Gigantische Bauern-Blockade am Freitag? Das steckt hinter den WhatsApp-Nachrichten

Tausende Trecker blockierten unter der Woche bundesweit den Verkehr. Foto: Uwe Zucchi/dpa
Beenden die Landwirte ihre Protestwoche mit einer Hammer-Blockade? Mehrere WhatsApp-Sprachnachrichten kündigen das an. Das TAGEBLATT hat nachgehakt. Mit diesen Verkehrsbehinderungen ist am Freitag im Kreis Stade zu rechnen.
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Landkreis. Zum Wochenstart behinderten Trecker-Demonstrationen den Verkehr im Kreis Stade massiv. Das soll nur ein kleiner Vorgeschmack auf das gewesen sein, was Pendler in der Region am Freitag erwarte. Dies geht zumindest aus mehreren Sprachnachrichten hervor, die derzeit per WhatsApp die Runde machen.
„Ihr könnt davon ausgehen, dass ab morgen früh - überall, wo ihr lang müsst - nichts mehr gehen wird“, sagt einer. In einer zweiten Memo wird ergänzt: „Am Freitag wollen die noch einmal, und das soll noch schlimmer als am Montag werden, die wollen alles zu machen.“
Die Bauern hätten sich geärgert, dass ihnen am Montag so viele Pendler durchgegangen seien, weshalb sie ihre Blockaden verschärfen wollen würden. Der Protest, der in Deutschland den kompletten Berufsverkehr lahmlegen werde, beginne daher schon ab 3 Uhr morgens, heißt es im Netz.
Polizei und Kreislandwirt Knabbe reagieren
Sollten sich die Nachrichten bewahrheiten, stünden Pendler am Freitag vor einer Herausfordeurng. Da die GDL gleichzeitig die Bahn bestreikt, hätten sie kaum eine Alternative, zur Arbeit zu kommen.
„Wir haben keine Hinweise auf eine solche Aktion“, so der Stader Polizeisprecher Rainer Bohmbach. Auch laut TAGEBLATT-Informationen planen die Landwirte aus dem Kreis Stade keine Hammer-Blockade. Viele Landwirte aus dem Kreis distanzierten sich in den sozialen Medien zudem von den viralen Aussagen.
„Es gibt bei uns weder eine solche Initiative noch Planung, nicht einmal den Gedanken für so eine Aktion“, stellt Kreislandwirt Johann Knabbe gegenüber dem TAGEBLATT klar. Er nennt die Sprachnachrichten „Fake-News“. Man plane derzeit vielmehr die Reise nach Berlin. In der Hauptstadt findet am Montag eine Großdemonstration statt.
Kleine Aktionen möglich
Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass es am Freitag durch kleinere „spontane“ Aktionen zu Verkehrsbehinderungen kommt. Am Donnerstagabend standen mehrere Trecker zum Beispiel auf der Schwingebrücke und im Bereich der Kreuzung Bremervörder Straße/Bundesstraße 74.
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„Der Winter ist noch lang. Ich kann die Politik nur warnen“
Denkbar scheint hingegen eine Wiederholung der Aktionswoche. So droht Niedersachsens Landvolk-Präsident Holger Hennies mit weiteren Protesten der Bauern: „Wir Landwirte haben einen langen Atem und werden unsere Aktionen auf jeden Fall fortsetzen – länger, als es der Ampel-Koalition in Berlin lieb ist“, kündigte Hennies im Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Mittwochsausgabe) an.
Und weiter: „Der Winter ist noch lang. Ich kann die Politik nur davor warnen, weiter so durchzuregieren, wie sie es momentan tut.“

Holger Hennies, Präsident vom Landvolk Niedersachsen, sagt: „Protest und Revolution sind nicht unsere Lebenseinstellung.“ Foto: Moritz Frankenberg/dpa
Gastronomen und Landwirte bitten zu Diskussion über Trecker- und andere Proteste
Seit Tagen prägen die Proteste der Landwirte mit ihren Treckern das Straßenbild in ganz Deutschland. Inzwischen nehmen auch andere Berufsgruppen daran teil und erklären sich solidarisch. Auch Gastronomen wie die Burweger Daniel Gorna von der Burger-Bude und Volker Helm von der Eisschmiede. „Landwirte, Gastronomen, Unternehmer - wir haben alle ein Riesen-Problem“, sagen sie. So wie die Landwirte über den Wegfall der Agrardiesel-Rückerstattung klagen, gehe es ihnen mit der seit Anfang des Jahres geltenden Wiedererhöhung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie von 7 auf 19 Prozent. Wie berichtet, war diese aufgrund der Corona-Pandemie und der Preisentwicklungen infolge des Ukraine-Krieges reduziert worden. Doch nun stehen die Gastronomen unter noch höherem Druck - und vor der Frage, ob und wie sie die Preise an die Kunden weitergeben können. Darüber, warum das so gekommen ist, wollen sie mit Bürgern sprechen. Auch Landwirte und andere Unternehmer aus der Region werden dabei sein, um allen Interessierten Rede und Antwort zu stehen. Die Veranstaltung beginnt am Freitag, 12. Januar, um 9 Uhr in der Eisschmiede in Burweg.
Proteste nicht im Interesse der Bauern
Langwierige Proteste seien aber auch nicht im Interesse der Landwirte, betonte Hennies. Die Bauern wollen auch nicht den Rückhalt der Bevölkerung verlieren. „Die klare Botschaft lautet: Protest und Revolution sind nicht unsere Lebenseinstellung. Wir Landwirte sind stets gesprächsbereit.“ Er hoffe auf ein Gesprächsformat mit der Bundesregierung.
Für junge Landwirte gebe es keine Perspektive, kritisierte der Landvolk-Präsident. „So, wie es momentan läuft, finden wir keine Nachfolger für unsere Betriebe“, sagte Hennies. „Wenn die Politik den Menschen weiter die Hoffnung nimmt, mit einem Hof die eigene Existenz sichern zu können, sehe ich große Probleme auf unsere Lebensmittelproduktion zukommen.“
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„Wirtschaftsweise“ Schnitzer: Subventionskürzungen richtig
Die Vorsitzende der „Wirtschaftsweisen“, Monika Schnitzer, hat die von der Bundesregierung geplanten Subventionskürzungen für Landwirte und andere Gruppen im Bundeshaushalt 2024 unterstützt. „Subventionsabbau wird von vielen gefordert, aber niemand hebt freiwillig die Hand, um Kürzungen bei sich selbst anzubieten“, sagte die Ökonomin der „Rheinischen Post“ (Mittwochausgabe). Jede Ausgabenkürzung löse Proteste der Betroffenen aus und sei schwierig durchzusetzen.
„Kürzungen wären aber leichter vermittelbar, wenn die Betroffenen nicht den Eindruck hätten, dass sie die Einzigen sind, bei denen der Rotstift angesetzt wird“, zitierte die RP die Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Sie empfahl beim künftigen Subventionsabbau auch pauschale Lösungen - etwa eine prozentuale Kürzung aller Subventionen. (mit dpa)