TInfektionen nach Piercing im Kreis Cuxhaven: Jetzt reagiert das Tattoostudio

Tattoos und Piercings sind beliebt und in der Regel kein Problem (Symbolfoto), aber ein gewisses Grundrisiko besteht immer, etwa durch Infektionen oder allergische Reaktionen. Foto: dpa/Karakurt
Mehrere Menschen landen im Krankenhaus: Im Kreis Cuxhaven machen Berichte über mögliche Hygienemängel in einem Tattoo- und Piercingstudio die Runde. Jetzt äußert sich der Betrieb zu den Vorwürfen.
Landkreis Cuxhaven. Ein Tattoo- und Piercingstudio im Kreis Cuxhaven sieht sich heftigen Vorwürfen ausgesetzt. Mehrere Kundinnen und Kunden sprechen von gravierenden Hygienemängeln. „Das grenzt wirklich an Körperverletzung, was hier betrieben wird“, meint eine Bewohnerin des Landkreises Cuxhaven.
Nach Recherchen der „Cuxhavener Nachrichten“ mussten mindestens vier Personen nach dem Stechen eines sogenannten Helix-Piercings im Klinikum Reinkenheide in Bremerhaven behandelt werden. Sie alle haben sich in dem Tattoo- und Piercingstudio mit dem Bakterium Pseudomonas aeruginosa infiziert. Es handelt sich um ein gefährliches und widerstandsfähiges Bakterium, das gegen viele Antibiotika resistent ist. „Im Extremfall kann es sogar tödlich enden“, sagt eine der Betroffenen im Gespräch mit den „Cuxhavener Nachrichten“. Das Klinikum Reinkenheide wollte sich „aus Gründen der ärztlichen Schweigepflicht“ zu den Piercing-Behandlungsfällen und den Patientenzahlen bislang nicht äußern.
Momentan werden keine Piercings mehr gestochen
In den sozialen Medien hat sich das Tattoo- und Piercingstudio jetzt zu den Vorwürfen geäußert. Aus „technischen und hygienischen Gründen“ habe man den Piercing-Service vorübergehend eingestellt. „Wir entschuldigen uns für die Unannehmlichkeiten“, teilt das Studio mit. Der Betreiber betont, dass er eng mit dem Gesundheitsamt des Landkreises Cuxhaven zusammenarbeitet. Mitarbeiter des Amtes seien zur Untersuchung und Analyse ins Geschäft gekommen. „Ich bin gespannt auf die Laborergebnisse“, so der Geschäftsinhaber. Er vermutet, dass die Grippeerkrankung einer Mitarbeiterin Ursache für die Infektionen gewesen sein könnte. Diese Ansicht wird von Experten jedoch bezweifelt.
Tätowierer bestand auf einen Termin am nächsten Tag
Nach dem Bekanntwerden der Infektionen hat sich eine weitere ehemalige Kundin des Tattoo- und Piercingstudios gemeldet. Die heute 26-Jährige wollte sich 2021 in dem Geschäft ein großformatiges La-Catrina-Tattoo auf den Oberschenkel stechen lassen. Wegen zu großer Schmerzen wurde die Sitzung nach fünfeinhalb Stunden abgebrochen. „Ich wollte in vier Wochen wiederkommen, doch der Tätowierer bestand darauf, den Termin am nächsten Tag fortzuführen“, berichtet die Cuxhavenerin. Sie erhielt eine Betäubungscreme, die sie am nächsten Morgen auftragen sollte. „Es war mein erstes großes Tattoo und ich wusste noch nicht, was man darf und was man nicht darf“, gibt die junge Frau zu.
Mit Bakterium infiziert
T Nach Piercing-Studio-Besuch: Mehrere Menschen müssen ins Krankenhaus
Die zweite Sitzung glich einem Fiasko: Weil sie die Augen geschlossen hatte und zur Beruhigung ein Hörspiel anhörte, merkte die Cuxhavenerin zunächst nicht, dass es Probleme mit der aufgeschwemmten Haut gab. „Als ich die Augen dann öffnete, sah ich sofort, wie er meine Haut wegwischte“, erzählt die 26-Jährige. In den nächsten Tagen konnte sie sich kaum bewegen. Auf Anraten ihres Hausarztes kam sie ins Otterndorfer Krankenhaus. Dort wurde eine Blutvergiftung festgestellt. Offenbar waren beim Tätowieren Bakterien in die Haut gelangt.
Die Cuxhavenerin hält das Tattoo- und Piercingstudio für unseriös und rät von einem Besuch ab. Dem gegenüber stehen eine ganze Reihe von zufriedenen Kundinnen und Kunden, die dem Studio im Netz Zuspruch übermitteln.
Wie erkennt man ein gutes, seriöses Tattoo-Studio?
„Professionelle Tätowierer sollten Kunden vor dem ersten Stich ausführlich mündlich und schriftlich über mögliche Risiken, Komplikationen, Allergien und Tattoo-Wundpflege informieren“, sagt die Verbraucherzentrale. Für Schwangere oder Patienten, die Antibiotika oder immunschwächende Medikamente einnehmen, sei die Tattoo-Prozedur aufgrund des Infektionsrisikos ungeeignet.
Bei Herzerkrankungen, Diabetes oder Blutgerinnungsstörungen sei ebenfalls von einer Tätowierung abzuraten. Und: „Der Körperschmuck sollte von einem Experten aufgetragen werden, der penibel auf Sauberkeit achtet“, so die Verbraucherzentrale. Denn bei unsachgemäßen Nadelstichen sei die Entzündungs- und Verletzungsgefahr groß.