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Straßensanierung

TStrabs: Jahrelanger Streit in Fredenbeck endet, als das OVG anreist

Der Ratssaal wird zum Gerichtssaal: In Fredenbeck tagte das Oberverwaltungsgericht mit fünf Richtern und gut 40 Klägern.

Der Ratssaal wird zum Gerichtssaal: In Fredenbeck tagte das Oberverwaltungsgericht mit fünf Richtern und gut 40 Klägern. Foto: Fehlbus

Fredenbecks Ratssaal wird zum Gerichtssaal. Mit 40 Klägern geht es um die Strabs, an einer Straße ohne Häuser. Wie es ausging.

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Von Miriam Fehlbus
Donnerstag, 14.11.2024, 14:50 Uhr

Fredenbeck. Straßenausbaubeitragssatzung, das Wort wird mit Strabs abgekürzt und sorgt immer wieder für Ärger bei Anwohnern. In Fredenbeck wurde jüngst ein besonderer Fall im Ratssaal im Rathaus in Fredenbeck verhandelt. Fünf Richter des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg reisten dafür an.

Der Ratssaal ist Gerichtssaal auf Zeit. Darauf wies nicht nur ein kleines Schild am Eingang hin, sondern die Richterin und OVG-Vizepräsidentin Andrea Blomenkamp zum Beginn der Sitzung. Keine Zwischenrufe, keine Fotos. Justizbeamte schoben Aktenkisten durch die Flure und auf den Besucherstühlen hatten gut 40 Kläger Platz genommen. Sie wollten sich gegen die Zahlung von Summen bis zu 42.000 Euro für einen einzelnen Landwirt wehren, denn es ging nicht um bebaute Grundstücke im Ort, sondern um landwirtschaftlich genutzte Flächen im Außenbereich.

„Ein Verfahren um die Strabs an einer Gemeindeverbindungsstraße gibt es relativ selten“, sagte der erfahrene Fachanwalt Stephan Klein aus Hannover auf TAGEBLATT-Nachfrage. Der auf Verwaltungsrecht spezialisierte Rechtsanwalt vertrat erfolgreich die Samtgemeinde Fredenbeck. Am Ende zogen alle Kläger die Klage zurück, beziehungsweise die Klagen nicht anwesender Personen wurden abgewiesen. Die Verhandlung brachte dennoch besondere Probleme zutage. Nicht umsonst währte der Streit mehr als acht Jahre bis zum Schlussstrich.

838.000 Euro Kosten für die Sanierung und Verbreiterung der Straße

Bei der Strabs werden Eigentümer von Grundstücken, die einen Mehrwert durch die Sanierung haben, prozentual an den Kosten beteiligt, so die Definition laut Richterin Andrea Blomenkamp.

In diesem Fall ging es um insgesamt 838.000 Euro für die 1200 Meter lange Gemeindeverbindungsstraße, die zwischen Mulsum und Fredenbeck verläuft. Bekannt ist die Straße als Alte Schmiedestraße oder Alter Marktweg. Seit 1990 gibt es im Bereich der Straße Gruben für den Sandabbau. 2016 wurden auf Flächen in dem Bereich Windkraftanlagen genehmigt. Fast ausschließlich landwirtschaftlich genutzte Flächen liegen an der Straße, die im Zuge der Erneuerung von 4,50 auf 5,50 Meter verbreitert wurde.

251.519 Euro sollen die Grundstücksbesitzer bezahlen, jeder genau berechnet seinen Anteil für Ackerland, Waldfläche oder Wiese. Was rausfällt, sind die Sandabbauflächen. Diese sind im gleichen Umfang an der Straße vorhanden wie bei dem Landwirt mit der größten Fläche. Und das ärgert die Kläger hörbar.

Rechtsfehler: Sie können im laufenden Verfahren nachgebessert werden

Zunächst geht es um den zeitlichen Ablauf. Die Sanierung der Straße wurde im Samtgemeinde-Ausschuss 2013 beschlossen. Sie erfolgte in drei Bauabschnitten, 2015 lag die letzte Rechnung vor. Das wäre der früheste Termin der Heranziehung der Strabs gewesen. Doch es gab noch einige Hindernisse, wie die Richterin erläuterte. Verwaltung und Politik mussten wegen Rechtsfehlern nachbessern. Das sei aber etwas, das während des laufenden Verfahrens gemacht werden könne, so Richterin Blomenkamp. Die Satzung wurde ergänzt, die Widmung der Straße erfolgte und unter Berücksichtigung von Radweg und Grünstreifen an der Straße wurde ein Spaltungsbeschluss gefasst. So wurde eine andere Rechtslage geschaffen. Erst am 22. April 2021 mit der Veröffentlichung im Amtsblatt ist die Teilbeitragspflicht dann wohl entstanden. Dieses Datum wird fortan als Stichtag gesehen.

Sandkuhlen fallen raus: Zugänglichkeit durch Hecken und Wälle versperrt

Wer nach diesem Tag Flächen an der Straße hat, muss jetzt zahlen. Für Windkraftanlagen gibt es keine Sonderkosten, wirtschaftliche Gewinne spielten keine Rolle bei der Bewertung von Landwirtschaft oder Gewerbe, so die Richterin. Es gehe um den Ziel- und Quellverkehr. Dieser sei beim Bau der Anlagen vielleicht größer, aber über die Zeit gleich zur Bewirtschaftung eines Ackers. Die Kläger hofften danach, dass für die Sandabbauflächen nun ähnliche Regeln gelten würden, sich ihr Anteil reduziert. Aber hier wurde durch die Pflanzungsanweisung einer Hecke und eine Wallaufschüttung eine direkte Auffahrt auf die betreffende Straße verhindert. Die Auflage stammt vom Landkreis Stade. Das wiederum sorgt dafür, dass die Sandkuhlen aus der Rechnung rausfallen. Für Rechtsanwalt Klein ist das Ergebnis eine Bestätigung: „Ich bin zufrieden, es zeigt, wir haben die Arbeit richtig gemacht.“

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