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Jubiläum

TIhr Ziel: Den Praxisschock für Lehrer im Kreis Stade vermeiden

Studienseminare in Stade: Warum Lehrer heute anders ausgebildet werden. (Symbolbild)

Studienseminare in Stade: Warum Lehrer heute anders ausgebildet werden. (Symbolbild) Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Im Kreis Stade fehlen mehr Lehrer als irgendwo sonst in Niedersachsen. Die Studienseminare Stade wollen den Kampf gegen den Fachkräftemangel gewinnen. Wie soll das gehen?

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Von Lena Stehr
Montag, 25.08.2025, 13:50 Uhr

Stade. Für eine bessere Zukunft braucht es gute Bildung und für gute Bildung braucht es gute Lehrerinnen und Lehrer. Darüber waren sich alle einig bei der Jubiläumsfeier anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Studienseminare Stade am Dienstagvormittag im Königsmarcksaal des Stader Rathauses.

Mehr als 200 Lehrer werden aktuell in Stade ausgebildet

Durchs Festprogramm führten die drei Seminarleiter Martin Gäb (für die Gymnasien), Martin Lüders (für die Berufsbildenden Schulen) und Mathias Lauterjung (für die Grund-, Haupt- und Realschulen). Alle drei bilden gemeinsam mit ihren Teams aktuell mitten in Stade mehr als 200 angehende Lehrkräfte aus, weitgehend unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit.

Bilden aktuell mehr als 200 angehende Lehrkräfte in Stade aus (von links): Martin Gäb (Gymnasien), Andrea Hotsch und Mathias Lauterjung (Grund-, Haupt und Realschulen) sowie Martin Lüders (Berufsbildende Schulen).

Bilden aktuell mehr als 200 angehende Lehrkräfte in Stade aus (von links): Martin Gäb (Gymnasien), Andrea Hotsch und Mathias Lauterjung (Grund-, Haupt und Realschulen) sowie Martin Lüders (Berufsbildende Schulen). Foto: Stehr

Dabei liegt das denkmalgeschützte Carl-Diercke-Haus - der Standort der drei Studienseminare - ganz zentral in direkter Nachbarschaft des Stader Bahnhofs. Hier entwickelte der Pädagoge und Kartograf Carl Diercke den bekannten Diercke-Schulatlas. Diercke lebte von 1873 bis 1885 mit seiner Familie in Stade und leitete das Stader Lehrerseminar.

Die Studienseminare Stade in ihrer jetzigen Form wurden 1975 aufgrund eines gravierenden Lehrkräftemangels gegründet. Die Gymnasien standen damals vor dem Kollaps, so die stellvertretende Stader Bürgermeisterin Melanie Reinecke.

An vielen Schulen habe damals weder Deutsch- noch Fremdsprachenunterricht stattgefunden. In den 1980er Jahren wiederum seien viele ausgebildete Lehrkräfte in die Arbeitslosigkeit entlassen worden, weil es plötzlich zu viele von ihnen gab.

Im Hinblick auf den aktuellen Lehrkräftemangel seien die Studienseminare Stade unerlässlich für die Region und müssten weiter gestärkt werden, betonte Landrat Kai Seefried. Das steht auch in der Kooperationsvereinbarung, die Seefried kürzlich mit Kultusministerin Julia Willie Hamburg und Landrat Thorsten Krüger aus Cuxhaven unterzeichnet hat (das TAGEBLATT berichtete). Die Unterrichtsversorgung im Landkreis Stade lag zuletzt bei 90,9 Prozent. Nirgendwo in Niedersachsen fehlen mehr Lehrkräfte.

Zahlreiche Gäste feierten im Königsmarcksaal im Stader Rathaus das 50-jährige Jubiläum der drei Studienseminare Stade.

Zahlreiche Gäste feierten im Königsmarcksaal im Stader Rathaus das 50-jährige Jubiläum der drei Studienseminare Stade. Foto: Stehr

Um die Standorte der Studienseminare Cuxhaven und Stade, die vor allem mit der großen Hansestadt Hamburg konkurrieren, als Arbeits- und Lebensraum attraktiver zu gestalten, soll das zuständige Landesamt Lüneburg mit den Leitungen der Studienseminare kooperieren. Unter anderem, um einen vertiefenden Schwerpunkt Digitalisierung und insbesondere KI in der Lehrerbildung vor Ort zu etablieren.

Außerdem wollen die Landkreise Stade und Cuxhaven eine Willkommenskultur für Lehrkräfte schaffen. Denkbar wäre unter anderem die Unterstützung bei der Wohnungs- und Kitaplatzsuche sowie bei der Arbeitsplatzsuche von Partnerinnen und Partnern. Auch zusätzliche Coaching- und Beratungsangebote sind angedacht.

Mehr Coaching und Begleitung für Referendare

Wie wichtig personenbezogenes Coaching in der Lehrkräfteausbildung ist, machte Festrednerin Carola Junghans von der Uni Oldenburg deutlich. Anstatt den angehenden Lehrkräften möglichst viel Wissen zu vermitteln, sollte deren Persönlichkeit so geformt werden, dass sie mit den vielen neuen Herausforderungen des Berufs - von Digitalisierung über Inklusion bis zu gesellschaftlichen Veränderungen - umzugehen wissen, so Junghans.

Angehende Lehrkräfte müssen individuell begleitet und beraten werden, sagt Carola Junghans von der Uni Oldenburg.

Angehende Lehrkräfte müssen individuell begleitet und beraten werden, sagt Carola Junghans von der Uni Oldenburg. Foto: Stehr

Die Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst müssten auf ihrem Weg noch stärker begleitet und beraten werden, um den sogenannten Praxisschock zu vermeiden. Eine Studie der Bildungsgewerkschaft GEW aus dem Jahr 2023 hatte gezeigt, dass viele Studierende im Referendariat diesen Praxisschock erleben, wenn sie nach dem Studium in die Ausbildung starten. Nur knapp die Hälfte der Befragten konnte sich vorstellen, bis zur Rente als Lehrkraft zu arbeiten.

Führten durch das Festprogramm: die Seminarleiter (von links) Martin Gäb, Martin Lüders und Mathias Lauterjung.

Führten durch das Festprogramm: die Seminarleiter (von links) Martin Gäb, Martin Lüders und Mathias Lauterjung. Foto: Stehr

An den Studienseminaren in Stade stehe die persönliche Entwicklung der angehenden Lehrkräfte ohnehin schon im Fokus. „Die Zeiten des reinen Durchziehens von Stoff sind lange vorbei“, so Martin Lüders. Das Bildungssystem habe aber seine Grenzen, ergänzt Mathias Lauterjung. Es brauche mehr Mut, Dinge neu und anders zu denken, statt in alten Strukturen zu verharren. Jetzt gehe es darum, die Kooperationsvereinbarung mit Leben zu füllen, sagt Martin Gäb.

Studienseminare in Stade: Warum Lehrer heute anders ausgebildet werden. (Symbolbild)

Studienseminare in Stade: Warum Lehrer heute anders ausgebildet werden. (Symbolbild) Foto: Julian Stratenschulte/dpa

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