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Längere Lieferzeiten

Heizölpreise: Kunden kaufen wie wild, weil es jetzt teurer wird

Gerechnet wird damit, dass der Steueranteil beim Heizölpreis auf über ein Drittel ansteigt.

Gerechnet wird damit, dass der Steueranteil beim Heizölpreis auf über ein Drittel ansteigt. Foto: Patrick Pleul/zb/dpa

Derzeit ist von einem regelrechten Nachfrage-Boom die Rede, die Lieferzeiten verschieben sich deutlich. Kunden sorgen sich vor zwei Preiserhöhungen, die in den kommenden beiden Monaten anstehen.

Von Carsten Hoefer, Christine Schultze und Tim Parge Sonntag, 19.11.2023, 15:05 Uhr

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Landkreis. Die Heizölpreise waren zuletzt so tief gefallen wie seit Anfang Oktober nicht mehr. Branchenexperten sehen einen regelrechten Bestellboom in der jetzt anstehenden Heizsaison. Doch die Gründe dürften eher in den Sorgen vor kräftig steigenden Ölpreisen liegen.

Viele Liefertermine fallen schon auf das neue Jahr und dann wird’s teurer.

Denn bereits zum 1. Dezember wird die Lkw-Maut massiv erhöht, zum Jahreswechsel kommt dann noch die erhöhte CO2-Steuer oben drauf. Diese beiden Maßnahmen dürften die Heizölpreise steigen lassen, sagen die Experten des Portals „Heizöl24“.

Heizöl: Preiserhöhungen durch CO2-Steuer und Lkw-Maut befürchtet

Ihre Empfehlung: „Kunden, die der CO2-Preiserhöhung entgehen wollen, sollten in den nächsten ein bis zwei Wochen aktiv werden und auf die angezeigte Lieferrist des jeweiligen Händlers achten. Für die Zwangsabgabe gilt der Liefertag und immer mehr Lieferanten werden die Erhöhung ab Ende November einpreisen,“ heißt es weiter.

Von Januar an fallen für Öl-Lieferungen dann die um 3,2 Cent auf 12,7 Cent je Liter Heizöl gestiegene CO2-Steuer an. Die bereits zum 1. Dezember wirksame Erhöhung der Lkw-Maut verteuert die Heizöllieferungen zusätzlich. Sie beinhaltet laut Branchenberichten einen Aufschlag von 200 Euro je Tonne CO2-Emission. Rechnerisch würde der Liter Diesel für den Heizöllieferanten um 60 Cent teurer, heißt es im Fachmagazin „agrarheute“.

Hinzu kämen die 9,5 Cent aus der laufenden CO2-Bepreisung und die Mehrwertsteuer. Gerechnet wird damit, dass der Steueranteil beim Heizölpreis auf über ein Drittel ansteigt. „Es ist davon auszugehen, dass diese Zusatzkosten, die nicht nur Heizöl, sondern alle transportierten Güter wie Lebensmittel verteuern, letztlich beim Endkunden beglichen werden müssen, warnen die Marktbeobachter von „Heizöl24“.

Alles, was transportiert wird, wird teurer

Der Heizölhandel erwartet deshalb in den nächsten Wochen und bis Weihnachten eine weiter gesteigerte Nachfrage der Verbraucher. Händler nannten zuletzt bereits zum Oktober Lieferzeiten von drei bis fünf Wochen. Die Spanne dürfte sich ausweiten.

Nach den Erhebungen des Heizölportals „esyoil“ kostete Heizöl im Bundesmittel zuletzt (Stand: 17. November) etwas weniger als 105 Euro je 100 Liter, in Niedersachsen exakt 105 Euro. Wobei es innerhalb der Bundesländer eine kleine Preisspanne von 103 Euro (Berlin) bis 110 Euro (Bremen) je 100 Liter gebe.

Laut Rohstoffexperte Carsten Fritsch von der Commerzbank ist der jüngste Preisrückgang jedoch übertrieben ausgefallen. Er verwies darauf, dass die Internationale Energieagentur (IEA) ihre Nachfrageprognose in dieser Woche für dieses und nächstes Jahr leicht erhöht hat.

Jede dritte Heizung ist älter als 20 Jahre

Jede dritte Heizung in Deutschland ist nach einer Untersuchung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) älter als 20 Jahre. Mehr als ein Fünftel ist demnach sogar älter als 25 Jahre. Veränderungen auf dem Heizungsmarkt geschähen wegen der langen Austauschzyklen von Heizungen nur langsam, sagte die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, Kerstin Andreae, am Donnerstag in Berlin bei der Vorstellung der Studie „Wie heizt Deutschland?“. Dennoch zeige der Trend grundsätzlich: „Gas, Öl geht zurück, Wärmepumpe, Fernwärme steigt an.“

In Niedersachsen sind Heizungsanlagen im Schnitt 12,3 Jahre alt. Nach Brandenburg ist Niedersachsen damit das Land mit den jüngsten Heizungen. Große Unterschiede gibt es den BDEW-Zahlen zufolge zwischen den verschiedenen Technologien: Ölheizungen sind im Schnitt 16,6 Jahre alt, Gaszentralheizungen 11,7 und die sonstigen Heizungssysteme 10,6 Jahre.

Ein Heizungsmonteur kontrolliert eine ältere Heizungsanlage.

Ein Heizungsmonteur kontrolliert eine ältere Heizungsanlage. Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild

Alte und damit ineffiziente Heizungen seien ein großes Problem für den Treibhausgas-Ausstoß des Gebäudesektors, so der BDEW. Auf den Gebäudebereich gehen etwa 30 Prozent der deutschen CO2-Emissionen zurück. Im Schnitt seien Heizungsanlagen hierzulande 13,9 Jahre alt und damit rund drei Jahre jünger als noch 2019. Große Unterschiede gebe es zwischen den verschiedenen Technologien: Ölheizungen sind laut BDEW im Schnitt 17,7 Jahre alt, Gaszentralheizungen 12,4 und die übrigen Heizungssysteme zusammengenommen 12,6 Jahre. Es habe eine „sehr große Umstellbewegung“ von Öl zu Gas gegeben, sagte Andreae. Schließlich habe die Politik bis vor zwei Jahren noch für Gas als klimaschonendere Alternative geworben. Dann kam der Angriff Russlands auf die Ukraine, und Deutschland löste sich von seinem wichtigsten Erdgas-Lieferanten.

Je nach Region heizen die deutschen Haushalte sehr unterschiedlich. Während im Nordwesten Gasheizungen vorn liegen, spielt Öl im Süden eine große Rolle. Im Norden und Osten ist Fernwärme verbreiteter als im Rest des Landes.

Vom Boom zur Flaute? Kein Modernisierungsschub für Heizungen in Sicht

Die Heizungsbranche in Deutschland stellt sich nach einem Nachfrageschub bei Gas- und Ölheizungen ab Anfang 2024 auf deutlich schlechtere Geschäfte ein. Viele Hausbesitzer seien verunsichert durch das Chaos rund um das Heizungsgesetz, erklärte etwa ein Sprecher des Zentralverbandes Sanitär Heizung Klima (ZVSHK). Zwar würden derzeit noch viele Aufträge aus den vergangenen Monaten abgearbeitet, doch danach sei ein Einbruch zu befürchten. „Die Menschen warten ab. Da ist erst einmal auch kein Run auf neue Heizungen ab 1.1.2024 zu erwarten“, sagte der Sprecher.

Nach Daten des Bundesverbandes der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) waren von Januar bis September dieses Jahres mit 1,048 Millionen Wärmeerzeugern erstmals seit den 90er-Jahren wieder mehr als eine Million Heizungen verkauft worden. Zu dem kräftigen Zuwachs um 46 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum trugen Heizungen, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, ebenso bei wie Wärmepumpen - wobei sich bei letzteren das Wachstum deutlich abgeschwächt hat. Das zeigen auch rückläufige Förderanträge beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa), wie der Verband erklärte. Die Betriebe, die Wärmepumpen einbauen, kämpften zuletzt laut einer Umfrage des ZVSHK aus dem August vor allem mit langen Lieferzeiten, bürokratischen Anforderungen, aber auch Problemen bei der Fördermittelbeantragung.

Ziel des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) ist es, durch einen schrittweisen Austausch von Öl- und Gasheizungen das Heizen in Deutschland klimafreundlicher zu machen. Im Kern sieht es vor, dass künftig jede neu eingebaute Heizung auf Basis von 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Es soll Anfang 2024 in Kraft treten - aber unmittelbar erst einmal nur für Neubaugebiete gelten. Für Bestandsbauten soll eine kommunale Wärmeplanung maßgeblich sein, anhand der Eigentümer entscheiden sollen, was sie machen. Für Großstädte soll die Wärmeplanung ab Mitte 2026 und für die restlichen Kommunen ab Mitte 2028 vorliegen.

Jetzt noch eine neue Gasheizung kaufen? Keine gute Idee!

Nach Einschätzung des Portals Verivox - über das zahlreiche Versorger Gastarife anbieten - ist in der näheren Zukunft zumindest nicht mit einem weiteren rasanten Anstieg der Gaspreise zu rechnen. Der durchschnittliche Gaspreis für Haushalte liegt derzeit bei rund 12 Cent pro Kilowattstunde, wie ein Sprecher des Heidelberger Unternehmens mitteilt. „Kommt es nicht zu starken Einschränkungen der Gasversorgung durch weitere politische Eskalationen, dürfte der durchschnittliche Gaspreis in den kommenden zwei bis drei Jahren um diese Marke herum schwanken.“

Allerdings wird die CO2-Abgabe in den nächsten Jahren steigen. „Der CO2-Preis wird das Niveau der Gaspreise für Haushalte in jedem Fall anheben“, sagt der Verivox-Sprecher. Zum kommenden Jahreswechsel wird Gas demnach um 0,28 Cent pro Kilowattstunde teurer, für ein Einfamilienhaus mit einem Jahresverbrauch von 20 000 Kilowattstunden wären das laut Verivox rechnerische Mehrkosten von 56 Euro. „Ob diese Kosten am Ende auf die Verbraucher umgelegt werden, hängt maßgeblich von der Entwicklung der Großhandelspreise an den Energiebörsen ab“, sagt der Sprecher. „Daher ist eine genaue Prognose hier schwierig.“

Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz hatte kürzlich verschiedene Heizsysteme auf Basis der Anforderungen des GEG miteinander verglichen. Ihr Fazit: „Wer jetzt noch schnell die alte Gas- oder Ölheizung gegen eine neue austauscht, geht ein hohes Kostenrisiko ein.“ Das ergebe sich aus der zu erwartenden Steigerung des CO2-Preises und steigender Netzentgelte bei einer künftig sinkenden Zahl an Haushalten, die mit Erdgas heizen. Erdgasheizungen, die im kommenden Jahr eingebaut würden, müssten zudem von 2029 an bestimmte Mindestquoten von Biogas oder Wasserstoff nutzen. Diese Quoten dürften im Sechsjahresrhythmus deutlich steigen und die Heizkosten weiter erhöhen, erwarten die Verbraucherschützer.

Mit wenigen Klicks zum Heizkostenvergleich

Heizen wird immer teurer, und einen Überblick gibt der neue Heizspiegel für Deutschland der gemeinnützige Beratungsfirma co2online. Der Heizspiegel bietet mit nur wenigen Klicks einen bundesweiten Heizkostenvergleich nach Wohnfläche des Gebäudes. Gleich im Anschluss können sich Interessierte auf dem Energieweiser informieren, wie sie die Kosten senken – und damit auch dem Klima nützen. „Das Sparpotenzial ist enorm“, sagt Oliver Waltenrath, Klimaschutzmanager im Landkreis Harburg. „Die meisten Menschen schätzen ihren Verbrauch und den Einfluss schon kleinster Maßnahmen auf die Kosten falsch ein.“

Für die deutschlandweiten Vergleichswerte zum Heizen hat co2online über 250.000 Energierechnungen und Heizkostenabrechnungen ausgewertet. Die Daten repräsentieren den tatsächlichen Energiebedarf für Raumwärme und Warmwasser als Ergebnis des Nutzungsverhaltens und der energetischen Qualität der Gebäude, aufgeschlüsselt nach Kilowattstunden pro Quadratmeter Wohnfläche. So muss ein Haushalt im Mehrfamilienhaus bei einer 80-Quadratmeter-Wohnung durchschnittlich 1475 Euro fürs Heizen mit Gas bezahlen als vor einem Jahr. Im Einfamilienhaus mit 110 Quadratmeter sind es sogar durchschnittlich 3940 Euro bei der Gasheizung oder 3475 Euro für Heizöl.

Der Heizspiegel gibt eine erste Orientierung zum Heizenergieverbrauch und zeigt deutlich, wie hoch die Heizkosten im Vergleich sind – und ob die eigenen vier Wände einen niedrigen, durchschnittlichen oder erhöhten Verbrauch aufweisen. Besonderheiten der Wohnung werden aber noch nicht berücksichtigt.

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