TJahrelanger Glockenstreit: Genervter Anwohner verklagt Kirche

Einem Mann aus Bad Bederkesa war das Geläut der Kirchenglocken zu laut. Er zog vor Gericht (Symbolbild). Foto: Andrea Piacquadio / pexels
Was für den einen ein willkommener Klang ist, stößt anderen auf: Eine Klage wegen des Glockengeläuts landete vor Gericht in Stade. Für die Landeskirche Hannover ein bislang einmaliger Vorgang.
Stade. Die Glocken der St.-Jakobi-Kirche in Bad Bederkesa sind Stein des Anstoßes: Für Laszlo Kreisz ist der Klang zu laut, das Läuten zu häufig. Der Eigentümer einer Wohnung an der Mattenburger Straße direkt im Ortskern klagt deshalb gegen die Kirchengemeinde.
Der Konflikt ist über die Jahre eskaliert: Eine Klage wegen zu lauten Glockenschlags ist einmalig in der Landeskirche Hannover. 47 Kirchenkreise sind unter dem Dach der Landeskirche organisiert. „Derzeit ist nach unserer Kenntnis nur die Klage gegen das Glockengeläut in Bad Bederkesa anhängig“, sagt Pressesprecher Benjamin Simon-Hinkelmann.
Landeskirche: Beschwerden werden meist vor Ort geklärt
Mit der Lautstärke von Kirchenglocken muss sich die Landeskirche selten beschäftigen. „Es gibt hin und wieder Beschwerden wegen Glockengeläuts“, teilt Simon Hinkelmann mit. Sich einschalten muss die Landeskirche in der Regel nicht, denn: „In den meisten Fällen lassen sich diese Unstimmigkeiten aber bereits vor Ort klären.“ Die Landeskirche weiß von weniger als zehn Fällen in den vergangenen zehn Jahren.
Der Konflikt gärt schon seit mehreren Jahren. Acht bis zehn Mieter und Eigentümer hatten sich in Gesprächen mit Kirchenvertretern auseinandergesetzt. Das Ergebnis war, dass die Kirche auf das Nachtläuten verzichtet hat. Seitdem erklingt die Glocke ab 6 Uhr in der Früh. Dies war für Kreisz nicht zufriedenstellend. Er reichte vor vier Jahren alleine Klage ein.
Unabhängiger Sachverständiger soll nun die Lautstärke überprüfen
Nachdem es in den vergangenen zwei Jahren ruhig geblieben war, wurde nun im November ein Vorschlag zur Güte vom Kläger eingefordert. Darauf ging die Kirchengemeinde nicht ein. Das Angebot komme zu spät, es seien Gespräche geführt und Vorschläge unterbreitet worden, die alle nicht angenommen worden seien, so Pastor Dirk Glanert.
Nun läuft es nach Einschätzung des Anwalts von Kreisz auf eine unabhängige Überprüfung des Glockengeläuts hinaus. Dabei hatte der Kirchenvorstand die Beschwerde des Klägers, der zwischenzeitlich nach Otterndorf gezogen ist, durchaus ernst genommen und den Glockenexperten der Landeskirche Hannover, Andreas Philipp, im Dezember 2020 angefordert, um die Lautstärke zu kontrollieren.
Bundesimmissionsschutzgesetz regelt, wie viel Dezibel erlaubt sind
Vom Balkon einer Nachbarin hatte er die Lautstärke des Glockenklangs gemessen: 71,1 Dezibel wurden nicht überschritten. Der Grenzwert in der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm liegt bei 90 Dezibel. Diese Vorgaben stammen aus dem Bundesimmissionsschutzgesetz, das sowohl für das Zeitschlagen als auch das liturgische Läuten zuständig ist.
Eine allgemeingültige Aussage, wie laut und wie häufig das Glockengeläut oder Glockenschlagen sein darf, ist laut Landeskirche nicht möglich, da es immer auf eine Einzelfallbetrachtung ankommt. Grundlage für die Grenzwerte ist die Baunutzungsverordnung der Kommunen.
Landeskirche verweist auf die Kompetenz der örtlichen Gemeinden
Glockenläuten ist nicht gleich Glockenläuten. Es wird zwischen dem Klang zu kirchlichen Anlässen und dem Zeitschlagen, das als weltliche Tradition gilt, unterschieden. Das Läuten zur Religionsausübung ist im Grundgesetz geregelt und geschützt. Welche Zugeständnisse die Kirche machen will, liegt ganz bei den Kirchengemeinden. Sie können eigenverantwortlich über das Glockengeläut und auch das Stundenschlagen entscheiden, so Simon-Hinkelmann.

Nach der Reparatur der Glocken von St. Jakobi in Bad Bederkesa stören sich einige Anwohner an der Lautstärke und der Häufigkeit. Nun liegt der Fall bei Gericht. Foto: Privat