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THeckenschnitt im März: Maschinen schreddern Igel im Winterschlaf

Igel sind nach dem Bundesnaturschutzgesetz besonders geschützt. Auf das Fangen, Verletzen, Töten von Igeln sowie die Beschädigung oder Zerstörung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten kann laut Bußgeldkatalog ein empfindliches Bußgeld von bis zu 50.000 Euro fällig werden.

Igel sind nach dem Bundesnaturschutzgesetz besonders geschützt. Auf das Fangen, Verletzen, Töten von Igeln sowie die Beschädigung oder Zerstörung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten kann laut Bußgeldkatalog ein empfindliches Bußgeld von bis zu 50.000 Euro fällig werden. Foto: Walzberg

In Cuxhaven wurden Hecken mit schwerem Gerät entfernt - mitten im März. Dabei kamen mehrere Igel grausam ums Leben. Tierschützerin Stefanie Röse wartet auf eine Reaktion der Behörden.

Von Bengta Brettschneider Samstag, 12.04.2025, 06:30 Uhr

Cuxhaven. Rund 400 Igel päppelt Stefanie Röse jährlich bei der Igelpflege im Landkreis Cuxhaven auf, damit sie diese wieder gesund und munter auswildern kann. Umso wütender ist sie über das, was in Cuxhaven-Duhnen geschehen ist. Dort wurden Gebüsch und Rosen mit schwerem Gerät zu Leibe gerückt, wobei mehrere Igel, die noch im Winterschlaf waren, grausam geschreddert wurden. Stefanie Röse hatte umgehend die untere Naturschutzbehörde des Landkreises Cuxhaven und auch die Naturschutzbehörde der Stadt Cuxhaven informiert - auf eine Antwort wartete sie vergeblich.

Radikaler Schnitt nur bis Februar erlaubt

„Das öffentliche Gelände wurde kilometerweise zerstört“, führt Stefanie Röse aus. „Ohne vorab nach Tieren im Winterschlaf wie Igeln, aber auch Jungtieren wie Hasen und Kaninchen oder brütenden Vögeln zu schauen.“ Der Bereich zieht sich vom Freibad Steinmarne, hin zum Restaurant „Beach House“ und weiter bis zum Strandhaus Döse.

Ein Igel, der im Winterschlaf bei einem unerlaubten Heckenschnitt in Cuxhaven-Duhnen getötet wurde. Tierschützer sind entsetzt über das Ausmaß der Zerstörung.

Ein Igel, der im Winterschlaf bei einem unerlaubten Heckenschnitt in Cuxhaven-Duhnen getötet wurde. Tierschützer sind entsetzt über das Ausmaß der Zerstörung. Foto: CNV

Hinzu kommt, dass laut Bundesnaturschutzgesetz ein radikaler Rückschnitt oder das Entfernen einer Hecke nur in der Zeit von Oktober bis Februar erlaubt ist, damit Vögel nicht beim Brüten gestört werden. „Die Heckenlandschaft in Duhnen wurde im März zerstört“, fügt Stefanie Röse hinzu. Sie fragt sich, ob diese Hecke wieder ersetzt wird. „Überall gründen Menschen Heckenpflanz-Vereine, hier wird sie einfach zerstört.“

Hecken - wichtiger Bestandteil des Ökosystems

Die Bingo-Umweltstiftung startete beispielsweise das Projekt „Hecken in Niedersachsen“. Vitale Hecken seien ein wichtiger Bestandteil des Ökosystems und fördern die Biodiversität, so die Bingo-Umweltstiftung. Das Ziel des Projekts ist dabei die Etablierung einer fachgerechten Pflege von Hecken, damit Lebensräume für eine Vielzahl von Tieren und Pflanzen erhalten werden.

Der Kahlschlag in Cuxhaven-Duhnen zieht sich vom Freibad Steinmarne, hin zum Restaurant "Beach House" und weiter bis zum Strandhaus Döse.

Der Kahlschlag in Cuxhaven-Duhnen zieht sich vom Freibad Steinmarne, hin zum Restaurant "Beach House" und weiter bis zum Strandhaus Döse. Foto: CNV

Igel halten zwischen November und Mai Winterschlaf, erläutert Stefanie Röse. In der kalten Jahreszeit finden sie zu wenig Nahrung und fressen sich im Herbst ein Fettpolster an. Ihr Winternest legen sie dann gern in Gebüschen oder Hohlräumen unter Altholzstapeln an.

Während des Winterschlafs fahren Igel ihren Stoffwechsel auf ein Minimum herunter. Ihre Herztätigkeit, Atmung und Körpertemperatur werden dann drastisch reduziert. In ihrem Versteck darf es dabei nicht zu feucht und nicht zu kalt werden - aber auch nicht zu warm, sonst wachen sie auf und verbrauchen sehr viel Energie.

Igelpflege finanziert sich allein über Spenden

Die Igelpflege des Landkreises Cuxhaven finanziert sich allein über Spenden und privates Engagement. Menschen, die einen Igel gefunden haben, sei es mit oder ohne Verletzung, können sich bei Stefanie Röse melden, die mit Rat und Tat zur Seite steht.

"Henriette wurde am 17. März tagaktiv und auf Futtersuche in die Station gebracht", erklärt Stefanie Röse. Für die Auswilderung muss die Igel Dame 850 Gramm auf die Waage bringen.

"Henriette wurde am 17. März tagaktiv und auf Futtersuche in die Station gebracht", erklärt Stefanie Röse. Für die Auswilderung muss die Igel Dame 850 Gramm auf die Waage bringen. Foto: Röse

„Es wurden bei der Heckenschnittaktion unzählige Tiere getötet. Ich bin fassungslos, dass dies niemanden zu interessieren scheint.“

Naturschutzstiftung des Landkreises bezieht Stellung

Auf Anfrage der „Cuxhavener Nachrichten“ äußerte sich die Pressestelle des Landkreises Cuxhaven im Namen der Naturschutzstiftung zu dem Vorfall. Die Kreisverwaltung sei noch am selben Tag informiert worden und habe die Information an die Stadt Cuxhaven weitergeleitet, deren Untere Naturschutzbehörde für diesen Vorfall in Cuxhaven-Duhnen zuständig ist. „Der Landkreis Cuxhaven erachtet den Schutz von Igeln als rechtlich und fachlich notwendig“, führt Simone Starke von der Pressestelle aus.

Der Igel ist Wildtier des Jahres 2024.

Der Igel ist Wildtier des Jahres 2024. Foto: Püttger den Conradt

Im Herbst vorigen Jahres habe es zu dem Thema eine Diskussion in der Kreispolitik gegeben, die die Bedeutung des Themas hervorhob und die Verwaltung veranlasste, über die Medien an die Einwohnerinnen und Einwohner zu appellieren, bei Gartenarbeiten die Schutzwürdigkeit des Igels zu beachten und durch geeignete Maßnahmen Rücksicht zu nehmen. „Jede Gartenbesitzerin und jeder Gartenbesitzer kann einen wertvollen Beitrag leisten, um den Igel - das Wildtier des Jahres 2024 - in seinem Bestand nicht weiter zu gefährden. Gleiches gilt bei Grünarbeiten im öffentlichen Raum.“

Stadt Cuxhaven prüft Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz

Der Pressesprecher der Stadt Cuxhaven äußerte sich ebenso auf Nachfrage zu den Vorwürfen. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) habe die Unterhaltungsarbeiten in diesem Jahr aufgrund der günstigen, trockenen und kalten Witterung in größerem Umfang durchführen lassen. „Dass es dabei zu den dargestellten Verletzungen und leider auch Tötungen von Igeln gekommen ist, ist sehr bedauerlich“, führt Pressesprecher Marcel Kolbenstetter weiter aus. Bei der vor der Mahd durchgeführten Müllabsuche an der Düne seien nach Mitteilung des NLWKN den Mitarbeitern keine Tiere aufgefallen. Auch seien für den Bereich der Düne keine aktuellen Nachweise von Igeln bekannt gewesen, zumal die Rosenbestände in der Düne als Winterunterschlupf etwa für Igel eher wenig geeignet erscheinen würden, äußert sich der NLWKN.

Unter anderem Mähroboter können dem Igel gefährlich werden.

Unter anderem Mähroboter können dem Igel gefährlich werden. Foto: Soeren Stache/dpa

„Igel sind nach Naturschutzrecht besonders geschützt. Die aufgefundenen getöteten Igel im direkten Umfeld der bearbeiteten Schutzdüne sind Fakt, und damit ist ein Verstoß gegen das naturschutzrechtliche Artenschutzrecht gemäß Paragraf 44, Absatz eins, Nummer eins des Bundesnaturschutzgesetzes (das Verbot unter anderem der Tötung besonders geschützter wildlebender Arten) anzunehmen. Derzeit wird deshalb geprüft, ob hier ein Ordnungswidrigkeitenverfahren nach Naturschutzrecht einzuleiten ist“, führt Marcel Kolbenstetter weiter aus.

Mit Blick auf die Ereignisse in diesem Frühjahr werde die Naturschutzbehörde in Abstimmung mit dem NLWKN noch verstärkt darauf hinwirken, dass im Rahmen der künftigen Schnittmaßnahmen im Bereich der Dünen die Mahd tatsächlich nur in Abschnitten und nicht tief bis auf den Erdboden erfolgt, sodass Tierverluste vermieden werden könnten und jeweils ausreichend Rückzugsmöglichkeiten verbleiben.

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