THochzeitsgeschenk: Knochenmarkspender Sebastian überrascht Überlebenden
Sebastian (links) und Travis kannten sich bis vor wenigen Wochen nur aus der Ferne. Zur Hochzeit überraschte der Rotenburger seinen „genetischen Zwilling“ als Paketbote. Foto: Privat
Sebastian Zehmke-Marahrens (39) aus Rotenburg rettet mit seiner Knochenmarkspende einem US-Teenager das Leben. Dessen Hochzeit feierten sie jetzt gemeinsam.
Rotenburg. Die Entscheidung, sich mit einem kurzen Wangenabstrich per Wattestäbchen bei der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) zu registrieren, treffen Sebastian Zehmke-Ahrens und seine Frau Christin vor sieben Jahren gemeinsam. Dass dies zur Folge hat, dass der Rotenburger tatsächlich einen Menschen vor Leukämie (Blutkrebs) retten kann und 2025 Überraschungsgast auf einer Hochzeit im US-Bundesstaat Michigan sein würde, kann natürlich niemand ahnen.
Endlich ist es so weit. Sebastian macht sich auf den Weg nach Michigan, um beim großen Tag seines „genetischen Zwillingsbruders“ Travis dabei zu sein. Der ahnt davon nichts. Seit 2021 sind der „Senior Projektleiter für Offshore-Windkraft“ aus Deutschland und der 23-jährige Travis Wiersma in Kontakt.
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Von Beginn an sind sie sich sicher: Irgendwann werden sie sich persönlich treffen. Doch wie das im Alltag manchmal so ist, dauert es auch bei den beiden, bis den Worten Taten folgen. Erst kommt die Coronapandemie, dann stehen bei Sebastian die Geburt des zweiten Kindes und der Hausbau im Fokus.
Als der Familienvater dann Anfang des Jahres die Einladung zur Hochzeit von Travis erhält, muss er zunächst aus verschiedenen Gründen absagen. Doch wenige Tage vor dem Hochzeitstermin entscheidet er sich doch noch dafür, in die USA zu fliegen. Er weiht Travis‘ Mutter Marian ein, und gemeinsam planen sie, Travis zu überraschen. Sebastians Frau und die beiden Töchter müssen leider zu Hause bleiben, weil die ältere Tochter (8) zur Schule muss.
Bräutigam für Überraschung an die Haustür gebeten
Travis‘ Eltern, sein Zwillingsbruder und seine Schwester empfangen den Gast aus dem Landkreis Rotenburg in Michigan am Flughafen. Sebastian wird sofort herzlich in die Familie aufgenommen und zu seiner Ankunft mit deutschem Essen bekocht. Wie Sebastian schon in den ersten Telefonaten mit Travis‘ Familie erfahren hatte, hat Travis mütterlicherseits schlesische Wurzeln. Seine Oma heißt Inge.

Bei seinem Überraschungsbesuch in Michigan wurde Sebastian Zehmke-Marahrens von der großen Familie des geretteten Travis Wiersma empfangen. Foto: privat
Was für ein Zufall: Auch Sebastians Oma mütterlicherseits heißt Inge und stammt aus Schlesien. Beide Großmütter sind nur wenige Kilometer voneinander entfernt geboren. Travis‘ Großmutter und auch seine beiden Tanten, die in Deutschland geboren wurden und als Kleinkinder über den großen Teich kamen, freuen sich riesig, mal wieder Deutsch sprechen zu können. Gemeinsam mit Sebastian tauschen sie sich in langen Gesprächen über ihre Erinnerungen an Deutschland aus. Dabei geht es auch um deutsche Rezepte und Essgewohnheiten.
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Am folgenden Tag machen sie sich auf zu Travis und seiner Verlobten Tori. Der ist in den letzten Hochzeitsvorbereitungen, als sein Vater Eric ihn bittet, kurz nach draußen zu gehen – der Paketbote hätte etwas für ihn. Als Travis um die Ecke kommt, ist er zunächst verdutzt: Vor ihm steht Sebastian, der als Paketbote verkleidet ist – mit Baseballcap und Sonnenbrille.
Doch als Travis die Stimme hört, erkennt er Sebastian sofort. Die beiden Männer umarmen sich erst einmal herzlich, und Travis ist sichtlich gerührt. „Holy shit! We finally meet“, lacht Travis, dem die Situation und der Paketbote gleich etwas verdächtig vorkamen. Zudem hatte er auch ein wenig gehofft und geahnt, dass Sebastian vielleicht doch noch zu seiner Hochzeit kommen würde.
Knochenmarkentnahme nur in zehn Prozent der Fälle nötig
Auch Sebastian ist bewegt. Vor dem Treffen hatte er immer großen Respekt vor der Dankbarkeit, die ihm von allen Seiten begegnen würde. „Ich habe ja gar nicht so viel gemacht. Ich bin nicht in ein Hafenbecken gesprungen, um jemanden vor dem Ertrinken zu retten.“ Ihm gehe es auch nicht darum, dass er es gemacht habe. „Vielmehr geht es darum, dass es überhaupt gemacht wird und so Menschenleben gerettet werden“, sagt Sebastian.
Die Knochenmarkentnahme, die nur für rund zehn Prozent der betroffenen Patienten benötigt wird, empfand Sebastian als „in Ordnung“. In 90 Prozent der Fälle werden mittlerweile die benötigten Stammzellen aus der Blutbahn entnommen. Abhängig von den Bedürfnissen des Patienten kann es aber manchmal medizinisch notwendig sein, dass dem Spender unter Vollnarkose Knochenmark aus dem Beckenkamm entnommen wird.
So war es auch bei Sebastian. Er habe sich während des gesamten Spendenprozesses sehr gut aufgehoben und betreut gefühlt, sagt der Rotenburger. „Außer einem etwas stärkeren Muskelkater hielten sich die Nebenwirkungen in Grenzen. Die Spende war gut zu bewältigen.“
Bei Travis‘ und Toris‘ Hochzeit darf Sebastian die beiden spontan als Ehrengast mit zur Trauzeremonie begleiten. Dazu lernt er beim traditionellen „Rehearsal Dinner“ am Vorabend den Ablauf kennen. Und am Tag der Hochzeitsfeier muss Sebastian immer wieder seine Spendergeschichte erzählen und wird von allen herzlich aufgenommen.
Wiedersehen in Deutschland für kommendes Jahr geplant
Nach einem gemeinsamen Frühstück am nächsten Tag brechen Tori und Travis in ihre Flitterwochen auf. So verbringt Sebastian noch einen Tag bei Travis‘ Tanten. Zuvor machen sie aber bereits aus, dass Travis mit seiner Familie im kommenden Jahr nach Deutschland kommt, um auch Sebastians Familie persönlich kennenzulernen. Bis dahin bleiben sie weiterhin im engen Kontakt.
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Wenn auch nur für fünf Tage, für Sebastian war die Zeit in den USA sehr intensiv. Für ihn steht fest: Er hat eine Familie dazugewonnen, die er in seinem Leben nicht mehr missen möchte. „Hinter einem Wattstäbchen steht ein ganzes Familienschicksal, das man positiv beeinflussen kann.“ Außerdem tue es nicht weh, sich registrieren zu lassen. „Es rettet Leben und schenkt Menschen und Familien Hoffnung. Ohne Spende hätte es die Hochzeit nicht gegeben“, appelliert Sebastian Zehmke-Marahrens.
DKMS-Registrierung
Wer sich bei der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) registrieren lassen möchte, kann ein Kit online bestellen. Mit einem Wattestäbchen wird im Mund eine Probe entnommen und dann abgeschickt. In einer Datenbank werden die Merkmale gespeichert, um für Leukämie-Erkrankte passende Spender zu finden. Im Landkreis Rotenburg sind laut DKMS aktuell über 20.000 Menschen registriert. Seit 1991 haben rund 2.100 DKMS-Spender aus dem Landkreis eine Lebenschance geschenkt. Wenn man jedoch bedenkt, dass nur ein Prozent aller Registrierten jemals für eine Spende infrage kommt, gebe es weiterhin viel zu tun. Registrierung und kostenloses Testkit unter dkms.de/registrieren.