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Rettungseinsätze

THilferufe im Watt: Wenn Touristen sich überschätzen

Im vergangenen Jahr konnte sich ein Mann im Watt in der Nacht auf eine Sandbank retten, ehe er gefunden wurde.

Im vergangenen Jahr konnte sich ein Mann im Watt in der Nacht auf eine Sandbank retten, ehe er gefunden wurde. Foto: DLRG Cuxhaven

Zehn Rettungen an der Nordseeküste seit Juli: Das Wattwandern zwischen Neuwerk und Cuxhaven ist in diesem Sommer ein besonders gefährliches Ärgernis. Und teuer noch dazu.

Von Tim Larschow Mittwoch, 21.08.2024, 11:48 Uhr

Cuxhaven. Das Weltnaturerbe Wattenmeer wird von Wanderern, Schwimmern, Seglern, Kitesurfern oder Reitern genutzt. Immer wieder kommt es zu Einsätzen für die Rettungskräfte. Seit Anfang Juli mussten allein die Einsatzkräfte der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) zehnmal ausrücken: Zuletzt gerieten zwei erwachsene Männer in Lebensgefahr.

Gegen 9 Uhr am Sonntagmorgen alarmierte die Strandrettungswache Duhnen die Feuerwehr. Die Ranger auf der Rettungsstation beobachteten die Wege nach Neuwerk, als ihnen zwei Personen auffielen, die sich auf den Rückweg nach Cuxhaven machten - zwei Stunden nach Niedrigwasser, also viel zu spät. Den Rangern war sofort klar, dass sie es nicht mehr rechtzeitig schaffen würden.

Die Freiwillige Feuerwehr Duhnen rückte mit einem Boot und Wattrettern aus, ebenso war die DLRG mit einem Jetski und die Berufsfeuerwehr (BF) mit einem weiteren Boot im Einsatz. Der Amphi-Ranger der Rettungsstation Duhnen fuhr ebenfalls ins Watt, die BF Cuxhaven mit ihrem Wattretter Unimog folgte. Solche Einsätze kosten viel Geld und sind eigentlich leicht vermeidbar.

Wattwandern ist bei Cuxhavenern und Touristen beliebt. Doch viele unterschätzen die Gefahr, die auch an so schönen Tagen im Watt lauert.

Wattwandern ist bei Cuxhavenern und Touristen beliebt. Doch viele unterschätzen die Gefahr, die auch an so schönen Tagen im Watt lauert. Foto: Larschow

Menschenrettung wird nicht in Rechnung gestellt

Die Kosten für Wattrettungen sind hoch. Die Geretteten tragen diese aber meist nicht selbst. Obwohl Schilder auf die Gefahren und sogar das Verbot des Wattwanderns hinweisen, werden diese immer wieder übersehen oder schlichtweg ignoriert. Auch die kürzlich vor Neuwerk geretteten erwachsenen Männer müssen nicht für die Kosten aufkommen.

Die Kosten eines Rettungseinsatzes muss in aller Regel nicht der oder die Gerettete tragen. Organisationen wie die DLRG oder auch die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) arbeiten ehrenamtlich. Der Rettungsdienst und die Luftrettung rechnen die Kosten gegebenenfalls über die Krankenkasse eines Geretteten ab. Bei einem Feuerwehreinsatz wird die Stadt Cuxhaven nur dann eine Rechnung schreiben, wenn der Einsatz durch grobe Fahrlässigkeit ausgelöst wurde.

Die Rettungsstation in Cuxhaven ist im Falle eines Hilferufes im Wattenmeer die erste Anlaufstelle. Je nach Schwere des Einsatzes wird sie von der Feuerwehr und der DLRG unterstützt. Befindet sich eine Person in Not, steht die Rettung im Vordergrund. Vorsatz lasse sich in solchen Fällen nur schwer nachweisen. Oft übersehen Wanderer nach eigenen Angaben einfach die Hinweise. Weder die DLRG noch die Feuerwehr haben deshalb jemals eine Menschenrettung in Rechnung gestellt. Anders sieht das bei Tierrettungen aus, hier müssen die Besitzer die Ausgaben selbst tragen.

Es muss die richtige Startzeit gewählt werden

Vor dem Betreten des Watts sollte man sich über die Hoch- und Niedrigwasserzeiten informieren. Die DLRG empfiehlt, zusätzlich eine Wasserstandsvorhersage einzuholen. Bei auflaufendem Wasser sollte grundsätzlich niemand ins Watt gehen. Eine gute Startzeit ist zwei Stunden vor dem Niedrigwasser. Dabei ist es besonders wichtig, auch den Rückweg zu bedenken.

Schritt zwei beleuchtet den Inhalt des Rucksacks. Mit im Gepäck sollte laut den Lebensrettern eine Uhr und ein wasserdicht verpacktes Handy sein, um im Falle eines Notfalls Hilfe rufen zu können (112). Zusätzlich wird empfohlen, sich vor Beginn der Wanderung bei einer vertrauten Person abzumelden und Bescheid zu geben, sobald man wieder zurück ist. Aber auch Wasser, Sonnencreme und eine Kopfbedeckung dürfen nicht fehlen, um sich vor der UV-Strahlung zu schützen.

Schritt drei beschäftigt sich mit potenziellen Gefahrenquellen. Die DLRG appelliert an die Wattwanderer, sich über Schlickfelder und mögliche Betretungsverbote im Wattgebiet zu erkunden, um die Umwelt zu schützen und die eigene Sicherheit zu gewährleisten. Außerdem sollte man den Prickenweg nie verlassen.

Kai Bunjes von der DLRG sagt: „Vor allem in der Grimmershörnbucht ist Vorsicht geboten. Hier sollte man das Watt am besten gar nicht betreten. Wenn man es doch tut und merkt, dass der Boden unter den Füßen weich wird, sollte man den Weg zurückgehen, auf dem man gekommen ist. Falls eine Person einsinken sollte, ist es wichtig, sich möglichst flach hinzulegen und sich bemerkbar zu machen.“

Und der wohl wichtigste Punkt: Nie allein ins Watt gehen und keine tieferen Priele durchqueren. Gerade der Versuch, einen Priel zu durchschwimmen, kann aufgrund der starken Strömung tödlich enden. Wer diese Regeln befolgt, kann sich sicher durch den Nationalpark bewegen, doch die DLRG betont: „Am sichersten ist eine Wattwanderung mit einem Wattführer oder einer Wattführerin.“

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