseren Gästen genutzt“, hat die Gastgeberin festgestellt.
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Lieferservice und Fast-Food statt gehobene Küche
Die Gastroszene hat sich sehr verändert in den letzten Jahren und das merkt auch das kleine Restaurant in Vorwerk. „Für die Jüngeren ist ein Besuch in einem Restaurant, wie unserem, die Ausnahme. Sie lassen sich eher eine Pizza liefern oder holen sich die Brote einer bekannten Fast-Food-Kette“, so Heidrun Koi und ihre Tochter Marie-Luise nickt zustimmend.
Beide Frauen machen ihren Beruf mit Leidenschaft und einfach aufgeben ist für sie keine Option. Stattdessen suchen sie immer weiter nach neuen Wegen und Möglichkeiten, Menschen im Dör‘n Schapp mit einer regionalen und bodenständigen Küche zu verwöhnen.