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Krise

TInsolvenz: Bauunternehmen aus der Region ist nicht mehr zu retten

Blick auf die verhüllte Hausfassade des Gebäudes der Hafenstraße 42. Foto: Hartmann

Blick auf die verhüllte Hausfassade des Gebäudes der Hafenstraße 42. Foto: Hartmann Foto: aha

Das Insolvenzverfahren gegen A & A Bau aus Bremerhaven ist eröffnet worden. Das Unternehmen soll zerschlagen werden. Was das für Bauherren, Lieferanten und Mitarbeiter bedeutet.

Von Maike Wessolowski Samstag, 06.04.2024, 12:05 Uhr

Bremerhaven. Das Bremerhavener Unternehmen A & A Bau GmbH wird es bald nicht mehr geben. Schon vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor drei Tagen stand fest, dass das Unternehmen derart in Schieflage geraten ist, dass es weder gerettet noch verkauft werden kann. Jetzt geht es für den Insolvenzverwalter um Schadensbegrenzung. Wir haben mit unterschiedlichen Quellen und Fachleuten gesprochen und die wichtigsten Fragen zusammengefasst.

Worum geht es?

Rückblick: Mitte Februar hat das Unternehmen A & A Bau einen Antrag auf Insolvenz gestellt. Geschäftsführer waren zuletzt der Unternehmensgründer und Maurer Alexander Riede, zwischendurch auch seine Frau Tatjana.

Nach Antragstellung wird vom Gericht geprüft, ob das Unternehmen tatsächlich zahlungsunfähig ist oder droht, es zu werden. Eine Überschuldung ist der dritte Grund, bei dem ein Verfahren eingeleitet werden kann.

Was passiert dann?

Ein vorläufiger Insolvenzverwalter wird bestellt. Drei Monate lange beziehen die Mitarbeiter Insolvenzgeld. Ein vorläufiger Insolvenzverwalter versucht in dieser Phase, so viel Masse – also Geld und Güter – zu sichern wie möglich. Es gilt, offene Projekte abzuschließen, damit Geld ins Unternehmen fließt. Zudem gibt er ein erstes Gutachten ab.

Und im konkreten Fall?

Am 1. April hat das Insolvenzgericht Bremerhaven das Insolvenzverfahren über das Vermögen der A & A Bau GmbH (vormals A & A Grundstücks-Vertriebsgesellschaft mbH) eröffnet. Es hat den in Bauinsolvenzverfahren erfahrenen Hamburger Rechtsanwalt und Steuerberater Dr. Hendrik Heerma aus der auf Restrukturierung und Insolvenzverwaltung spezialisierten Sozietät FRH Fink Rinckens Heerma zum Insolvenzverwalter bestellt.

Im Porträt: Dr. Hendrik Heerma, Rechtsanwalt, Steuerberater und Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht. Foto: Hartmann

Im Porträt: Dr. Hendrik Heerma, Rechtsanwalt, Steuerberater und Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht. Foto: Hartmann Foto: aha

Ist das automatisch das Aus für die Firma?

Eine Insolvenz muss nicht zwangsläufig im Untergang der Firma enden. Insbesondere Heerma hat sich einen Namen gemacht, in dem er auch in Bremerhaven viele ins Strudeln geratene Unternehmen wieder auf Kurs gebracht hat. Doch bei A & A Bau klappte das nicht.

Warum kann A & A Bau nicht gerettet werden?

Dazu sagt der Insolvenzverwalter: „Die volkswirtschaftliche Krise im Bausektor und das fortgeschrittene Krisenstadium des Unternehmens bei Insolvenzantragstellung, haben leider dazu geführt, dass wir nicht genug Schwungmasse vorgefunden haben, um als Insolvenzverwalter – so wie gerne und oft praktiziert – aus eigener Kraft Bauwerke beenden zu können“, sagt Dr. Hendrik Heerma.

Was bedeutet „volkswirtschaftliche Krise im Bausektor“?

Ein Bauherr beauftragt einen Bauunternehmer mit dem Bau, doch der kauft seinerseits wieder Leistungen bei Lieferanten und Subunternehmern ein. Oft wurden Fixpreise ausgemacht. Dann muss das Bauunternehmen bei Preissteigerung die Differenz bezahlen.

Die Preise sind explodiert. Schulden wurden gemacht. Kann das Unternehmen nicht zahlen, bekommt es weder Waren noch Leistung der Subunternehmer, um den Auftrag zu vollenden. Neues Geld kommt nicht rein. Dann kann es zum Bauverzug kommen, das wird meist kostenintensiv. Denn in aller Regel haben Banken mit Krediten das Projekt vorfinanziert. Der Bauherr macht seine Ansprüche geltend und das setzt eine Spirale in Gang, die sich kaum aufhalten lässt.

Wer sind im konkreten Fall die Gläubiger?

In erster Linie Lieferanten und Banken.

Und wie wurde nun entschieden?

Dazu sagt der Insolvenzverwalter: „In enger Abstimmung mit dem Gläubigerausschuss und dem Insolvenzgericht wurde der Geschäftsbetrieb deshalb noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens stillgelegt.“

Was macht der Insolvenzverwalter jetzt?

Er versucht, den Schaden einzugrenzen. Heerma wörtlich: „Seitdem verhindern wir Folgeschäden, indem wir unter Einbeziehung der beteiligten Banken und Bauherren die nötigen Maßnahmen ergreifen, damit die Bauwerke durch Dritte fertiggestellt werden können.“

Bei der „Nordsee-Zeitung“ haben sich Bauherren gemeldet, die noch Ansprüche geltend machen wollen und unter anderem Baumängel beklagen. Was passiert mit diesen Fällen?

Konkret gibt es keine Stellungnahme zu Einzelfällen. Auch wie viele Projekte und Baustellen man überhaupt prüfen muss, wird nicht gesagt. Solche Informationen hält der Insolvenzverwalter im Sinne der Gläubiger unter Verschluss.

Nach Recherchen der „Nordsee-Zeitung“ gibt es wenige Projekte in Bremerhaven, aber mehrere im niedersächsischen Umland bis Bremen.

Grundsätzlich machen solche Gemengelagen ein Insolvenzverfahren im Baubereich so komplex. Jeder einzelne Anspruch muss geprüft werden. Ist er berechtigt oder nicht? Liegt die Schuld beim Unternehmen oder ist es ein Planungsfehler oder gibt es Drittschuldner? Wie einigt man sich? Ein Insolvenzverwalter muss viele Gespräche führen, verhandeln, vermitteln.

Was passiert mit den Beschäftigten?

Den 103 Beschäftigten wurde zum 31. März gekündigt. Einen Betriebsrat oder eine gewerkschaftliche Vertretung gab es nicht. Es handelt sich um Facharbeiter und angelernte Bauhelfer. Angesichts der Lage auf dem Arbeitsmarkt dürften sie problemlos eine neue Anstellung finden.

Auch, weil der Insolvenzverwalter weiter versucht, durch Verhandlungen mit den Gläubigern und Beauftragung anderer Bauunternehmen, die Baustellen fertigzustellen.

Könnten weitere Unternehmen betroffen sein?

Dazu äußert sich der Insolvenzverwalter nicht. Laut des Online-Wirtschaftsdatenanalysten North-Data sind Alexander und Tatjana Riede Geschäftsführer weiterer, branchenähnlicher Firmen wie RiMa Baumanagement, Borgfeld Invest, A & A Haustechnik, Nordlicht Verwaltung und Nordlicht Personaldienstleister.

Ein Gerüstbau-Unternehmen, an dem Riede beteiligt war, wurde laut Wirtschaftsauskunft Creditreform 2023 nach einer Insolvenz aufgelöst.

Grundsätzlich überprüfen Insolvenzverwalter solche Verbindungen genau, sie prüfen, ob es Liefer- und Leistungsbeziehungen gibt. Für die rechtliche Prüfung hat der Verwalter mehrere Jahre Zeit.

Im November 2023 ist überraschend die Whitefield-Gruppe in das damals laut Analysten schon schwer angeschlagene Unternehmen eingestiegen. Was ist davon zu halten?

Auch dazu äußert sich niemand. Diese Phase der Unternehmens-Historie wird der Insolvenzverwalter wohl genau unter die Lupe nehmen, immer im Sinne der Gläubiger.

Whitefield hat im November 2023 die mehrheitliche Übernahme verkündet und ist Ende Januar 2024 wieder bei A & A Bau ausgestiegen. Kurz danach folgte der Insolvenzantrag.

Fach-Medien wie das „Handelsblatt“ und die „Immobilien-Zeitung“ erkennen ein Muster: Whitefield hat mit dem Wohnungsinvestor Omega sowie dem Immobilienunternehmen Harfid aus Essen und A & A Bau aus Bremerhaven drei Unternehmen übernommen, die wenige Monate danach Insolvenz angemeldet haben.

Im Zuge der Verfahren bei Omega und Harfid wird laut Immobilien-Zeitung geprüft, ob zuvor Immobilien auf Whitefield übertragen wurden.

Dessen Kopf Aydin Tasci wurde nach „Handelsblatt“-Recherchen im Januar 2023 vom Amtsgericht Leipzig wegen Insolvenzverschleppung der „ AyCo hyp Capital“ verurteilt. In einem Fernsehbericht deckt das Polit-Magazin Panorama fragwürdige Praktiken des Unternehmens auf.

Wie lange dauert das Insolvenzverfahren bei A & A Bau?

Operativ wird das Unternehmen in drei bis sechs Monaten abgewickelt sein. Dazu hat der Insolvenzverwalter ein kleines Team an Mitarbeitern aufgestellt. Die rechtliche Abwicklung kann viele Jahre in Anspruch nehmen.

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