TNach Brücken-Crash: Loks müssen ausgeschifft werden

Vom Niedersachsen-Kai des Braker Hafens aus werden die Loks auf Binnenschiffe verladen. Foto: J. Müller
Lokomotiven, die nicht rollen, sind totes Kapital. In der Wesermarsch sitzen zurzeit etliche Lokomotiven fest - wegen der durch einen Schiffsunfall stark beschädigten Eisenbahnbrücke über die Hunte. Die Eigentümer haben jetzt eine Lösung gefunden.
Nordenham. Am noch nebelverhangenen Niedersachsen-Kai des Braker Hafens konnte man am Montagmorgen spektakuläre Szenen beobachten. Lokomotiven stehen oder fahren gewöhnlich auf Schienen. Im Seehafen Brake gingen sie am Montag in die Luft. Zwei Hafenmobilkräne hievten die Kolosse in den Laderaum von Binnenschiffen. Auf diese Weise werden sie aus der Wesermarsch abtransportiert. Hintergrund der Aktion ist der Schiffsunfall vom vorvergangenen Wochenende.
Ein Binnenschiff hatte die über die Hunte führende Eisenbahnbrücke bei Elsfleth gerammt und sie dabei stark beschädigt. Die Bücke ist unpassierbar. Für die Passagiere der Nordwestbahn führt das dazu, dass ab Mittwoch ein Ersatzfahrplan gilt. Die Fahrgäste müssen von Nordenham bis Berne mit dem Bus fahren und können erst dort auf den Zug umsteigen; dadurch verlieren sie Zeit.
Häfen Brake und Nordenham vom Zugverkehr abgeschnitten
Der Seehafen Brake und der Nordenhamer Midgard-Hafen sind unterdessen weiter vom Zugverkehr abgeschnitten. Sie hoffen genau wie der Nordenhamer Industriebetrieb Glencore, dass die Deutsche Bahn schnellstmöglich die in Aussicht gestellte Behelfsbrücke installiert.
Weitreichende Folgen hat der Brücken-Crash aber auch für verschiedene Eisenbahnverkehrsunternehmen. Deren Loks sitzen in der Wesermarsch fest. Lokomotiven und Waggons, die nicht rollen, sind totes Kapital. Das wollen und können sich die Betreiber nicht leisten. Deshalb bedienen sie sich nun der Dienste des Braker Hafenunternehmens J. Müller und lassen die Loks ausschiffen. Die Ersten von insgesamt sieben Lokomotiven sind am Montag auf Binnenschiffe verladen worden, die weiteren sollen am Dienstag folgen.
Loks werden nach Bremen transportiert
Bestimmungsort ist nach Auskunft von Uwe Schiemann, Sprecher von J. Müller, Bremen. Dort werden die Cargo-Loks zurück auf die Schiene gestellt und können dann wieder im Güterverkehr eingesetzt werden.
Der Niedersachsen-Kai des Braker Hafens ist mit seiner Pier sowie auch den Verkehrs- und Lagerflächen für Schwerlasten ausgelegt. Und das ist in diesem Fall auch dringend notwendig. Die Loks, die aktuell verschifft werden, bringen laut Uwe Schiemann zwischen 90 und 124 Tonnen auf die Waage. Die beiden Kräne, die J. Müller für das Verladen einsetzt, sind damit allerdings noch längst nicht an ihrer Kapazitätsgrenze angelangt. Sie haben bei einer Ausladung von 20 Metern eine Tragfähigkeit von 140 beziehungsweise 144 Tonnen.

Hier stehen die Loks auf der Pier in der Warteschlange, um an Bord eines Binnenschiffs gehievt zu werden. Foto: J. Müller
Eine Kleinigkeit ist das Verschiffen der Kolosse dennoch auch für die Experten von J. Müller nicht, zumal die Loks an Bord durch spezielle Vorrichtungen gesichert werden müssen, damit sie unterwegs nicht wegrollen, sich verschieben oder gar umkippen. Pro Lok müssen laut Uwe Schiemann rund zweieinhalb Stunden angesetzt werden, bis sie im Bauch des Binnenschiffes gelandet und für die Seereise gesichert sind. Jeweils zwei Lokomotiven fassen die Laderäume.
Die erforderlichen Binnenschiffe haben die Eisenbahnverkehrsunternehmen gechartert, J. Müller organisiert den Umschlag. Die Unternehmen, die jetzt ihre Loks ausschiffen lassen, sind die Österreichische Bundesbahn (ÖBB), Ecco-Rail, EBS (Erfurter Bahnservice), die Salzburger Eisenbahntransportgesellschaft (SETG) und DB Cargo.
Waggons sollen noch folgen
Der Niedersachsen-Kai ist unter anderem auf den Umschlag von Eisen, Holz, Zellulose und Komponenten von Windenergieanlagen spezialisiert. Dass die Mobilkräne Eisenbahnen am Haken haben, kommt allerdings nicht zum ersten Mal vor. Nach Auskunft des Unternehmenssprechers gelangten über den Braker Hafen auch schon in China gefertigte Waggons an Land und auf die Schiene.
Waggons werden demnächst voraussichtlich erneut über Brücke verschifft, denn auch von ihnen stehen zurzeit etliche ungenutzt in der Wesermarsch. Laut Uwe Schiemann gibt es seitens der Eigentümer Überlegungen, sie ebenfalls auf Binnenschiffe verladen zu lassen, um sie dann andernorts wieder einsetzen zu können.
Hier stellt die Nordwestbahn ab Mittwoch den Zugverkehr ein
In der Nacht zum 25. Februar hat ein Binnenschiff die Huntebrücke so schwer gerammt, dass diese nicht mehr zu benutzen ist. Die Deutsche Bahn plant die Errichtung einer Behelfsbrücke. Termine gibt es noch nicht. Klar ist nur: Das wird Monate dauern. Mindestens.

Ab Mittwoch werden in Nordenham vorerst keine Züge mehr fahren. Wer aus Nordenham mit öffentlichen Verkehrsmitteln raus will, muss den Bus nehmen. Foto: Heilscher
Die Nordwestbahn setzt deshalb Busse ein, bislang und auch am Dienstag, 5. März, noch, zwischen Brake und Hude. Von Nordenham bis Brake fährt derzeit noch ein Zug. Doch das ändert sich am Mittwoch. Der Grund: Die Triebwagen müssten gewartet werden. Doch das geht nicht. Das Wartungszentrum der Nordwestbahn befindet sich in Bremerhaven. Dort können die Züge wegen der zerstörten Brücke aber nicht hin. Deshalb werden sie nun im Norden der Wesermarsch geparkt.
Zug- und Schiffsverkehr
T Hunte-Brücke gerammt: So schlimm ist das Ausmaß
Abfahrtzeiten verändert
Der neue Fahrplan gilt ab Mittwoch bis vorerst 1. April - wahrscheinlich aber weit darüber hinaus. Im Vergleich zum bislang geltenden Ersatzfahrplan hat die Nordwestbahn die Fahrzeit immerhin deutlich verkürzt, aber natürlich ist sie länger als bei der Zugverbindung. Denn der Bus ist langsamer. Auch die Abfahrtzeiten sind verändert worden.
In Nordenham fahren die Busse ab Mittwoch, 6. März, um 8 Minuten nach der vollen Stunde vorm Bahnhof ab, erstmals um 5.08 Uhr, letztmalig um 23.08 Uhr. In Berne steigen die Fahrgäste in die Bahn um. Bremen wird drei Minuten vor der vollen Stunde erreicht. Wer um 5.08 Uhr in Nordenham in den Bus steigt, ist um 6.57 Uhr am Bremer Hauptbahnhof. Das ist eine Fahrtzeit von einer Stunde und 49 Minuten. Zum Vergleich: Die Zugfahrt hat eine Stunde und 13 Minuten gedauert. Man ist zwischen Nordenham und Bremen also 36 Minuten länger unterwegs.
Kein Streik bei der Nordwestbahn
In Bremen fahren die Züge Richtung Nordenham wie bisher auch eine Minute nach der vollen Stunde ab. In Berne steigen die Passagier um und erreichen Nordenham um 15 Minuten vor der vollen Stunde. Wer in Bremen beispielsweise um 5.01 Uhr in den Zug steigt, kommt in Nordenham um 6.45 Uhr an. Die Fahrt von Bremen nach Nordenham ist also fünf Minuten flotter. In Berne bleiben jeweils fünf Minuten für den Umstieg.
Ab Donnerstag bestreikt die Gewerkschaft GDL den Zugverkehr für 35 Stunden. Die Nordwestbahn fährt trotzdem. Das Mutterunternehmen Transdev hat mit der Gewerkschaft der Lokomotivführer bereits einen Tarifvertrag geschlossen.