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Auf dem Weg nach Cuxhaven

TIm Zug vor Mädchen entblößt: Was geht in solchen Menschen vor?

Blickt man auf die Meldungen der vergangenen Monate, so scheinen sich die Fälle von exhibitionistischen Handlungen in Bahnen in Norddeutschland zu häufen.

Blickt man auf die Meldungen der vergangenen Monate, so scheinen sich die Fälle von exhibitionistischen Handlungen in Bahnen in Norddeutschland zu häufen. Foto: ChatGPT (maschinell erstellt)

Ein Mann öffnet im Zug zwischen Hamburg und Cuxhaven seine Hose und entblößt sich vor einem 13-jährigen Mädchen. Was geht in solchen Menschen vor?

Von Christian Mangels Donnerstag, 07.08.2025, 05:50 Uhr

Cuxhaven. Dieser Vorfall hat viele Menschen schockiert: Ein Mann soll auf einer Zugfahrt nach Cuxhaven am Montagabend eine 13-Jährige belästigt haben.

Der Unbekannte ist nach Aussage des Mädchens in Cadenberge in den Zug eingestiegen. Er hat in der Nähe des Mädchens Platz genommen und sein Geschlechtsteil entblößt. Die Bundespolizei hat Ermittlungen eingeleitet und sucht nach Zeugen.

Immer wieder Exhibitionisten in der Region

Blickt man auf die Meldungen der vergangenen Monate, so scheinen sich die Fälle von exhibitionistischen Handlungen in Bahnen in Norddeutschland zu häufen.

Nur einige Vorfälle: Am 29. Juli nahm die Bundespolizei einen 40-jährigen Mann fest, der in einem Regionalzug auf der Fahrt von Bargteheide zum Hamburger Hauptbahnhof eine 18-jährige Frau sexuell belästigt hatte.

Einige Tage zuvor war es in einem Regionalzug zwischen Itzehoe und Hamburg-Altona zu einer exhibitionistischen Handlung gekommen - ein polizeibekannter Mann entblößte sich vor einer 28-jährigen Frau.

Mitte Juni hatte die Bremer Bundespolizei einen 17-Jährigen vorübergehend in Gewahrsam genommen, der während der Fahrt im Metronom mit heruntergelassener Hose an seinem Geschlechtsteil gespielt hatte.

Aufklärungsquote liegt zwischen 60 und 90 Prozent

Im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Oldenburg werden laut Pressestelle jährlich durchschnittlich rund 120 exhibitionistische Handlungen nach Paragraf 176a (exhibitionistische Handlungen vor Kindern) und Paragraf 183 (exhibitionistische Handlungen) registriert.

„Die Aufklärungsquote liegt in diesen Deliktsbereichen jeweils zwischen 60 und knapp 90 Prozent“, sagt Pressesprecher Stephan Klatte. Laut der Polizei geht von Exhibitionisten „keine allgemeine Gefährdungslage“ aus. „Es handelt sich um vereinzelte Vorfälle“, so Klatte.

Prof. Dr. Lothar Wittmann blickt auf eine langjährige Praxistätigkeit als Psychotherapeut in Otterndorf und Hamburg zurück.

Prof. Dr. Lothar Wittmann blickt auf eine langjährige Praxistätigkeit als Psychotherapeut in Otterndorf und Hamburg zurück. Foto: CN/NEZ-Archiv

Zu welchem Verhalten aber rät die Polizei, wenn Menschen mit einem Exhibitionisten in Kontakt kommen? „Grundsätzlich sollte man sich selbst nicht in Gefahr bringen, sich von der Person fernhalten und umgehend die Polizei verständigen“, erklärt der Pressesprecher.

Damit die Polizei den Exhibitionisten ergreifen und die Personalien feststellen kann, sei es hilfreich, wenn so viele Hinweise auf die Person wie möglich, etwa zu Aussehen, Bekleidung und Aufenthaltsort, abgegeben werden können.

„Die Person sollte jedoch nicht zusätzlich provoziert werden, um keine vermeidbare Gefahr herbeizuführen.“

Prof. Dr. Lothar Wittmann ist Psychotherapeut in Otterndorf und Hamburg und hat in seiner langjährigen Praxistätigkeit schon einige Exhibitionisten behandelt.

Was die Täter empfinden

„Die Täter finden sexuelle Befriedigung im Zuschaustellen ihres Geschlechtsteiles, manche nehmen auch sexuelle Handlungen an sich vor“, erklärt der frühere Präsident der Psychotherapeutenkammer Niedersachsen. „Sie brauchen dazu ein Gegenüber, bei dem sie Erschrecken oder Ekel auslösen können.“

Dies sei ein wichtiger Teil der erfahrenen Befriedigung. Die Bahn als Ort für exhibitionistische Handlungen ist laut Wittmann durchaus typisch, „wie jeder öffentliche Ort, an dem Mädchen und Frauen streckenweise allein sind“.

Eine Gefahr gehe von den Exhibitionisten aber nicht aus: „Sie sind in der Regel harmlos, meist unbewaffnet und keine Vergewaltiger.“ Wittmann habe aber auch schon Ausnahmen kennengelernt. „Ganz sicher fühlen darf man sich nie.“

Hilft Therapie?

Und wie werden Exhibitionisten idealerweise behandelt? „In einer Psychotherapie wird zuerst die Selbstunsicherheit bearbeitet und Wert darauf gelegt, dass der potenzielle Täter die Entwicklung des Dranges genauer kennt, um angemessenes Datingverhalten zu lernen, Stressabbau auf gesunde Weise betreiben zu können und bestimmte Orte zu meiden“, erläutert Lothar Wittmann.

Es sei darüber hinaus wichtig, die Opferperspektive zu vermitteln, „weil auch eine gewisse Empathie und Scham bremsend wirken können“.

Problematisch sei in Psychotherapien, wenn die Täter eine gerichtliche Behandlungsauflage haben und eine echte Eigenmotivation erst erarbeitet werden müsse. „Dennoch kann in Psychotherapien mehr erreicht werden als durch Bestrafung allein.“

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