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Tierhaltung

THühner im Garten? Diese Nottensdorferin lebt den Trend vor

Die kleine Emmi verteilt Naschis in Form von Mehlwürmern an die Vierer-Gang Bärbel, Grete, Cordula und Käthe.

Die kleine Emmi verteilt Naschis in Form von Mehlwürmern an die Vierer-Gang Bärbel, Grete, Cordula und Käthe. Foto: Bisping

Immer mehr Menschen im Landkreis Stade halten eigene Hühner, auch Ina Lemmen. Was sie und Experten aus der Region empfehlen.

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Von Alexandra Bisping
Montag, 19.05.2025, 09:50 Uhr

Altes Land. Eine gackernde Vierer-Gang tummelt sich auf der circa 400 Quadratmeter großen Fläche von Ina Lemmen. Die Nottensdorferin hat den Hennen Namen gegeben: Grete, Käthe, Cordula und Bärbel Blöd - „weil sie als Einzige über den Zaun fliegen kann“, sagt die Geflügelbesitzerin, die auch als Imkerin arbeitet oder Kirschen anbaut. Und die Nachbarn sich nicht darüber freuen, wenn Bärbel sich deren Gemüsebeet widmet.

Vor sechs Jahren schaffte sich die 63-Jährige die ersten Hühner an. Warum? „Weil’s schön ist und wir den Platz und die Möglichkeit haben“, sagt Ina Lemmen. „Es macht auch Spaß, mit Emmi mal zusammen ein frisches Ei zu kochen.“

Wer Hühner verwöhnt, erntet Vertrauen

Emmi ist Ina Lemmens kleine Enkelin. Sobald die Hühner das Mädchen im Gehege erspähen, wird sie meist begeistert empfangen. Denn Emmi bringt gerne mal Naschis in Form von Mehlwürmern mit. Bei der Kleinen sind die Hennen zutraulich, ist ihnen jemand suspekt, gehen sie stiften.

Angefangen hatte Ina Lemmen mit Hybridhühnern, die, so heißt es von dieser Kreuzung, entweder viele Eier legen oder viel Fleisch liefern. Hybridhühner hat sie inzwischen nicht mehr. „Mein Bruder züchtet selbst Hühner, und zwar verschiedene Rassen“, sagt sie.

Von den 20 bis 30 Küken, die bei ihm jährlich schlüpfen, habe sie welche übernommen. Die Eierausbeute ihres Quartetts ist allerdings überschaubar. „Im Moment bekommen wir zwei pro Tag - wenn’s gut läuft, auch mal drei.“

Ina Lemmen mit der täglichen Eierausbeute.

Ina Lemmen mit der täglichen Eierausbeute. Foto: Bisping

Die Nacht verbringt das quirlige Federvieh in einem Hühnerstall. Es ist ein länglicher Gitterkäfig mit einer Art erstem Stock. Dort können die Hennen ihre Eier ablegen und hinter einer verriegelten Tür geschützt schlafen. Der Stall lasse sich einfach mit Wasser aus dem Gartenschlauch reinigen, sagt Ina Lemmen. Bald bekomme sie drei weitere Hühner, auch für die sei darin Platz.

Der Stall von der Marke Omlet sei praktisch zu reinigen, sagt Ina Lemmen.

Der Stall von der Marke Omlet sei praktisch zu reinigen, sagt Ina Lemmen. Foto: Bisping

Im Gehege können die Hühner scharren und picken. Gras gibt es reichlich, und Büsche wurden auch extra angepflanzt. Ein Schutz zum Unterkriechen ist ebenfalls da. „Wir hatten immer fünf Hühner - bis zum Januar“, erzählt die Nottensdorferin.

Da habe etwas Feindliches das Gehege geentert und eines ihrer Hühner „auseinandergenommen“. Ina Lemmen vermutet, dass es ein Greifvogel war. Aus gutem Grund: „Wir haben schon mal einen Greifvogel gesehen und verjagt.“ Bei Fuchs und Marder hingegen habe sie keine Bedenken: Der Stall verschließt sich abends automatisch selbst.

Grete auf dem Weg aus dem Hühnerstall, passenderweise hergestellt von einer englischen Firma namens Omlet.

Grete auf dem Weg aus dem Hühnerstall, passenderweise hergestellt von einer englischen Firma namens Omlet. Foto: Bisping

Ihre Hennen beobachtet Ina Lemmen gerne und besonders intensiv dann, wenn neue dazukommen. „Das dauert schon ein bis eineinhalb Wochen, bis sie zusammengewachsen sind“, weiß sie aus Erfahrung. „Wichtig ist aber, dass sie zusammen ins Bett gehen.“

„Hühnerhalter sind raus aus der Nische“

Geflügel ist das am meisten gehaltene Nutztier in Deutschland, heißt es auf der Homepage des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. „In Deutschland lag der Bestand an Legehennen im Jahr 2024 bei 51,4 Millionen Hennen.“ Wie viele private Halter es gibt, lässt sich jedoch kaum ermitteln - nicht jeder meldet sein Federvieh beim Veterinäramt oder der Tierseuchenkasse an.

Bereits vor einem Jahr schrieb das Landwirtschaftsmagazin agrarheute.de, der Trend der privaten Hühnerhaltung sei ungebrochen: „Selbst im Handtuchgarten des Reihenmittelhauses gackern inzwischen Zwerghühner um die Wette.“

Auch Volker Tamcke sagt, Hühner liegen im Trend. Seit vielen Jahren ist er Vorsitzender des Rassegeflügel-Züchtervereins Jork und Umgebung von 1912. Hühnerhaltung, so Tamcke, sei lange ein Nischenthema gewesen. Seitdem Nachhaltigkeit und gesunde Ernährung zunehmend in den Fokus rückten, werde es immer mehr zum Hobby. „Davon partizipieren wir.“ Die Mitgliederzahlen im Verein steigen. „Wir haben inzwischen mehr als 170 Mitglieder“, sagt er. Und jedes Mitglied sei ein Geflügelhalter.

„Als Corona kam, hat es einen richtigen Push gegeben, der setzt sich weiter fort.“ Im Verein gebe es die Züchter, die sich einer Rasse verschrieben hätten, oder eben Privathalter mit fünf bis zehn Hühnern.

Wird es ihnen unheimlich, stieben Hühner in alle Richtungen auseinander.

Wird es ihnen unheimlich, stieben Hühner in alle Richtungen auseinander. Foto: Bisping

Wer sich als Neuling Federvieh anschaffen will, dem steht der Verein mit Rat und Tat zur Seite. „Es kommt darauf an, ob man zum Beispiel Zwerghühner halten möchte, die brauchen weniger Raum“, sagt Volker Tamcke. Besprochen wird, welche Rasse ideal ist, wenn es um Fleischverwertung, Eierproduktion oder möglicherweise um beides gehen soll.

„Wir sind in der modernen Welt angekommen und in den sozialen Medien unterwegs“, erzählt Tamcke. Auch die könnten ein Grund dafür sein, dass Hühner aktuell sehr im Trend liegen. Der Verein hat eine WhatsApp-Gruppe mit etwa 90 Leuten - um sich auszutauschen und zu unterstützen.

Was empfiehlt der Vorsitzende zum Hühnerschutz? „Ein möglichst sicheres, geschlossenes Gehege und einen Stall, der abends verschlossen wird.“ Auch ein Elektrozaun sei eine Maßnahme. Und wenn der Fuchs tagsüber kommt? „Das ist das Leben“, sagt Tamcke. „Raubtiere gehören dazu.“ Er selbst wohne im Alten Land und habe in den letzten Jahren nichts Derartiges gehört. Es könnte vorkommen, sei aber nicht so häufig. Tamcke rät aber, in einem solchen Fall dem Jäger Bescheid zu sagen, dass es dort ein Problemtier gibt.

Ansonsten könnten Hühner alles vertragen „außer Zugluft und Feuchtigkeit“. Tamcke: „Wir wollen die Tiere möglichst naturnah halten - Aufstallung wegen Geflügelpest beispielsweise ist der Gau.“ Er selbst hält keine Hühner - noch nicht. „Ich züchte seit meiner Kindheit Tauben“, sagt Volker Tamcke. „Mit Hühnern fange ich an, wenn ich in Rente gehe.“

Tiere als Bodyguards für Hühner

Annemie Gerhards hat seit bald zwei Jahren Hühner. „Wir haben sie aus Spaß angeschafft“, sagt die Moorenderin. Zuvor habe sie von Haltern aus der Nachbarschaft Eier bezogen, jetzt hat sie eigene. Tagsüber seien ihre Hühner im eingezäunten Gehege, nachts im Stall - auch dort öffnet und schließt die Tür automatisch.

Wie schützt Annemie Gerhards ihr Federvieh? Füchse oder Marder bereiten ihr nicht so große Sorgen, es seien eher Greifvögel, sagt sie. Ihr Tipp: einen Hahn zulegen. „Der schlägt ordentlich Alarm.“ Außerdem seien bei ihr Störche in der Nähe. „Wir haben das Gefühl, der Storch schützt ebenfalls.“ Ein weiterer Tipp: Im Fernsehen habe sie mal gesehen, dass Hühner mit Lamas zusammen gehalten werden. „Die Hühner waren durch die Lamas geschützt.“

Ideen zum Hühnerschutz hat auch Kreisjägermeister Axel Schuldt. „Man kann versuchen, die natürlichen Feinde zu vergrämen“, sagt er. Dazu eigneten sich Hunde- oder Katzensprühmittel, um Tiere von Möbeln oder Ähnlichem fernzuhalten. Außerdem „alles, was besonders stark nach Mensch riecht, wie beispielsweise alte getragene Socken“.

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Was tun, wenn Marder oder Fuchs zuschlagen und das tote Federvieh liegenlassen? Der Stader Landkreis empfiehlt auf seiner Homepage, das Tier vom Tierkörperbeseitigungsunternehmen Rendac Rotenburg GmbH auf eigene Kosten abholen zu lassen. „Weiterhin besteht die Möglichkeit, dass tote Heimtiere auf dem eigenen Grundstück begraben werden können“, heißt es. Weitere Infos: www.landkreis-stade.de.

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