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Pro-Kopf-Einkommen

Kaufkraft: Bürger im Kreis Stade reicher als Hamburger

Die Kaufkraft der Einwohner in Deutschland hat nach Berechnungen des Marktforschungsinstituts GfK dieses Jahr abgenommen.

Die Kaufkraft der Einwohner in Deutschland hat nach Berechnungen des Marktforschungsinstituts GfK dieses Jahr abgenommen. Foto: Georg Wendt/dpa

Wo viele Reiche leben, ist es oft auch teuer. Gleicht das die Einkommensunterschiede aus? Nur teilweise, wie ein neues regionales Kaufkraftranking zeigt.

Von Redaktion Montag, 06.11.2023, 18:15 Uhr

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Landkreis. Wie wohlhabend oder arm man ist, hängt nicht nur am Einkommen, auch die regionalen Lebenshaltungskosten spielen eine Rolle. Bereinigt man die Rangliste der Einkommen in den 400 deutschen Landkreisen, Kreisen und Städten damit, stürzen die großen Städte teils drastisch ab, wie Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zum preisbereinigten verfügbaren Einkommen pro Kopf zeigen. Das neue Ranking wirft einiges durcheinander: Oft geht es um deutlich mehr als 100 Plätze nach oben oder unten, zweimal sogar um mehr als 250.

Regionale Kaufkraft: Helmstedt schlägt Harburg und Wolfsburg

Die höchste Kaufkraft in Niedersachsen sitzt im Großraum Wolfsburg. Bereinigt man die Pro-Kopf-Einkommen um die regionalen Lebenshaltungskosten, geht der Spitzenplan im Bundesland aber nicht an die Autostadt selbst, sondern an den angrenzenden Landkreis Helmstedt. Auf Platz drei folgt der andere Nachbarlandkreis Gifhorn, auf vier dann die Stadt Wolfsburg selbst. Dazwischen auf Platz zwei landet der Landkreis Harburg.

Zu verdanken hat Helmstedt den Spitzenplatz allerdings nicht den besonders hohen Einkommen dort. Denn nominal liegt das Durchschnittseinkommen dort mit im Schnitt 24.862 Euro landesweit nur auf Platz fünf. Doch dank deutlich niedrigerer Preise reicht das bei der entsprechend bereinigten Kaufkraft für Platz eins. 6,3 Prozent billiger als im Bundesdurchschnitt ist es dort. Das reicht, um an Wolfsburg, wo die Menschen im Schnitt gut 1500 Euro mehr verdienen, und auch an Harburg vorbeizuziehen.

Der Stader Nachbarkreis vor den Toren Hamburgs hat zwar mit 26.921 Euro landesweit das höchste Durchschnittseinkommen knapp vor Wolfsburg (26.379 Euro), zugleich aber auch die höchsten Preise. 2,7 Prozent teurer als im Bundesschnitt ist es dort.

Kaufkraft: So schneidet der Landkreis Stade ab

Der Landkreis Stade kommt preisbereinigt auf ein Pro-Kopf-Einkommen von 24.701 Euro. Damit liegt der Kreis deutschlandweit ziemlich genau im Mittelfeld auf Platz 185 unter den Kommunen mit der geringsten Kaufkraft. Im Landkreis ist es 1,4 Prozent teurer als im Bundesschnitt.

Niedersachsens Schlusslicht bei der Kaufkraft ist die Stadt Oldenburg, wo niedrige Einkommen auf die zweithöchsten Preise im Land treffen. Besser sieht es im angrenzenden Landkreis Oldenburg aus. Die Einkommen sind hier im Schnitt deutlich höher als in der Stadt, die Preise niedriger. Bei der Kaufkraft bedeutet das Platz sieben im Land. Am billigsten lebt es sich im Landkreis Lüchow-Dannenberg, wo die Preise 8,9 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt liegen. Allerdings sind dort auch die Einkommen eher niedrig.

Noch geringer als in Oldenburg ist die Kaufkraft in Bremerhaven. Zwar liegen die Preise dort 6,1 Prozent unter dem Bundesschnitt. Das reicht aber nicht, um die geringen Einkommen auszugleichen. Mit im Schnitt nur 19.361 Euro Nominaleinkommen liegt die Seestadt noch hinter dem niedersächsischen Schlusslicht Wilhelmshaven (19.950 Euro). Zudem sind die Preise dort noch etwas niedriger.

Hamburg bei der Kaufkraft bundesweit nur auf Platz 297

Hamburg gilt als wohlhabende Stadt, in der besonders viele Millionäre ihren Wohnsitz haben. Doch im Durchschnitt liegen die Einwohner der zweitgrößten deutschen Stadt beim Pro-Kopf-Einkommen nur auf Platz 64. Berücksichtigt man noch die Preise für die Lebenshaltung, die wegen hoher Wohnkosten in der Hansestadt sehr hoch sind, stürzen die Hamburgerinnen und Hamburger sogar auf Platz 297 ab.

In Hamburg liegt das preisbereinigte Pro-Kopf-Einkommen lediglich bei 23.450 Euro.

In Hamburg liegt das preisbereinigte Pro-Kopf-Einkommen lediglich bei 23.450 Euro. Foto: Marcus Brandt/dpa

Wie überall in Deutschland zeigt sich: Die höchste Kaufkraft wohnt abseits der Städte. Eine frühere IW-Auswertung hatte gezeigt, dass in den Städten oftmals höhere Wohnkosten das Preisniveau antreiben. Zudem sind dort die nominalen Einkommen oft deutlich niedriger als außerhalb. Aus der Gruppe der sieben größten Städte können sich nur München und Düsseldorf nach der Preisbereinigung in der reicheren Hälfte halten.

Bei einem Nominaleinkommen von durchschnittlich 26.158 Euro kommen die IW-Analysten für Hamburg auf ein preisbereinigtes Pro-Kopf-Einkommen von lediglich 23.450 Euro. Das liegt sogar mehr als 3 Prozent unter dem bundesweiten Durchschnitt. Ausschlaggebend dafür ist das hohe Preisniveau, mit dem die Hansestadt im deutschen Vergleich der untersuchten 400 Städte und Kreise auf Platz sieben liegt.

Basis des Rankings sind Daten des Statistischen Bundesamtes zum nominalen Einkommen mit Stand 2021, die das IW mit seinem Index der regionalen Lebenshaltungskosten kombiniert hat. Dieser basiert unter anderem auf 24 Millionen im Jahr 2022 abgefragter Preisdaten.

Die Wohlhabendsten:

Ganz oben gilt: reich bleibt reich. Das höchste verfügbare Jahreseinkommen in regionalen Preisen findet sich den IW-Berechnungen zufolge mit gut 32 800 Euro im bayerischen Landkreis Starnberg. Das sind 34,7 Prozent mehr als der Bundesdurchschnitt. Starnberg ist schon beim nominalen Einkommen Nummer eins und der Vorsprung schlicht so groß, dass er von den hohen Lebenshaltungskosten, die dort 14,1 Prozent über dem Bundesschnitt liegen nicht ausgeglichen wird.

Auch auf den nächsten vier Plätzen liegen Städte, Kreise oder Landkreise, die schon beim nominalen Einkommen ganz weit vorne liegen: Der Hochtaunuskreis 27,1 Prozent über dem Bundesschnitt, Baden-Baden mit 26,5 sowie die Landkreise Miesbach und München mit 19,8 und 18,6 Prozent überdurchschnittlichen preisbereinigten Einkommen.

Die Ärmsten:

Auch ganz unten bleibt arm arm: Das niedrigste preisbereinigte verfügbare Jahreseinkommen errechnen die IW-Experten für Gelsenkirchen. Mit 18 886 Euro liegt es 22,5 Prozent unter dem Bundesschnitt. Die Rote Laterne hat die Stadt schon vor der Preisbereinigung. Die um 5,1 Prozent unterdurchschnittlichen Kosten dort ändern daran nichts mehr. Dahinter folgen Offenbach am Main, Duisburg, Herne und Freiburg, die 21,7 bis 16,2 Prozent unter dem Bundesschnitt liegen.

Insgesamt nivellieren die regionalen Kosten die Einkommensunterschiede ein Stück weit. „Die Streuung wird kleiner“, sagt Christoph Schröder vom IW. Auch die Unterschiede zwischen Ost und West gingen zurück.

Nicht berücksichtigt in der Rangliste sind Unterschiede in der Ausgabenstruktur, dass beispielsweise Städter möglicherweise weniger hohe Pendelkosten haben als Menschen aus billigeren Landkreisen. (dpa)

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