TKampf gegen den Schlick: Effizientere Baggerschiffe sollen Elbe schiffbar halten

Der Saugkopf eines Baggerschiffes wird in die Elbe gesenkt. Das Spezialschiff baggert Schlick aus der Elbe in seinen Laderaum und verklappt diesen anschließend in der Nordsee. Foto: dpa
Die Umsetzung des Konzepts, mit einem neuen System aus Baggern und Transportschiffen die Elbe schiffbar zu halten, ist näher gerückt. Jetzt unterzeichneten der Cuxhavener Jürgen Grzeskowiak und der Chef der Rönner-Gruppe eine Absichtserklärung.
Cuxhaven. Seit acht Jahren verfolgen der Ingenieur Jürgen Grzeskowiak und eine Reihe weiterer Schifffahrtsexperten in einer Arbeitsgruppe das Ziel, die nach ihrer Betrachtung äußerst ineffektiven Laderaumsaugbagger von Privatreedereien, die derzeit das Baggerwesen auf den Flüssen dominieren, durch sein System mit Baggerschiffen und multifunktionalen Transportschiffen zu ersetzen.
Sie seien um ein Vielfaches effizienter, kostenschonender und auch ökologisch vorteilhaft. Allein auf der Elbe geben der Bund und die Hansestadt Hamburg jedes Jahr Hunderte Millionen Euro aus, um den Schlick aus dem Fahrwasser zu räumen.
FSG Shipyard GmbH in Flensburg könnte die Schiffe bauen
Die gigantischen Mengen werden tendenziell weiter zunehmen, weil die Nordsee mit dem Flutstrom immer mehr Sedimente in das Ästuar spült. Würde das System von Jürgen Grzeskowiak angewendet, könnten die Ausgaben für die Baggerei nahezu halbiert werden. Argumente, die in manchen politischen Kreisen bereits Fürsprecher gefunden haben, so wie den CDU-Bundestagsabgeordneten Enak Ferlemann.
Und zuletzt hat auch die Schiffbaubranche Interesse an diesem Systemwechsel gezeigt. Marcus Rönner, der die Bremerhavener Heinrich Rönner Group führt, macht deutlich: „Das System rechnet sich von selbst. Wir sind davon überzeugt, weil es sinnvoll ist, die viel zu teure Baggerei günstiger macht und für uns deshalb zukunftsweisend ist.“
Die Rönner Group steht für insgesamt sieben Werften von Bremerhaven über Cuxhaven bis nach Flensburg. Zuletzt hatte Rönner dort die Flensburger Schiffbau-Gesellschaft (FSG) übernommen, die zuvor durch das Missmanagement der Voreigentümer in die Insolvenz geschlittert war. Gerade die FSG Shipyard GmbH sei bestens geeignet, die benötigten Schiffe zu bauen, so Rönner. „Das Projekt würde dort richtig gut hineinpassen. Das könnten wir in Flensburg wunderbar bedienen.“
Steuerzahlerbund
T Wie wirtschaftlich ist das Baggern in der Elbe noch?
Enge Kooperation zwischen Patentinhaber und Werft-Gruppe geplant
Grund genug, eine Absichtserklärung (Letter of Intent) zu unterzeichnen, die zu einer engen Kooperation führen soll. Dazu hatte Jürgen Grzeskowiak ins Duhner Strandhotel eingeladen. Mit Marcus Rönner war auch sein Vater und Firmengründer Heinrich Rönner nach Cuxhaven gekommen.
Weitere Teilnehmer der Runde waren der Münchener Patentanwalt Max von Vopelius, der das Projekt seit Jahren begleitet, der Bremer Ingenieur Klaus-Peter Lasse, Carsten Panke und Paul Pultke vom Hersteller für Schiffsantriebe MTU Rolls-Royce solution sowie der künftige CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph Frauenpreiß und der scheidende Abgeordnete Enak Ferlemann.

Jürgen Grzeskowiak und Marcus Rönner (rechts) unterzeichnen die Absichtserklärung zur Zusammenarbeit. Links sitzend: Ingenieur Klaus-Peter Lasse. Stehend von links: Heinrich Rönner, Enak Ferlemann, Christoph Frauenpreiß, Carsten Panke, Paul Pultke und Max von Vopelius. Foto: Rohde
Während herkömmliche Laderaumsaugbagger den geringsten Teil ihrer Zeit damit zubringen, zu baggern und einen weitaus größeren Teil zu den Verklappungsstellen unterwegs sind, kann das getrennte System Baggern und Transport auseinanderhalten. Aus dem ehemals FDP-geführten Verkehrsministerium war zuletzt Ablehnung gekommen. Die privat bereederten Laderaumbagger seien effizienter, hieß es dort.
Reedereizentrum in Cuxhaven könnte Bagger und Transportschiffe betreuen
Tatsächlich würde sich für die vorwiegend aus Benelux stammenden Bagger-Reedereien ein Umstieg nur dann lohnen, wenn er vom Bund vorgeschrieben und langfristig ausgeschrieben würde. Denn sie setzen ihre Schiffe weltweit ein, während das System von Grzeskowiak auf die bundesdeutschen Tidegewässer zugeschnitten ist. Mithin müsste der Staat selbst die neuen Schiffe bauen lassen und betreiben oder betreiben lassen. Hier komme vor allem das Reedereizentrum in Cuxhaven ins Spiel, das vor einigen Jahren gegründet wurde, um Behördenschiffe aus unterschiedlichen Zuständigkeiten zentral zu betreuen.
Baggermassen müssen raus aus dem Flusssystem
Enak Ferlemann, ehemals Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, ist sicher: „Der Bund muss das machen, allein schon wegen des Preisvorteils.“ Einvernehmliches Ziel sei es, die Kreislaufbaggerei einzugrenzen, also zu verhindern, dass das gebaggerte Material infolge der Tide schon bald wieder zurück ins System gespült wird. Dazu muss es in die Nordsee verbracht werden, zum Beispiel in die Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ). Das Antragsverfahren der Hamburg Port Authority (HPA) beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) läuft noch.
Das Problem: Die AWZ ist mehr als 200 Kilometer von Hamburg entfernt. „Mit Hopperbaggern wäre das völlig unwirtschaftlich“, so Ferlemann. Schon jetzt verklappe Hamburg belasteten Schlick kostenintensiv bei der Tonne E 3 vor Helgoland. Bereits dort könnte sich der Einsatz eines getrennten Systems aufgrund der langen Wegstrecke auszahlen.
Pilotprojekt in kommender Legislatur beschließen
Um zu beweisen, dass das getrennte System Vorteile hat, sollten im vorigen Jahr Planungsmittel in Höhe von zwei Millionen Euro im Bundeshaushalt bereitgestellt werden, um ein Pilotprojekt mit einem Bagger und zwei Transportschiffen voranzubringen.
Die Initiative dazu hatte der damalige Geschäftsführer des Bundes der Steuerzahler Niedersachsen/Bremen, Bernhard Zentgraf, bereits 2023 ergriffen. Er wurde im Parlament unterstützt durch Florian Oßner, Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages. Daraus wurde zunächst nichts. Der Bundeshaushalt für 2025 ist bekanntlich noch nicht beschlossen.
Möglicherweise kann der Antrag für den Haushalt 2026 erneut eingebracht werden. „Geld ist genug da“, so Ferlemann. Schließlich zahle der Bund jetzt schon enorme Summen für die Baggerei. Nun müsse auch der politische Wille vorhanden sein.
Einsatzfähig bei Ölunfällen und Havarien sowie zur Materialgewinnung für den Deichbau
Ein großer Vorteil des getrennten Systems wäre zudem, dass die Transportschiffe mit weiteren Funktionen ausgerüstet werden können, etwa in der Öl- und Schadstoffbekämpfung und bei Schiffshavarien. Eine weitere Option ist die Materialgewinnung für künftigen Deichbau. „Das Konzept ist überzeugend“, so Ferlemann. Ein Beschluss zur Umsetzung könnte in der bevorstehenden Legislaturperiode gefasst werden. „Wir werden alles für den Erfolg dieses Konzepts tun“, bekräftigt Werftenchef Marcus Rönner.