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Stade

TIdylle in Gefahr? Ottenbecker wollen kein Gewerbe im Schutzgebiet

Anwohner aus Ottenbeck wollen nicht, dass sich auf der Rinderweide an der beliebten Spazierstrecke Gewerbebetriebe ansiedeln.

Anwohner aus Ottenbeck wollen nicht, dass sich auf der Rinderweide an der beliebten Spazierstrecke Gewerbebetriebe ansiedeln. Foto: Stehr

Um Investoren etwas bieten zu können, will die Stadt auf einer Fläche im Landschaftsschutzgebiet in Ottenbeck Gewerbeansiedlungen ermöglichen. Doch es gibt Widerstand.

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Von Lena Stehr
Dienstag, 10.06.2025, 05:50 Uhr

Stade. Galloway-Rinder grasen friedlich in der weiten Landschaft des ehemaligen Standortübungsplatzes in Stade-Ottenbeck. Sie sind die tierischen Landschaftspfleger in einem 60 Hektar großen Teilbereich des insgesamt 326 Hektar großen Landschaftsschutzgebiets Heidbeck im Bereich der Gemeinden Agathenburg, Dollern und der Hansestadt Stade.

Die Rinder halten auf den Weiden die Büsche klein, damit bodenbrütende Vögel wie Wiesenpieper und Feldlerche sowie andere seltene Tiere und Pflanzen hier überleben können. Auf dem Rad- und Wanderweg, der das Gebiet umrundet, sind Jogger, Spaziergänger und Fahrradfahrer unterwegs. Doch die Idylle ist in Gefahr.

Kein neues Gewerbe im Naherholungsgebiet

Eine etwa fünf Hektar große Fläche der Galloway-Weide, die auch vom Modellflugplatz genutzt wird, ist im Gewerbeflächenentwicklungskonzept (GEFEK) der Stadt Stade für eine mögliche Gewerbeflächenentwicklung im Umfeld von Airbus und des CFK-Valleys vorgesehen. Das treibt einige Anwohner um.

„Wir wollen unser Naherholungsgebiet so behalten, wie es ist“, sagt Maren Henning-Stüven. Sie lebt seit 2005 in Ottenbeck und ist täglich in der Natur direkt vor ihrer Haustür unterwegs. Und mit ihr viele andere Menschen nicht nur aus Ottenbeck, sagt sie. Viele kämen zum Beeren- oder Pilzesammeln oder einfach zum Joggen und Spazierengehen her.

In der offenen Weidelandschaft gibt es ein Rad- und Wanderwegenetz.

In der offenen Weidelandschaft gibt es ein Rad- und Wanderwegenetz. Foto: Stehr

In einem Schutzgebiet dürfe es keine Ausnahmen für Gewerbeansiedlungen geben, findet auch Achim Carstensen. Er ist vor 25 Jahren nach Ottenbeck gezogen und fürchtet, dass die erste Ausnahme Tür und Tor für weitere Ansiedlungen öffnen würde.

Unterstützung durch die Grünen

Gegenwind kommt wie berichtet auch von den Grünen im Rat der Stadt. Die Fraktionsvorsitzende Karin Aval hatte bereits im März beantragt, dass die Fläche im Landschaftsschutzgebiet am Julius-Leber-Weg aus dem GEFEK herausgenommen wird. Das Thema wurde damals vertagt und kürzlich im Stadtentwicklungsausschuss diskutiert.

Eine fünf Hektar große Fläche im Landschaftsschutzgebiet, auf der Galloway-Rinder weiden, könnte zur Gewerbefläche werden. Das wollen die Grünen verhindern.

Eine fünf Hektar große Fläche im Landschaftsschutzgebiet, auf der Galloway-Rinder weiden, könnte zur Gewerbefläche werden. Das wollen die Grünen verhindern. Foto: Stehr

Auch wenn das Konzept keine rechtliche Bindung habe, sei die konzeptionelle Planung eines Gewerbegebietes im Landschaftsschutzgebiet nicht akzeptabel, heißt es im Änderungsantrag der Grünen zum GEFEK. Es handele sich bei der Fläche um ein viel frequentiertes Erholungsgebiet für Menschen aus Ottenbeck, Riensförde und auch darüber hinaus. Eine Reduzierung oder Einschränkung des Gebietes und damit der Spazierwege und Naherholung sei nicht mit dem ursprünglichen Konzept „Leben und Arbeiten in Ottenbeck“ vereinbar.

Hintergrund: Auf dem ehemaligen Standortübungsplatz hat die Stadt seit 2002 als notwendige Ersatzmaßnahme für die Bebauung Ottenbecks die halboffene Weidelandschaft mit extensiver Beweidung durch Galloway-Rinder entwickelt, die weithin als erfolgreiches Naturschutzprojekt gilt. So haben sich neben Heuschrecken und Tagfaltern in Ottenbeck mehr als 450 Laufkäferarten angesiedelt, etwa 60 Arten stehen auf der Roten Liste.

Diskussion im Stadtentwicklungsausschuss

Dass die Stadt eine solche Fläche im Landschaftsschutzgebiet für Gewerbeansiedlungen freigeben wolle, stelle womöglich auch den Schutzstatus anderer Gebiete infrage, so die Sorge von Karin Aval und Thomas Rackow. Der Ottenbecker sitzt als beratendes Mitglied im Stadtentwicklungsausschuss. Aval kritisiert außerdem, dass in der Zusammenfassung des GEFEK die offenkundige Problematik des Landschaftsschutzgebietes als Potenzialfläche für gewerbliche Ansiedlungen mit keinem Wort erwähnt werde. Zu Recht erwarteten Gutachter hier „schwerwiegende Restriktionen“.

Dr. Felix Kruse und Arne Kramer von der CDU/WG-Fraktion wollen die Fläche dagegen unbedingt als potenzielle Gewerbefläche im Konzept behalten. „Wie wollen wir auf externe Entwickler und Investoren wirken? Nur von Luft und Liebe können wir uns nichts kaufen“, so Kramer. „Wir sind zu langsam. Daran sind schon mehrere Anfragen möglicher Investoren gescheitert“, ergänzte Kruse.

Der Antrag der Grünen wurde mehrheitlich abgelehnt. Das GEFEK ist noch mal Thema im Rat am 30. Juni.

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