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Gastronomie

TJägers Rast in Schwinge: Zwischen Event-Location und Lost Place

Auf dem Saal von Familie Wilkens wurde kräftig gefeiert und getanzt. Veranstaltungen wie Kinderfasching finden auch heute noch statt.

Auf dem Saal von Familie Wilkens wurde kräftig gefeiert und getanzt. Veranstaltungen wie Kinderfasching finden auch heute noch statt. Foto: Bisping

Abreißen oder erhalten? Bei der Ex-Gaststätte Jägers Rast in Schwinge spielt Nostalgie eine große Rolle. Rundgang durch ein Gebäude mit Glanz und Gruselfaktor.

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Von Alexandra Bisping
Donnerstag, 03.04.2025, 07:05 Uhr

Fredenbeck. Auf einem Schild über der Eingangstür steht wieder der alte Name: Jägers Rast. „Für mich hieß es immer so“, sagt Matthias Hartlef. Fredenbecks Samtgemeindebürgermeister wohnt schon lange in Schwinge. Als Teenager war der gebürtige Stader Gast im Jägers Rast, sonntags war immer Disco. „Hier war die Hölle los“, sagt er.

Da stecken jede Menge Erinnerungen drin: Im Jägers Rast in Schwinge hat Samtgemeindebürgermeister Matthias Hartlef einiges erlebt.

Da stecken jede Menge Erinnerungen drin: Im Jägers Rast in Schwinge hat Samtgemeindebürgermeister Matthias Hartlef einiges erlebt. Foto: Bisping

Das Gebäude, dessen Baujahr nicht genau bekannt ist, hat viel mitgemacht. Betreiber Ludolf Wilkens ließ 1982 eine Gaststätte und eine Kegelbahn anbauen, 1985 dann ein Saalgebäude - inzwischen führte Sohn Lütje den Betrieb. 2013 übernahm Teng Eng Low, aus Jägers Rast wurde die Asia-Gastronomie China Garten - bis 2022.

Alles im Saal ist sauber und für Events eingerichtet

Seitdem gehört der Samtgemeinde das langgezogene Gebäude, in dem jahrzehntelang gefeiert, getanzt und gespeist wurde. Auch Hartlef hat hier 2004 zu seiner Hochzeit mit knapp 200 Gästen das Tanzbein geschwungen. „Man ist emotional damit verbunden“, sagt er.

Hartlef steht im Saal. Dort verströmt ein riesiges asiatisches Wandgemälde noch den Charme früherer Restaurant-Tage. Ansonsten ist der große Raum leer und sauber. Zwei Theken - eine für den Getränkeausschank und eine für das Essen - belegen eine Wand. An einer großen Fensterfront stehen Stühle und Tische.

Für Veranstaltungen gerüstet: Tische und Stühle gibt es im Jägers Rast noch reichlich.

Für Veranstaltungen gerüstet: Tische und Stühle gibt es im Jägers Rast noch reichlich. Foto: Bisping

Doch im Erdgeschoss wartet noch eine andere Welt: Eine Tür führt zur ehemaligen Sektbar, einem grottenähnlichen Raum mit Tresen. Der Tag, als das letzte Glas Sekt hier serviert wurde, dürfte lange her sein. Diverse Gegenstände wurden hier geparkt. „Der Raum war mal richtig voll“, sagt Hartlef.

Der Raum mit der einstigen Sektbar dient als Abstellfläche.

Der Raum mit der einstigen Sektbar dient als Abstellfläche. Foto: Bisping

Nach dem Kauf des Hauses habe er mindestens zehn Samstage im Jägers Rast verbracht, erzählt er. Vieles aus dem Gebäude, Tische, Stühle und Ähnliches, seien in den Besitz gemeinnütziger Institutionen übergegangen.

Das Haus mit seinen Anbauten wirkt unübersichtlich. Mit allem Drumherum beträgt die Gesamtfläche 4297 Quadratmeter - inklusive Parkplatz gegenüber, dort können Gäste auf 1875 Quadratmetern parken.

Ein Albtraum aus Schmutz und altem Fett

Hinter der nächsten Tür im Erdgeschoss lauert ein Albtraum aus schmieriger Industrieküche, die Wände schmutzig, an den Herdwänden klebt getrocknetes Fett. „Besser nichts anfassen“, rät der Samtgemeindebürgermeister.

In der ehemaligen Küche will wohl niemand mehr kochen.

In der ehemaligen Küche will wohl niemand mehr kochen. Foto: Bisping

Eine Treppe führt nach oben. Dort im ersten Stock kommt ein plötzliches Lost-Place-Gefühl auf. Seit mindestens 2022 dürften die fünf Fremdenzimmer leer stehen. Sie wurden zuletzt von Mitarbeitern des Asia-Restaurants bewohnt.

Bei einem Blick aus dem Fenster sagt Hartlef: „Das Gebäude liegt zentral, da drüben ist der Sportverein. Es war sofort klar, dass ich mich bemühe, es zu kaufen.“ Bis zum Herbst 2022 gehörte der Gebäudekomplex der GVG II Immobilien GmbH aus Ingolstadt. Die Samtgemeinde hatte ihn gekauft, um eine Feuerwehr darin zu errichten. Für die Schwinger Kameraden am Forstkampsweg wird es nämlich räumlich eng. Auch für den angrenzenden Kindergarten, der dann das jetzige Gebäude der Feuerwehr nutzen könnte.

Den Kaufpreis verrät Hartlef nicht, nur so viel: „Wir haben ein gutes Geschäft gemacht.“ Von den Fremdenzimmern aus führt eine weitere Tür in die ehemalige Wohnung von Lütje Wilkens. Die zahlreichen Zimmer, alle ungenutzt, lassen fast das Herz bluten.

Ein paar alte Möbel stehen noch drin. „Wir hatten kurz überlegt, die Räume während der Flüchtlingskrise zu nutzen“, sagt Hartlef. „Aber allein aus Brandschutzgründen ging das schon nicht.“

Aus dem Obergeschoss führt eine Treppe auf den Dachboden. Er ist nicht isoliert, ungemütlich und vollgerümpelt, elektrische Leitungen liegen herum.

Gang in den Keller? Nicht zu empfehlen

Zurück im Erdgeschoss. Vor einer Eisentür baumelt ein Absperrband der Polizei. „Die haben hier Geiselnahme geübt und das Band dort befestigt, damit keiner runtergeht“, sagt Hartlef. Ein Blick zeigt: zurecht. Hinter der Tür verbirgt sich ein schier endloser Abgrund ins Nichts. Felssteine und Sand wären dort, sagt Hartlef. Ein Abstieg in den Keller sei nicht empfehlenswert.

Hoher Gruselfaktor: Die Begehung in diesen Keller ist untersagt.

Hoher Gruselfaktor: Die Begehung in diesen Keller ist untersagt. Foto: Bisping

Weitere Räume liegen brach: der mit der halben Kegelbahn, die zur Hälfte auf dem Nachbargrundstück liegt und durch eine Mauer gekappt wurde. Der Blaue Salon, in dem nichts blau ist, der aber deutliche Altersspuren aufweist.

In die Jahre gekommen: der sogenannte Blaue Salon.

In die Jahre gekommen: der sogenannte Blaue Salon. Foto: Bisping

Derzeit füllen Vereine und Institutionen wie die Feuerwehr, ihr Förderverein, die Geest Marketing, der Schwinger SC, die Schwinger Landfrauen und weitere Jägers Rast mit Leben. Sie haben einen Nutzungsvertrag abgeschlossen.

Ideen für die Zukunft gibt es, sagt Hartlef. Zum Beispiel, das Gebäude zu teilen und die eine Hälfte wegzureißen. Sein Vorschlag: ein Multifunktionshaus wie in Deinste zu errichten, eine Kombi aus Feuerwehr und Dorfgemeinschaftshaus. Doch bei allen Projekten der Samtgemeinde ist die Feuerwehr Schwinge wohl nicht vor 2030 dran.

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