TKein Platz für Freunde: So hart kämpfte Elif für ihre Musikkarriere

Die Berliner Sängerin Elif gibt durch ihre Songs Einblicke in ihr Innerstes. Foto: Edgar Berg
Die Berlinerin singt über kalte Herzen und Bomberjacken. Im TAGEBLATT-Gespräch vor ihrem Konzert im Stadeum erinnert sich Elif an die Anfänge ihrer Karriere zurück - und wieso es cool ist, als starke Frau ein weiches Herz zu haben.
Stade. Am 14. September 2024 färbt sich das Stadeum „All-Black“ - denn das ist der Dresscode, den die Berliner Sängerin Elif beim Holk Kulturfestival zelebriert.
Im September vor 15 Jahren hatte die Künstlerin mit türkischen Wurzeln ihre erste, große Bühne betreten - beim Vorsingen für die Fernseh-Castingshow „Popstars“. Mitgebracht hatte die damals 16-jährige Elif Demirezer neben einer Gitarre ihr selbstkomponiertes Lied „Fliegen“ - und eroberte damit die Herzen von Publikum und Jury.
Jury-Mitglied wollte Elif unter Vertrag nehmen
„Wenn ich daran zurückdenke und jetzt in den Spiegel schaue, denke ich: Naja, du siehst auf jeden Fall besser aus als damals“, sagt Elif im TAGEBLATT-Gespräch. Sie habe inzwischen ihren Style gefunden und blickt positiv auf die Zeit zurück. „Weil das, was jetzt gerade ist, ist richtig schön“, sagt sie.

Elif (zweite links) kämpfte mit ihrem Gesangspartner Nik 2009 um den Einzug ins Finale der Castingshow "Popstars". Foto: Felix Heyder/dpa
In der Casting-Show schaffte sie es bis ins Finale und arbeitete danach hart an ihrer Musikkarriere - mit prominenter Unterstützung. „Michelle Leonard, die damals in der Jury saß, wollte mich unter Vertrag nehmen“, erinnert sich Elif. „Um ein bisschen auf mich aufzupassen, damit ich nicht so viel Scheiße erlebe“. Der erste Plattendeal war eingetütet, im März 2013 erschien die erste Single „Unter meiner Haut“.
Der Griff nach den Sternen
Doch die Musikerin hatte auch mit Hürden zu kämpfen. „Nach meinem Album Doppelleben hatte ich kein Management und kein Label mehr, da war ich 23“, sagt Elif. Sie habe sich dann erstmal für ein Jahr zurückgezogen und wieder neu aufgestellt. „Das hat mir klar gemacht, dass es nicht nur an der Musik liegt, sondern auch daran, ob du ein Team und überhaupt noch Bock hast.“

Das Holk Kulturfestival legt noch einmal mit einem Highlight nach: Elif kommt ins Stadeum. Foto: Edgar Berg
Sie habe schon sehr früh davon geträumt, Sängerin zu werden. „Aber ich wusste nicht, wie. Meine Ausgangsposition war eigentlich aussichtslos.“ Ihr Großvater kam als Gastarbeiter nach Berlin, der Vater ist „ein ganz normaler Arbeiterklasse-Typ“, die Mutter Hausfrau. „Dann hinzugehen und zu sagen: Ich habe voll Bock, selbstständig zu sein und mir die Sterne zu holen. Okay, aber wie?“, sagt die Künstlerin.
Die Karriere hat Vorrang
2020 kehrte Elif dann aus ihrer Pause mit dem Album „Nacht“ zurück, in dem sie viele private Themen verarbeitete. „Ich wusste: Das ist eine zweite Chance in meiner Karriere und ich möchte die auch gerne nutzen“, sagt Elif. Für Ablenkung sei damals kein Platz gewesen, alles außer der Karriere war zweitrangig.
Eigentlich sei sie ein sehr, sehr lieber Mensch, sagt Elif. „Aber dieser ganze Weg, den ich durchgemacht habe - auch gerade als Frau - hat mir gezeigt: Wenn du zu nett bist, wirst du einfach ausgenutzt.“ Es habe eine Zeit gegeben, in der sie „einfach zugemacht hat“, hart geworden ist, auch durch gescheiterte Beziehungen. „Das macht einen kälter“, sagt Elif. „Man zieht sich zurück, baut seine Mauern auf - und die sind dann erst mal da.“
Ein weiches Herz zu haben, ist ziemlich cool.
Elif (31), Sängerin aus Berlin
Inzwischen habe sie ihre Einstellung dazu jedoch geändert. „Ich bin jetzt in einer anderen Phase meines Lebens“, sagt die 31-Jährige. Einer Phase, in der sie diese ganzen Mauern wieder abbaue. „Ein weiches Herz zu haben, ist ziemlich cool“, sagt Elif. Aber es sei genauso cool, als erwachsene Frau irgendwo zu sitzen und zu sagen: „Nein, ich möchte das so nicht machen.“
Abgerissene Säulen wieder aufbauen
Sie möchte wieder gerne ein Gleichgewicht haben, sagt Elif. „Ich glaube, dass ist langfristig auch gesünder.“ Und wie sieht dieses Gleichgewicht aus? „Ich glaube, das Leben ist auf mehreren Säulen aufgebaut“, sagt sie. „Säulen, an denen man sich entlang hangelt. Das kann der Job sein, die Familie, aber auch Sport, Reisen oder Freunde. Man muss seine Säulen definieren und dann versuchen, sich irgendwie darum zu kümmern.“
Das sei für sie zunächst „total krass“ gewesen, weil sie nach dieser ehrgeizigen Lebensphase festgestellt habe: Diese ganzen Säulen gab es erstmal gar nicht. „Meine Freundessäule war weg, weil ich mich erstmal auf etwas anderes konzentriert hatte“, sagt Elif. Sie arbeite aktuell daran, diese Säulen wieder aufzubauen.
Castingshows waren skrupelloser
Elif hat selbst den Karrieresprung über eine Castingshow geschafft. Welchen Stellenwert haben solche Formate denn heute noch?

2021 schafften es Coach Elif (links) und ihr Schützling Linda Elsener ins Finale der Castingshow „The Voice of Germany". Foto: Britta Pedersen/dpa
„Ich glaube, Castingshows haben sich so ein bisschen geändert“, sagt sie. Damals sei es ein bisschen skrupelloser zugegangen. „Und als Kandidat hattest du nicht wirklich eine Stimme“, so Elif. Durch Social Media habe sich das geändert. „Wenn irgendwas dort passiert, was nicht so cool ist, kannst du dich dort relativ gut wehren“, sagt die Sängerin.
Als Coach bei der elften Staffel von „The Voice“ kennt Elif inzwischen auch die andere Seite - und hat einen wichtigen Tipp für junge Nachwuchs-Musiker. „Ich würde jemandem raten, der ins Fernsehen geht und sich zeigt, dass man alles, was man an Reichweite bekommt, für sich nutzt“, rät die Berlinerin. „Man ist es immer selbst, der einen groß macht. Das ist nur ein Zwischenstep, ein kleiner Teil deiner Biografie. Aber vielleicht ein wichtiger. Je nachdem, was du daraus machst.“
Tickets für das Stehkonzert im Rahmen des Holk Kulturfestivals kosten 40 Euro, erhältlich unter Telefon 04141/4091-40 und www.stadeum.de.