TGutachten ordnet Rettungswesen neu

Acht bis neun spezialisierte Disponenten versehen in einer Großleitstelle wie der Leitstelle Oldenburg Land ihren Dienst. Foto: Mohssen Assanimoghaddam
Die Zeit alleinstehender Rettungsleitstellen scheint vorbei. Rund um den Kreis Stade könnte ein Großverbund aus vier Landkreisen entstehen.
Landkreis Rotenburg/Landkreis Harburg. Acht bis neun spezialisierte Disponenten versehen in einer Großleitstelle wie der Leitstelle Oldenburg Land ihren Dienst. Die Bildung einer solchen Struktur empfiehlt ein Gutachter den Kreisen Rotenburg, Harburg, Lüneburg und dem Heidekreis.
Seit 2006 arbeiten die Landkreise Rotenburg, Harburg und der Heidekreis beim Einsatz von Feuerwehr und Rettungsdienst zusammen. Sie haben ihre jeweiligen Leitstellen zusammengeschaltet, damit sie sich bei Bedarf gegenseitig unterstützen können. Dieses System steht auf dem Prüfstand. Bis zum Laufzeitende des bestehenden Kooperationsvertrags 2027/28 soll feststehen, wie Rettung fortan zu organisieren ist.
Im Hinblick darauf hat die Rotenburger Kreisverwaltung den Leitstellenverbund begutachten lassen. Das vorläufige Ergebnis seiner Untersuchung stellte Sven Ohrem von der Firma Lülf aus Viersen in Nordrhein-Westfalen den Mitgliedern des Ausschusses für Feuerschutz und Rettungsdienst des Kreises dieser Tage vor.
Jeder der drei Landkreise betreibt eine Leitstelle
Die Mitarbeiter der Rotenburger Leitstelle versehen ihren Dienst in der Feuerwehrtechnischen Zentrale an der Böttcherstraße in Zeven. Sie nehmen sämtliche unter 112 eingehenden Notrufe, Notfallmeldungen und Hilfeersuchen aus dem Kreisgebiet entgegen. Sie alarmieren Einsatzkräfte und Einsatzmittel des Rettungsdienstes und der Feuerwehren. Zudem unterstützen sie Einsatzleitungen. Die Leitstelle ist rund um die Uhr besetzt. Ein bis zwei Mitarbeiter versehen dort Dienst. In Ausstattung und Besetzung sind die Leitstellen in Soltau und Winsen vergleichbar.
Die drei Kreis-Leitstellen sind laut Auswertung von Sven Ohm in der Lage, durchschnittlich 96 Prozent der eingehenden Notrufe zu bearbeiten. In lediglich vier Prozent der Fälle muss einer der beiden anderen Kooperationspartner einspringen. Die dafür erforderliche Technik ist eine Sonderanfertigung und läuft nach Aussage von Kreis-Dezernentin Heike von Ostrowski nicht störungsfrei. Gleichwohl hat sich die eingespielte Kooperationsstruktur bewährt.
Das Kreis-Trio tut sich mit Lüneburg zusammen
Ohrem hat das bestehende System mit Alternativen verglichen. Eine Option ist: Jeder macht seins. Also jeder Kreis betreibt wie vor 2006 ohne Partner eine Leitstelle. Option zwei: Aus dem Trio wird mit dem Landkreis Lüneburg ein Quartett und je zwei Kreise betreiben eine gemeinsame Leitstelle, die miteinander verbunden werden. Option drei: Rotenburg, Harburg, der Heidekreis und Lüneburg bilden eine gemeinsame Großleitstelle.
Der Gutachter betonte, dass ein Nebeneinander mehrerer Leitstellen grundsätzlich Abstimmungsbedarf erzeugt. Und er verwies darauf, dass kleine Einheiten eine Spezialisierung der Mitarbeiter ausschließen.
Besonderes Augenmerk hat Ohrem in seiner Untersuchung auf die Qualität und die Wirtschaftlichkeit der Leitstellenstrukturen gelegt. In puncto Qualität besticht die Großleitstelle, weil der Einsatz von acht bis neun Mitarbeitern pro Schicht eine fachbezogene Aufgabenteilung erlaubt. Der Verbund zweier Leitstellen für vier Kreise landet auf dem zweiten Platz. Das bestehende System rangiert dahinter. Die Rückkehr zu solitären Kreis-Leitstellen ist abgeschlagen.
Die Kreis-Leitstelle ist am wirtschaftlichsten
Doch die Letzten werden die Ersten sein - die Kreis-Leitstelle ist am wirtschaftlichsten zu betreiben. Dahinter folgt die Großleitstelle. Für diese beiden Option gilt jedoch, es braucht eine Auffangstellung für den Fall, dass die Leitstelle ausfällt. Bei Eintritt einer Katastrophe müsse eine Ausweichleitstelle zu beziehen sein, hob Ohrem hervor. Diese Funktion können in einem Zweier- oder Dreierverbund die Partner übernehmen.
In der vorläufigen Abschlussbewertung führt die Großleitstelle für vier Kreise vor dem Verbund zweier Duett-Partner und dem aktuellen Trio. Auf dem letzten Platz stehen die Kreis-Leitstellen als Einzelkämpfer. Folglich empfiehlt der Gutachter die Bildung eines Großleitstellen-Zweckverbandes, zu dem sich Rotenburg, Harburg, Lüneburg und der Heidekreis zusammenfinden sollten.
Langer Weg zum Arbeitsplatz für Mitarbeiter
Sven Ohrem tut das in Kenntnis der Unausweichlichkeit langer Anfahrtswege, die die Mitarbeiter gegebenenfalls zurückzulegen haben. Allerdings biete eine höhere Mitarbeiterzahl variablere Schichtmodelle, als das in einer Kreis-Leitstelle möglich ist. Sollten die Kreistage die Bildung einer Großleitstelle beschließen, so seien die möglichen Standorte dafür und für das Ausweichquartier in einem gesonderten Gutachten zu untersuchen.
Mit dem Ziel, die Lage bei den möglichen Leitstellen-Partnern zu sondieren, wird Dezernentin von Ostrowski im Dezember Gespräche führen. Dass sie die Bildung einer Großleitstelle befürwortet, ließ sie im Ausschuss anklingen. Bis die Angelegenheit entscheidungsreif ist, werden die Gremien des Kreistags fortlaufend unterrichtet und beraten, versicherte sie.