T„Ich bin kein Held“: Ein Hemmoorer rettete das Leben eines Mädchens

Oliver Schmidt spendet im Jahr 2018 Knochenmark - und rettet damit einem achtjährigen Mädchen aus den USA das Leben. Foto: Schmidt
Oliver Schmidt aus Hemmoor (Kreis Cuxhaven) trifft in Chicago (USA) erstmals auf Geogia Katris. Die junge Frau würde ohne seine Hilfe nicht mehr Leben.
Hemmoor. Ende Juli 2025 öffnete Oliver Schmidt in Chicago die Tür zu einem Restaurant - und wusste, dass sich in diesem Moment ein Kreis schließen würde. Am Tisch wartete ein Mädchen, 16 Jahre alt, mit schüchternem Lächeln und wachen Augen: Georgia Katris, sein „genetischer Zwilling“. Sieben Jahre zuvor hatte Oliver ihr mit einer Stammzellspende das Leben gerettet. Nun begegneten sie sich zum allerersten Mal.
Auch Georgias Eltern waren dabei. Die Mutter umarmte Oliver Schmidt fest, der Vater drückte ihn dankbar an sich. „Thank you, thank you so much“, sagten sie immer wieder. Oliver Schmidt lächelte verlegen und dachte nur: „Das war doch kein großer Aufwand.“
Der Weg zum „genetischen Zwilling“
2016 hatte sich Oliver in der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) registrieren lassen. Die Bundesliga hatte dazu aufgerufen, woraufhin er sich ein Set bestellte und anschließend seine Abstriche einschickte. Danach vergaß er die Sache erst einmal wieder. Doch im November 2017 meldete sich die DKMS: Oliver Schmidt kam in die engere Auswahl möglicher Spender. Zur genaueren Überprüfung musste er daraufhin bei seinem Hausarzt noch einmal Blut abgeben.

Oliver Schmidt traf in Chicago seinen genetischen Zwilling. Vor sieben Jahren hatte er mit einer Stammzellenspende dem damals achtjährigen Mädchen Geogia Katris das Leben gerettet. Foto: Schmidt
Am Vormittag des 2. Januar 2018 schließlich, während der Arbeit, ploppte eine dringliche Nachricht auf seinem Handy und Mailpostfach auf. Er sei der passende Spender - und solle am besten noch am selben Tag nach Köln zur Entnahmestelle reisen. Oliver Schmidt musste passen, aber schon am nächsten Morgen saß er im Zug. Nach eingehenden Untersuchungen war klar: Er ist der Hoffnungsträger.
Stammzellenspende
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Die Vorbereitungen für die Spende waren intensiv, vier Tage lang spritzte sich Oliver Schmidt Medikamente, die Stammzellen ins Blut freisetzen. Am 31. Januar 2018 war es dann so weit: Es ging für den damals 22-Jährigen wieder nach Köln. Fünf Stunden lang lief das Blut durch die Maschine, während Oliver einen Film schaute. Am Abend bekam er die Information: Ein achtjähriges Mädchen in den USA werde seine Stammzellen erhalten. „Das war der Moment, in dem ich Gänsehaut bekam.“
Aus der Ferne kamen Briefe voller Dankbarkeit
Für Oliver Schmidt ging der Alltag weiter. Aber schon zwei Wochen nach der Spende erhielt er einen ersten Brief - von den Eltern der Empfängerin. Worte voller Dankbarkeit, die ihn tief berührten. Wenig später schrieb auch das Mädchen selbst, das schon wieder zu Kräften gekommen war. Über die DKMS lief in den folgenden Monaten ein Briefaustausch, der Oliver Schmidt jedes Mal bewegte.

Ein Brief der damals Achtjährigen: Danke, dass du so besorgt bist. Ich nehme Schauspielunterricht und Gesangsunterricht. Ich kann es kaum erwarten, dich zu treffen, und gesundheitlich geht es mir großartig. Foto: Schmidt
Nach zwei Jahren durfte er schließlich die Daten erfragen - und stand direkt mit der Familie Katris in Kontakt. Dass sie sich irgendwann persönlich treffen würden, war für beide Seiten sofort klar. Doch die Corona-Pandemie verschob diesen Moment um Jahre.
Nach sieben Jahren standen sie sich gegenüber
Im Sommer 2025 kam dann aber endlich der Moment: Oliver Schmidt, großer USA-Fan, reiste gemeinsam mit seiner Partnerin erstmals nach Chicago. Komischerweise war er, wie er später erzählte, gar nicht so aufgeregt, sondern einfach voller Freude.
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Als Oliver Schmidt am verabredeten Treffpunkt ankam, das Restaurant betrat und Georgia zum ersten Mal gegenüberstand, begrüßten ihn ihre Eltern sofort voller Dankbarkeit und umarmten ihn bewegt. Georgia selbst wirkte anfangs noch schüchtern, doch schon nach wenigen Minuten löste sich die Zurückhaltung. Mehrere Tage verbrachten Oliver Schmidt, seine Partnerin und die Familie Katris miteinander, gingen essen, unternahmen Ausflüge, erzählten ihre Geschichten. „Ich habe irgendwann gedacht: Egal, welche Blutgruppe sie einmal hatte - jetzt hat sie meine.“
Georgia durfte inzwischen ein weitgehend normales Teenagerleben führen. Nur Alkohol und Zigaretten blieben tabu - ein kleiner Preis, wenn man bedenkt, dass ihr ohne die Spende keine Zukunft geblieben wäre.
Kein Held, nur eine Botschaft an alle
Für Oliver war klar: Er erzählte seine Geschichte nicht, um im Rampenlicht zu stehen. „Ich bin kein Held. Ich möchte einfach zeigen, wie wenig Aufwand es sein kann, das Leben eines anderen Menschen - und gleich einer ganzen Familie - zu retten.“ Schon damals, als er 2018 Stammzellen spendete, ließen sich WG-Mitbewohner, Familienmitglieder und Freunde registrieren. Viele wurden durch seine Erzählung motiviert. Und das ist es, was er sich auch heute wünscht: dass noch mehr Menschen den Schritt wagen. „Man muss nicht warten, bis es jemanden aus dem eigenen Umfeld trifft. Jede Registrierung kann die Rettung sein.“