TKevin Hahn lebt das Dorfvereinswesen beim ASC Cranz-Estebrügge
Kevin Hahn hinterm Tresen im Vereinsheim. Er kümmert sich unter anderem um den Einkauf und hat die offenen Bierdeckel im Blick. Foto: Jan Bröhan
Er gehört zu der nachkommenden Generation, die das Ehrenamt noch hochhält, das Vereinswesen lebt. Dafür wurde der 36-jährige Kevin Hahn vom ASC Cranz-Estebrügge kürzlich vom NFV-Kreis Stade geehrt. Unvergesslich ist für ihn aber ein Tag mit dem BSV.
Estebrügge. Er sei „tatsächlich sehr überrascht“ gewesen, als er von seiner Ehrung erfuhr, sagt Kevin Hahn. In der Laudatio steht unter anderem, dass er mittlerweile der dritten Generation von seinem Treffer gegen den FC St. Pauli erzählt - „ob sie es hören wollen oder nicht“.
Es ist Freitag der 11. Mai 2012: Mehr als 3000 Zuschauer wollen im Buxtehuder Jahnstadion den Auftritt von St. Pauli gegen den Landesligisten Buxtehuder SV sehen. Kevin Hahn spielt als Rechtsverteidiger. Max Kruse ist sein direkter Gegenspieler. „Er hat zu mir gesagt: Beim nächsten Mal tunnel ich dich“, erzählt Hahn. Und Kruse ließ auf seine Ansage die Tat folgen. „In solchen Momenten merkt man, wie weit weg man ist, da steht man dann da wie ein Schuljunge“, erzählt Hahn.
Ein ganz besonderer Tag für ihn aus zwei Gründen
Und dann ist da natürlich sein 1:3-Anschlusstreffer. Mit dem Außenrist von der Strafraumgrenze. „So was vergisst man nicht.“ Paulis Deniz Naki kam als einer der ersten zu ihm gelaufen und hat mit ihm gefeiert. Den Treffer zum 1:4-Endstand erzielte Hahn dann auch noch. „Ins eigene Tor gerettet“, sagt er und schmunzelt.
Das Freundschaftsspiel gegen die Profis war aber nicht der einzige Grund, warum dieser Tag für Hahn ein ganz besonderer war. An diesem Freitag ist er mit seiner Freundin zusammengekommen, mit der er mittlerweile zwei Töchter (sechs und zwei Jahre alt) hat. „Aber ich wollte diese beiden Ereignisse nicht an einem Datum haben - also bin ich offiziell am 12. Mai mit meiner Freundin zusammengekommen“, sagt Hahn und grinst diebisch.
Schöne Zeit beim BSV - obwohl es fußballerisch nicht ganz reichte
Mit Anfang 20 zog es Hahn vom ASC zum Buxtehuder SV. Er blieb sieben Jahre und erlebte die Abstiege der beiden Mannschaften sowie die Wiederaufstiege der Ersten von der Bezirksliga bis zurück in die Oberliga mit. Gerade zu den Aufschwungjahren sagt Hahn: „Das war eine geile Truppe und geile Zeit - für mich war das fußballerisch aber eigentlich eine Nummer zu groß.“
Trotzdem hatte er in seiner letzten Saison 2014/15 zehn Einsätze in der Oberliga, danach zog es ihn zurück zum ASC. Was ihn einst auch „sehr überraschte“: Das Hamburger Sportmikrofon wählte ihn mal in die „Top Ten Elf“ des Jahres der Landesliga-Staffel. Begründung: Er sei Mr. Universal, weil er als eigentlicher Stürmer die Verteidigerposition überdurchschnittlich ausgefüllt habe. Die damalige Seite hat er natürlich abfotografiert und im Fotoarchiv seines Handys.
Sein Verein ist aber der ASC Cranz-Estebrügge
Kevin Hahn war Achtklässler, als seine Familie ins Alte Land zog. Er schloss sich sofort dem ASC Cranz-Estebrügge an. Seine Generation gilt in dem Dorfverein als eine der goldenen. Jan Wegener und Max Noack, noch heute sein bester Kumpel, schossen in der Jugend und in den ersten Herrenjahren Tore am Fließband, Hahn steuerte seinen Teil bei.
Niclas Palm, Stephan Seliger, Nils Wegener und Frank Schröder zählt Hahn noch auf aus einer Mannschaft, die sich erst in der Kreisliga und dann in der Bezirksliga - ohne ihn - etablierte. Mit denen trifft er sich „traditionell“ am 23. Dezember.
Später stießen Spieler wie Sören Hüttmann, John Schliecker und die Meyer-Brüder dazu und machten die ASC-Mannschaft noch erfolgreicher. Hahn nennt diese Namen der Führungsspieler, weil „diese Mannschaft noch für echte Identifikation im Dorf sorgte“. Das sei allein an den Umsätzen von 1000 Euro bei guten Heimspielen abzulesen.
Laut Hahn habe sich dies durch den zweijährigen Landesliga-Ausflug (2020 bis 2022) und der anschließenden Abstiegssaison, als die Mannschaft sich komplett neu aufstellen musste, stetig verschlechtert.
Hahn ist ein Befürworter dafür, dass sich der ASC in die Kreisliga freiwillig zurückgezogen hat. „Back to the roots“, sagt er. „Wir müssen uns wieder stabilisieren und mit unseren Spielern wieder den Dorfverein leben.“ Allen voran mit den jetzigen Trainerteams sei der ASC auf einem guten Weg, so Hahn.
Er geht engagiert voran und hätte gern mehr seinesgleichen
In der Laudatio wurde der ASC-Vorstand zitiert, der lobte, dass zwar alles auf vielen Schultern verteilt sei - „aber ohne Kevin Hahn neben dem Platz wenig bis gar nichts laufen würde“.
Hahn organisiert Ausfahrten und Feiern, den Ein- und Verkauf und habe insgesamt alles im Blick. Er sei loyaler Zuarbeiter und kommunikativer Schlichter. „Das ist alles mit der Zeit gekommen, weil ich das Gefühl hatte, dass es sonst keiner macht“, sagt Hahn.
Insgesamt sei es immer schwierig, Freiwillige zu finden. Wenn beispielsweise mal einer bei den eingeteilten Arbeitsdiensten wegfalle, seien es meistens die fünf, sechs Gleichen, die einspringen. „Ich frage mich oft, was die Leute ohne Kinder machen. Die Zeit kann man sich doch einteilen“, sagt der Familienvater und Schichtarbeiter.
Hahn betont aber: „Unser Vereinsleben ist grundsätzlich in Takt. Die Mannschaften sind auch wieder näher zusammengerückt.“
Vom aktiven Fußball kann er noch nicht loslassen
Schon seit Jahren ist Hahn auch Betreuer, Co-Trainer, Teammanager in den ASC-Teams. Bezeichnungen, die ihm wenig bedeuten. „Ich mach einfach vieles im Hintergrund.“ Aber am liebsten will der 36-Jährige auch noch auf dem Platz mitmischen.
Seit zwei Jahren war das kaum bis gar nicht möglich. Auf eine Leistenbruch-Operation folgte eine „deprimierende“ langwierige Schambeinentzündung. Vor einigen Wochen hat er aber mal wieder mitgemischt, schmerzfrei. „Ich würde gerne noch mal für die Erste spielen - ob es dafür reicht, weiß man nicht“, sagt er und grinst.
Als altgedienter Joker noch mal ein umjubeltes Entscheidungstor vor Heimpublikum schießen, das gefiele ihm - ohne, dass er das so sagt. Aber dann hätte er wieder was zu erzählen, wie von der ungeschlagenen Kreisklassen-Meisterschaft mit Trainer Björn Stobbe („ein ASC-Höhepunkt“) oder eben vom Tor gegen St. Pauli.