THier wird Stein für Stein der Kirchturm saniert

Der Turm der Krummendeicher Kirche ist so eingepackt, dass keine Steine auf Passanten fallen können. Foto: Susanne Helfferich
265 Jahre hielten die Mauern des Krummendeicher Kirchturms. Doch jetzt muss das historische Gebäude saniert werden. 520.000 Euro kostet das.
Krummendeich. Mehr als 300 Jahre ist die kleine Krummendeicher St.-Nicolai-Kirche alt. Im Jahre 1635 hatte sich die Kapellengemeinde Krummendeich vom Pfarramt Freiburg gelöst und eine eigene Kirchengemeinde gegründet. 74 Jahre später beschlossen die damaligen Patronatsherren, „eine ganz neue Kirche Gott zu Ehren und der Gemeinde zum Besten“ zu errichten, heißt es in der Kirchenchronik. Binnen drei Monaten stand die Backsteinkirche mit hölzernem Glockenturm. Erst 50 Jahre später wurde der heutige Kirchturm an die westliche Seite angebaut.

Eine Puzzlearbeit: Gut 18.000 Steine müssen beim Krummendeicher Kirchturm ersetzt werden. Foto: Susanne Helfferich
Seither ist der 23 Meter hohe Kirchturm dem Wetter ausgesetzt. Regelmäßig treibt Nordwestwind Feuchtigkeit die Elbe hoch. Das macht sich auch beim Krummendeicher Kirchturm bemerkbar. Wasser dringt in das ein Meter dicke Gemäuer und weicht die Steine auf.
Susanne Kuhlmann, Vorsitzende des Ortskirchenvorstandes, erzählt, dass über die Jahre immer wieder Teilflächen des Gemäuers ausgetauscht und Steine neu verfugt worden seien. Die Feuchtigkeit habe sich im Gemäuer festgesetzt und mehr und mehr lösten sich Steinbrocken und Fugmörtel und fielen herab, so Kuhlmann.
Kirchenportal musste abgesichert werden
Im Jahr 2021 habe der landeskirchliche Baudirektor den Handlungsbedarf erkannt. Als Sofortmaßnahme wurde über das Kirchenportal ein Dach gesetzt und Barken sperrten die Seiten des Turmes ab. Doch es dauerte, bis die Sanierungsarbeiten beginnen konnten.
Fördermittel
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Neben personellen Problemen und Corona musste auf die Zusage von Fördermitteln gewartet werden, „und auch die Planung der Maßnahme, die sich nach genaueren Untersuchungen als komplizierter als zuerst gedacht herausgestellt hatte“ habe mehr Zeit in Anspruch genommen, erklärt Mareile Melcher-Tönißen, Projektleiterin beim Amt für Bau- und Kunstpflege. Schließlich wurde das Ingenieurbüro HAZ in Kassel, das auch an der Turmsanierung in Assel mitgearbeitet hatte, mit der Bauvoruntersuchung beauftragt.

Die Bauarbeiter stemmen die maroden Steine aus dem Gemäuer. Foto: Susanne Helfferich
„Der Schaden war in seiner Gesamtheit nicht von außen sichtbar“, erzählt Mareile Melcher-Tönißen. Das Problem sei, dass die beim Bau des Turmes verwendeten Ziegel ungewöhnlich klein und noch dazu nicht frostfest waren. „Sie nahmen zu viel Wasser auf und so brach an vielen Steinen die äußere Schale ab.“ Außerdem sei stellenweise gipshaltiger Mörtel zum Verfugen genutzt worden, so Melcher-Tönißen, der reagiere aber mit Zement. Die Folge: „Der Turm muss zu großen Teilen neu verfugt werden“, so die Architektin.
Etwa 18.000 Steine mussten ausgetauscht werden
Stein für Stein der Mauer wurden abgescannt und danach beurteilt, welche Ziegel ausgetauscht werden müssen. An die 18.000 Steine mussten letztlich ausgemustert werden. Auch ein Gutachten für einen geeigneten Fugenmörtel wurde erstellt. „Es war schwierig, den passenden Stein zu finden“, erzählt Melcher-Tönißen. Das Original sei mit 19 mal 9 mal 4,5 Zentimetern deutlich kleiner als gewöhnlich und sehr leicht. Der neue Stein sollte dem Original möglichst nah sein, handgestrichen, und diesmal frostbeständig. Fündig wurde sie bei einer Ziegelei, die sich schon bei der Sanierung in Assel bewährt habe.
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Parallel musste die Finanzierung stehen. Die Kirchengemeinde Krummendeich beantragte beim Amt für regionale Landesentwicklung (ArL) erfolgreich Fördermittel aus dem Dorfentwicklungsprogramm. Die maximale Förderung mit 150.000 Euro wurde bewilligt. Wenngleich die Kirchengemeinde Maßnahmenträger ist, übernimmt die Landeskirche den größten Batzen, 364.000 Euro. Die Gemeinde muss nur 6000 Euro als Eigenanteil beisteuern. Insgesamt kostet die Turmsanierung 520.000 Euro.

Bauleiter Theis Blank (rechts) und Vorarbeiter Kai Pust zeigen: Gut 18.000 Steine müssen beim Krummendeicher Kirchturm ersetzt werden. Foto: Susanne Helfferich
Seit fünf Wochen arbeitet nun das Freiburger Bauunternehmen Gellert am Turm. Bauarbeiter stemmen die schadhaften Steine einzeln aus der Mauer und pulen die maroden Verfugungen aus dem Mauerwerk. Es ist eine Puzzlearbeit. 18.000 Steine müssen nun ersetzt werden. „Das sind deutlich mehr als angenommen“, so Bauleiter Theis Blank. Das Unternehmen Gellert hat schon öfter Kirchen saniert, etwa in Bevern, Bremen oder Estebrügge. „Das ist jedesmal ein Überraschungspaket“, so Blank. Und sein Vorarbeiter Kai Pust ergänzt lachend: „Aber das ist ja genau das, was Spaß macht.“