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TGünstig Wohnen in Stade - die Lage bleibt sehr schwierig

Aus- und Umbau statt Neubau, wie hier in der Sachsenstraße, darauf setzt die Wohnstätte. Neue Wohnungen entstehen dadurch nur wenige.

Aus- und Umbau statt Neubau, wie hier in der Sachsenstraße, darauf setzt die Wohnstätte. Neue Wohnungen entstehen dadurch nur wenige. Foto: Wohnstätte

Der Wohnungsmarkt in Stade bleibt angespannt: Günstige Wohnungen werden händeringend gesucht. Gleichzeitig lassen Baupreise und Darlehenszinsen kaum einen Neubau zu, der sich preiswert vermieten lässt. Die Wohnstätte Stade kann davon ein Lied singen. Ihr Chef warnt.

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Von Lars Strüning
Mittwoch, 08.05.2024, 05:50 Uhr

Stade. Die Genossenschaft ist mit 2600 Wohnungen, in denen etwa 5000 Menschen leben, der größte Vermieter in der Stadt. Ihr Marktanteil bei Mietwohnungen liegt bei 20 Prozent. Vorstand Dr. Christian Pape hat jetzt eine Zwischenbilanz der Situation gezogen. Sie ist alles andere als befriedigend.

Kaum freie Wohnungen - kaum Investitionen

Die Entwicklung auf den Immobilienmärkten stellt sich paradox dar: Einerseits ist insbesondere das Segment preiswerter Wohnungen durch einen Nachfrageüberhang gekennzeichnet. Andererseits verhindert die Kombination von hohen Investitions- und gestiegenen Finanzierungskosten die notwendige Angebotsausweitung.

Chistian Pape rechnet vor: Aktuell erreichen die Kosten bei Neubauinvestitionen 5.000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche inklusive Grundstück. Bei einem Zinssatz von fünf Prozent würden gut 20 Euro Nettokaltmiete pro Quadratmeter fällig, um nur die Kapitalkosten zu bedienen. Selbst bei vier Prozent an Darlehenszinsen bleibt die Miete unerschwinglich, wenn sich die Investition rechnen sollte.

Folglich ergibt sich an gefragten Wohnungsstandorten – wozu auch Stade zählt – eine weitere Verknappung des Wohnungsangebots, so Pape. Wenige Faktoren illustrieren diese Entwicklung besser als die Neuvermietungsmieten (nettokalt).

Fordert von der Stadt einen Mietenspiegel für Stade: Wohnstätten-Vorstand Dr. Christian Pape.

Fordert von der Stadt einen Mietenspiegel für Stade: Wohnstätten-Vorstand Dr. Christian Pape. Foto: Wohnstätte

Neue Wohnungen kosten elf Euro pro Quadratmeter

Das Marktniveau (exklusive Wohnstätte) erreicht aktuell ein Niveau von 10,91 Euro pro Quadratmeter, die Wohnstätte liegt derzeit bei 7,89 Euro. Pape: „Dies ist für breite Schichten der Bevölkerung nicht mehr zu bezahlen.“

Die angespannte Lage dauert seit 2015 an. In diesem Zeitraum habe die Wohnstätte 225 Wohnungen neu errichtet. Da sie relativ preisgünstigen Wohnraum zur Verfügung stellt, wirkt sie in der Stadt insgesamt mietpreisdämpfend, sagt Pape selbstbewusst.

Eher pessimistisch merkt er an: Gegenwärtig ist eine Verbesserung der Situation am Mietwohnungsmarkt nicht zu erwarten, auch wenn auf Landesebene mit der Novelle der Niedersächsischen Bauordnung wie auf der Weiterentwicklung der sozialen Wohnraumförderung positive Signale gesetzt seien.

Hier hat die Wohnstätte Stade modernisiert

Die Wohnstätte versucht, dagegenzuhalten. Sie investierte im vergangenen Jahr insgesamt 12,7 Millionen Euro in den Bestand. Davon entfielen 2,3 Millionen auf Neubauten.

Schwerpunkte in der Modernisierung waren Maßnahmen in Klein Thun sowie im Lerchenweg in Hahle. Im Dubbenweg und Memeler Weg von Klein Thun sind die Bauarbeiten mittlerweile in den vierten und letzten Bauabschnitt vorgedrungen, die Fertigstellung ist für das erste Halbjahr 2024 terminiert. Dann werden fast alle der 125 Wohnungen im Quartier den Effizienzhausstandard aufweisen, teilt die Wohnstätte mit.

Das Investitionsvolumen beträgt über die Jahre 8,5 Millionen Euro. Im Lerchenweg saniert die Wohnstätte zwei baugleiche Häuser mit jeweils 16 Wohnungen für 2,8 Millionen Euro.

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Neue Heizung und neuer Wohnraum unterm Dach

Im Hinblick auf die Klimaziele erfolgt ein Wechsel in der Beheizung hin zu nachhaltigen Varianten. Zurzeit ersetzen meist Luft-Wasser-Wärmepumpen die klassischen Gasbrennwertkessel. Priorität haben in diesem Programm Objekte, bei denen eine Dachsanierung ohnehin zeitnah bevorsteht.

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Parallel zur notwendigen Sanierung erfolgt der Ausbau von leer stehenden oder als Abstell- oder Trockenräumen genutzten Flächen zu neuen Wohnungen. Weil dazu öffentliche Mittel in Anspruch genommen werden, beträgt die Kaltmiete hier lediglich 6,10 Euro pro Quadratmeter.

Auf der Zielmeile befinden sich aktuell die Maßnahmen im Sachsenviertel mit einem Investitionsvolumen von 3,8 Millionen Euro. Seit 2021 wurden dort insgesamt 74 Bestandswohnungen energetisch ertüchtigt und 15 neue Wohnungen geschaffen.

HIer hat die Wohnstätte Wohnungen dazugekauft

Zudem erwarb die Wohnstätte zwei Wohnanlagen mit insgesamt 78 Wohnungen im Sachsenviertel und in Campe.

Die Wohnungen in der August-Hinrich-Straße bzw. der Köhns Höhe gehören zu den Stader Höfen und werden in enger Kooperation mit dem bisherigen Eigentümer – der weiterhin Bestände in diesem Quartier hält – weiterentwickelt.

Weiterhin wechselte der ehemalige Foltmer-Markt in der Dankersstraße zu Beginn des Jahres in den Bestand der Genossenschaft. Geplant ist, die Immobilie abzubrechen und dort einen Nutzungsmix aus Café, Praxisräumlichkeiten und Wohnen zu etablieren. Das Volumen dieser Ankäufe liegt bei 10 Millionen Euro.

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Wohnstätten-Chef warnt vor Missständen in Stade

In Stade sei eine Bedarfsdeckung nicht zu erwarten. Vielmehr birge das aktuelle Umfeld Risiken zum Aufbau städtebaulicher Missstände. So sei das Angebotsvolumen im Bereich des Geschosswohnungsbaus für den Verkauf in den vergangenen Monaten sprunghaft gestiegen. Das kann Vor- und Nachteile haben.

Die Wohnstätte kauft selbst an, um ihren Bestand zu erweitern; andererseits könnten sich spekulative Immobilientransaktionen ergeben - mit dem Risiko einer Vernachlässigung der Bestände. Das wiederum könne sich spiralförmig auf ganze Quartiere und Stadtviertel ausweiten.

Trotz der Aktivitäten der Wohnstätte, fordert Pape mehr Engagement von mehr Akteuren für bezahlbares Wohnen. Pape: „Hier ist auch die Kommune gefordert.“ Auch wenn sie die Entwicklungen nicht umkehren kann. Lokale Kooperationen müssten gestärkt und zur Verfügung stehende Stellschrauben genutzt werden.

Pape: Mietpreisniveau dringend begrenzen

So plädiert Pape dafür, den Anstieg des Mietpreisniveaus zu begrenzen. Hier könnte der Ankauf von Preis- und Belegungsbindungen durch die Stadt einen Beitrag leisten. Kapitalisiert ausgezahlt könnten diese Mittel genutzt werden, um als Eigenkapital bei der Entwicklung weiteren Wohnraums eingesetzt zu werden.

Zudem fordert der Wohnstätten-Chef die Stadt auf, einen Mietenspiegel einzuführen. Mietenspiegel schafften Rechtssicherheit und Klarheit sowohl für Mietende wie auch Vermietende.

Städte mit einer Einwohnerzahl von mehr als 50.000 Einwohnern seien zur Erstellung eines Mietenspiegels verpflichtet. Perspektivisch wird Stade diesen Grenzwert überschreiten. Pape: „Die Einführung eines solchen Instruments sollte daher bereits jetzt vollzogen werden.“

Segregation - das Gegenteil von Integration

Eins treibt Pape noch um: Die Versorgung von sozial benachteiligten Gruppen erfolge derzeit nicht gleichmäßig durch alle Anbietergruppen. Dies sei nicht nur rechtlich fragwürdig, sondern katalysiere auch mögliche Tendenzen zur Segregation – mit möglichen Stigmata für weitere Quartiere als Folge.

Bei Segregation konzentrierten sich einzelne Bevölkerungsgruppen in unterschiedlichen Stadtteilen. Das könnte dann auch in Stade ein Problem werden, wenn sich Armut und Arbeitslosigkeit in diesen Wohngebieten festsetzt.

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