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Klimaschutz

THansestadt Stade legt Beschwerde gegen Surfpark-Baustopp ein

So soll der Surfpark den Plänen nach einmal aussehen. Doch das Verwaltungsgericht hat die Bagger vorerst gestoppt.

So soll der Surfpark den Plänen nach einmal aussehen. Doch das Verwaltungsgericht hat die Bagger vorerst gestoppt. Foto: Surfgarten

Ist der Klimaschutz beim Surfpark-Projekt ausreichend berücksichtigt worden? Nein, sagt das Stader Verwaltungsgericht und verhängt einen Baustopp. Doch, sagen die Stadtverwaltung und die Investoren. Sie legen jetzt Beschwerde ein. Worauf sie hoffen.

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Von Anping Richter
Sonntag, 12.05.2024, 00:01 Uhr

Stade. Laut Stader Verwaltungsgericht hat die Stadt Stade den Klimaschutz in ihrem Bebauungsplan nicht ausreichend berücksichtigt. Das sieht die Linke-Fraktion im Stader Rat auch so und hat deshalb sehr schnell beantragt, die Stadtverwaltung möge keine Beschwerde gegen den Baustopp einreichen.

Doch die Stadtverwaltung hat das schon auf den Weg gebracht und ihre Anwälte beauftragt, innerhalb der zweiwöchigen Frist beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg Beschwerde einzureichen, heißt es in der von Bürgermeister Sönke Hartlef unterzeichneten Stellungnahme zum Antrag der Linke-Fraktion.

Klimaschutz-Begründung könnte Weichen stellen

Wie der Erste Stadtrat Lars Kolk berichtet, hat die Einschätzung des Verwaltungsgerichts bei der Stadtverwaltung für Irritationen gesorgt. Hätten der Beschluss und seine Klimaschutz-Begründung Bestand, könnte das aus ihrer Sicht ein Präzedenzfall werden, der für alle künftigen Bauleitplanungen erhebliche Auswirkungen hätte. Solche Anforderungen habe bisher noch kein deutsches Gericht aufgestellt.

Wie berichtet, hatte das Verwaltungsgericht moniert, dass die Stadt Stade nicht ermittelt hat, welcher zusätzliche Treibhausgas-Ausstoß durch das Surfpark-Projekt zu erwarten ist. Das Verwaltungsgericht beruft sich dabei auf Artikel 20a des Grundgesetzes: Die natürlichen Lebensgrundlagen künftiger Generationen müssen geschützt werden.

Blick auf das Surfpark-Gelände in Stade-Süd.

Blick auf das Surfpark-Gelände in Stade-Süd. Foto: Anping Richter

Surfpark-Betreiber sehen sich als Klimaschützer

Jan Podbielski von der SPN Projektgesellschaft, die den „Surfgarten“ bauen und betreiben will, sieht da keinen Widerspruch. „Surfen bedeutet für uns Sport, Gesundheit und Glücksmomente. Wir wollen einen Betrieb aufbauen, der den Umwelt- und Klimaschutz in jede Entscheidung einbezieht und damit zeigen, was möglich ist, um so das tief verankerte Umweltbewusstsein der Surf-Community an alle unsere Besucher weiterzugeben“, sagt er.

So solle zum Beispiel die Biodiversität durch begrünte Anlagen und Dächer auf der aktuell landwirtschaftlich genutzten Fläche erhöht werden. Die im Rahmen der Bauleitplanung zusätzlich von den Behörden geforderten vorgezogenen Ersatzmaßnahmen für den Artenschutz seien rechtzeitig umgesetzt worden.

Die Bauarbeiten stehen still: So sieht das frühere Feldlerchen-Bruthabitat zurzeit aus.

Die Bauarbeiten stehen still: So sieht das frühere Feldlerchen-Bruthabitat zurzeit aus. Foto: Anping Richter

Standards für Treibhausgas-Berechnungen fehlen

Die Stadt Stade räumt ein, dass der Gesetzgeber die Berücksichtigung der Klimaschutz-Belange zwar grundsätzlich vorgibt.

Die Vorgabe sei aber nicht konkret, zumal es bisher keine fachlichen Standards zur Ermittlung von Treibhausgas-Emissionen gebe. Damit sieht sich die Stadt auch nicht in der Pflicht, die zu erwartende Menge konkret zu beziffern.

So geht das nicht, sagt das Verwaltungsgericht. Das Bundesverwaltungsgericht habe in neueren Entscheidungen klargestellt, dass eine Behörde verpflichtet sei, die Treibhausgasemissionen, die durch Bau und Betrieb der Anlage verursacht werden, zu ermitteln.

Der Einfachheit halber könne dies in Form von Tonnen CO2-Äquivalent dargestellt werden. Anders sei es nicht möglich, abzuwägen, wie sich die Planung auf den Klimawandel auswirkt.

Gericht: Verstoß gegen Artenschutz

Außerdem verstößt die Planung aus Sicht des Verwaltungsgerichts gegen den Artenschutz. Konkret geht es um zwei Bruthabitate der Feldlerche, die verlorengehen würden.

Die Surfpark-Projektbetreiber wurden deshalb schon 2018/2019 aktiv: Rund vier Kilometer entfernt vom geplanten Surfpark-Areal werteten sie zwei Hektar Grünland um zwei Biotop-Stufen auf, um den Verlust des Feldlerchen-Lebensraums zu kompensieren.

Wenn das neue Feldlerchen-Biotop schon besetzt ist

Zu früh, befand das Verwaltungsgericht. Hier fehle der zeitlich-funktionale Zusammenhang, denn die Bauarbeiten starteten erst im Dezember 2023. Die Norm ermögliche keinen „Artenschutz auf Vorrat“. Es sei davon auszugehen, dass das Biotop längst anderweitig besiedelt wurde und den durch den Surfpark-Bau vertriebenen Feldlerchen nicht mehr zur Verfügung steht, wenn sie neue Brutplätze brauchen.

„Das ist aus unserer Sicht nicht zutreffend, super formal, und vor allem für den gesunden Menschenverstand unglaublich: Mit Artenschutz kann doch nicht früh genug angefangen werden“, sagt Jan Podbielski.

Die Juristen der Stader Verwaltung sehen das ähnlich. Sie gehen davon aus, dass sie die Artenschutz-Argumente des Verwaltungsgerichts rechtlich keinen Bestand haben werden. Auch die SPN Projekt GmbH als Beigeladene hat gegen die Entscheidung des Stader Verwaltungsgerichts Beschwerde eingelegt. „Wir sind sehr zuversichtlich, dass das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg diesen Beschluss korrigieren wird“, sagt Jan Podbielski.

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