TIhr Job bei der Stadt Stade ist einzigartig in Niedersachsen

Catherine Bartl ist seit acht Jahren Stades Mädchenpädagogin. Foto: Stehr
Dass die Hansestadt Stade eine Mädchenpädagogin beschäftigt, ist in Niedersachsen einmalig. Catherine Bartl thematisiert Tabus und weiß, warum Mädchen manchmal ungern Billard spielen.
Stade. Die wenigen Mädchen, die da sind, sitzen in der Sofaecke, viele Jungs spielen Billard, Kicker oder daddeln. So sieht es in Stades Jugendzentrum Alter Schlachthof meistens aus, wenn Jungs und Mädchen gemeinsam dort abhängen.
Wenn die Mädchen aber im offenen Mädchentreff unter sich sind, ist das Bild ein völlig anderes - die Mädchen erobern dann sofort die Jungsbereiche, berichtet Stades Mädchenpädagogin Catherine Bartl.

Zutritt nur für Mädchen: Catherine Bartl im Mädchenraum im Jugendzentrum Alter Schlachthof. Foto: Stehr
Die 46-Jährige kommt ursprünglich aus Baden-Württemberg, wo sie nach ihrem Studium auch eine Zeit lang arbeitete. Bevor sie vor acht Jahren nach Stade kam, leitete sie elf Jahre ein Jugendcafé in Neuwiedenthal. Den Job als Mädchenpädagogin hat Bartl von Claudia Naaf-Pawolka übernommen, die damals als Leiterin in die Kindertagesstätte im Altländer Viertel wechselte.
Besuch vor Ort
T Warum das Jugendcafé in Fredenbeck zur zweiten Heimat wird
Sozialausschuss
Viele Aufgaben: Apensens Jugendpfleger benötigt Hilfe
Die Stelle der Mädchenpädagogin gibt es in Stade bereits seit 25 Jahren. Die Hansestadt hat damit ein echtes Alleinstellungsmerkmal. In ganz Niedersachsen gibt es keine zweite Stadt oder Kommune, die sich eine Mädchenpädagogin leistet, sagt Bartl.
Warum ist die Mädchenarbeit so wichtig?
Dabei sei Mädchenarbeit wichtig, um Mädchen darin zu fördern, ihr Leben unabhängig von Geschlechterstereotypen zu gestalten. „Wir bieten hier deshalb einen Brave Space“, sagt Catherine Bartl. Einen Ort, an dem Mädchen brave - das englische Wort für mutig - sein und sich ausprobieren können. Ganz unbeobachtet von Jungs.

Catherine Bartl gibt auch Literatur-Tipps speziell für Mädchen. Foto: Stehr
Das werde vor allem ab einem Alter von ungefähr 13 Jahren immer wichtiger, wenn „es kippt“, so Bartl. Meist beginnt dann die Zeit, in der Mädchen von den Jungs sexualisiert, also als Sexualobjekt und nicht als ganze Person betrachtet werden. Das äußere sich zum Beispiel so, dass Mädchen sich im gemischten Jugendtreff nur noch ungern über den Billardtisch beugen, so die Mädchenpädagogin.
Austausch und Hilfe bei Konflikten aller Art
Ganz ungezwungen Billard spielen können Mädchen im offenen Mädchentreff, der immer dienstags von 15 bis 18 Uhr im Alten Schlachthof stattfindet. Natürlich können sie auch chillen, spielen, basteln oder mit den Betreuerinnen reden. Zum Beispiel über Sexualität oder die Periode - für viele immer noch absolute Tabuthemen.
Containerdorf
T Auf dem Ankerplatz in Stade tut sich was: Bauarbeiten gestartet
Auch bei Konflikten aller Art haben die Mitarbeiterinnen der Mädchenpädagogik immer ein offenes Ohr und unterstützen und beraten gerne. Zu jeder Zeit steht im Alten Schlachthof zudem ein exklusiver Mädchenraum mit eigener Toilette, bequemer Couch und allerlei Lese-, Schmink- und Bastelmaterial zur Verfügung.

In der Mädchenraum-Toilette gibt es einen bunten Schrank mit Hygieneartikeln. Das Thema Periode sei bei vielen immer noch ein Tabu, sagt Catherine Bartl. Foto: Stehr
„Einige Mädchen dürfen gar nicht ins Jugendzentrum kommen, wenn Jungs da sind“, sagt Bartl. Mädchen hätten ohnehin einen kleineren Bewegungsradius als Jungs. Sie dürfen oft im Dunkeln nicht mehr raus, würden häufig als schwach und als Opfer wahrgenommen. „Die gläserne Decke ist immer noch da. Zusammen mit den Mädchen wollen wir diese Themen ansprechen, Barrieren abbauen und Teilhabe ermöglichen“, sagt Bartl.
MINTA*: Neues Angebot für Jugendliche
Mit einem neuen Angebot wird ein weiteres großes Thema angegangen. Seit August gibt es donnerstags von 16 bis 19 Uhr im Alten Schlachthof das Gruppenangebot MINTA*. Der Name steht für Mädchen, Inter-, Trans- sowie nonbinäre und Agender-Personen.
„Im geschützten Raum können sich Jugendliche, die sich keinem Geschlecht oder nicht ihrem biologischen Geschlecht zugehörig fühlen, austauschen“, sagt Catherine Bartl.
Kontakt zu Catherine Bartl: catherine.bartl@stadt-stade.de