Stades Mädchenpädagogin stellt neues Programm vor

Die neue Mädchenpädagogin Catherine Bartl (38) setzt auf den Einsatz von Jugendleiterinnen, die eigene Projekte anbieten. Foto Beneke
Seit knapp einem Jahr gehört Sozialpädagogin Catherine Bartl zum Team der Stadtjugendpflege. Ihr Schwerpunkt ist die Mädchenarbeit. Jetzt geht sie mit einem neuen Veranstaltungsprogramm an den Start.
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Von Daniel Beneke und Anika Lange
Dass es in der kommunalen Jugendarbeit in Stade eine eigene Stelle für die Mädchenpädagogik gibt, sieht Catherine Bartl als Privileg. 1999 initiierte Gleichstellungsbeauftragte Karina Holst das Angebot, nachdem Mädchen durch die Stadt marschiert und ihr Recht eingefordert hatten. Die bisherige Mädchenpädagogin Claudia Naaf-Pawolka hatte die Position 17 Jahre lang inne, ehe sie 2016 als Leiterin in die Kindertagesstätte im Altländer Viertel wechselte.
Jetzt ist Catherine Bartl am Ruder. Ihr erster Eindruck: „Ich habe traumhafte Strukturen vorgefunden.“ Die 38-Jährige stammt aus Baden-Württemberg. „Ich bin ein Produkt der Mädchenarbeit“, sagt sie über sich selbst. Mit 14 Jahren besuchte sie in ihrer Heimat eine Mädchengruppe. In dieser Zeit reifte in ihr der Wunsch, in die Sozialarbeit zu gehen. Nach dem Studium arbeitete sie zunächst am Bodensee und ging dann nach Hamburg. Vor ihrem Wechsel nach Stade im vergangenen Jahr leitete Catherine Bartl elf Jahre lang ein Jugendcafé in Neuwiedenthal.
„Mädchenpädagogik ist kein festes Programm, das man aufklappt. Es kommt auf die Personen an, die sie tragen“, sagt Catherine Bartl, die zugleich als Stellvertreter von Jugendpfleger Marc Olszewski in die Leitung der städtischen Jugendarbeit eingebunden ist. „Man muss mit sich selbst im Reinen sein.“
Mädchen seien im öffentlichen Raum immer noch unterpräsentiert, stellt die Sozialpädagogin fest. Auch in den Jugendhäusern liege der Jungenanteil bei den Besuchern bei 75 bis 80 Prozent. Genau da möchte sie ansetzen. Ihr Ziel: Gemeinsam mit den Heranwachsenden Freiräume zu entwickeln, ihnen beim Erkennen ihrer Stärken zu helfen und ein Ansprechpartner für die privaten und schulischen Probleme der Mädchen zu sein. Sie sollen sich ausprobieren und sie selbst sein können, ohne auf vermeintlich vorgegebene Rollenbilder Rücksicht nehmen zu müssen. Dazu gehört auch, frei über alle Themen reden zu können, die ihnen unter den Nägeln brennen. Häufig gehe es um soziale Medien, sexuelle Orientierungen und Freundschaft. Catherine Bartl versteht ihre Arbeit durchaus politisch, möchte mit den Jugendlichen über Emanzipation und Diskriminierung diskutieren. Sie möchte „Beraterin und Reibungsfläche“ sein. Die Angebote der Mädchenpädagogik seien ein „Alternativmodell“ gegen Stress und Leistungsdruck: „Bei uns gibt es keine Noten.“
Die meisten Mädchen in ihren Gruppen in den Jugendhäusern im Altländer Viertel (montags von 15 bis 17 Uhr) und in Haddorf (donnerstags von 15.30 bis 18.30 Uhr) kommen als Grundschüler in die Angebote. Außerdem leitet Catherine Bartl Arbeitsgemeinschaften an den Grundschulen in Bützfleth und Wiepenkathen. Der Zuspruch sei enorm, auch von anderen Schulen sei der Wunsch einer Kooperation an sie herangetragen worden.
Ihre Arbeit ist langfristig angelegt: Die Teilnehmer haben später die Möglichkeit als Jugendleiterinnen selber Projekte zu organisieren und Verantwortung für eigene Gruppen zu übernehmen. Die Jugendleiterinnen bekommen für ihre Arbeit eine Aufwandsentschädigung. Dieses Konzept, das den Jugendlichen Wertschätzung entgegenbringt und sie zur Selbstständigkeit erzieht, weiterzuführen, liegt Catherine Bartl und ihrem Chef Marc Olszewski sehr am Herzen: „Wir haben das Geld, hier wirklich etwas zu bewegen“, sagt der Jugendpfleger.
Gemeinsam mit den Jugendleiterinnen hat die Mädchenpädagogin ein Veranstaltungsprogramm konzipiert (siehe Kasten). Ein Höhepunkt: Im April steht eine Vier-Tages-Tour nach Berlin auf dem Programm. Die Mädchen im Alter von zwölf bis sechszehn Jahren besuchen den Bundestag und lassen sich durch den Stadtteil Kreuzberg führen. Das Freizeitprogramm gestalten sie selbst mit. Für Transfer, Übernachtung und Verpflegung zahlen die Teilnehmerinnen der Reise 145 Euro.
Im Sommer möchte Catherine Bartl mit den Mädchen einen Poetry-Slam-Workshop ausrichten, ans Meer nach Cuxhaven fahren und das Trommeln auf der Cajone lernen.
Mädchenpädagogin Catherine Bartl ist in der Jugendfreizeitstätte Alter Schlachthof sowie unter der Telefonnummer 0 41 41/ 54 49 11 erreichbar.
An mehreren Terminen können sich die Mädchen ab zehn Jahren kreativ austoben. Sie nähen einen Loop-Schal und praktische Aufbewahrungssäckchen, fertigen ein Memoboard und basteln Accessoires aus Fimo. An den Freitagen 24. März, 31. März und 7. April, jeweils von 15 bis 17 Uhr, findet die Kreativwerkstatt in der Jugendfreizeitstätte Alter Schlachthof Stade. Kosten: zehn Euro.
Wie Feuer ohne Zündhölzer entfacht wird, wie aus einfachen Mitteln ein Wasserfilter entsteht und wie in kurzer Zeit ein Unterstand gebaut werden kann, erfahren die Mädchen im Alter von acht bis zwölf Jahren am Freitag, 21. April, von 9.30 bis 14.30 Uhr bei einem Ausflug in den Rüstjer Forst. Startpunkt ist die Jugendfreizeitstätte Alter Schlachthof. Kosten: fünf Euro.
Zu neuesten Hip-Hop-Rhythmen schwingen die Mädchen im Alter von neun bis zwölf Jahren an insgesamt sechs Mittwochnachmittagen die Hüften. Am 26. April, 3. Mai, 10. Mai, 17. Mai, 31. Mai und 7. Juni wird jeweils von 16 bis 17 Uhr in der Jugendfreizeitstätte Alter Schlachthof getanzt. Kosten: zehn Euro.
Ein Wochenendkursus zeigt Mädchen von zwölf bis fünfzehn Jahren, wie sie sich auf Parties sicher fühlen und gar nicht erst in gefährliche Situationen kommen. Die Referenten Frauke Schlichting und Andreas Woyth vom Jujutsu-Verband demonstrieren Handgriffe zur Selbstverteidigung. Am Sonnabend, 6. Mai, und Sonntag, 7. Mai findet der Kursus jeweils von 10 bis 16 Uhr statt. Kosten: fünf Euro.
Der Projekttag für Mädchen ab zehn Jahre beginnt mit einem Brunch. Außerdem stehen eine Runde Yoga und ein Wellnessprogramm für die Haut auf dem Programm. Die Teilnehmerinnen lernen dabei, wie sie auch im Schulalltag dem Stress schnell entkommen können. Am Freitag, 26. Mai, trifft sich die Gruppe von 10 bis 16 Uhr im Jugendhaus Haddorf. Kosten: fünf Euro.