TKilometerlange Grube: Warum die Dow in Ohrensen so viel Erde aufwühlt

Marcel Hosmann, Henrik Harz und Lars Tiedemann (v.l.) begutachten die Großbaustelle in Ohrensen. Foto: Ahrens
Eine kilometerlange Schneise aus Sandbergen zieht sich aktuell am Ortsrand von Ohrensen entlang. Die Dow gräbt auf der Geest metertief die Erde auf, um ihre Arbeit im Stader Chemiepark zu sichern. Warum dieses Projekt besonders aufwendig ist.
Ohrensen. Unzählige Kubikmeter Erde liegen in Ohrensen aufgeschichtet zu langen Bahnen auf Feldern. An einigen Stellen stehen Bauarbeiter bereits in zwei Meter tiefen Sandgruben. Es ist eine Schneise erkennbar, die sich von einem Acker in der Nähe der Walkmühle bis zum Werk der Dow zieht - Querung der Landstraße inklusive.
Seit Anfang des Jahres arbeiten Firmen im Auftrag der Dow in Ohrensen gut sichtbar für alle. Direkt an der Landstraße wird ordentlich Erde aufgewühlt. Der Grund: Im vergangenen Jahr hat die Dow eine neue Salzkaverne in die Erde gebohrt. Der auf Bützflethersand angesiedelte Chemiekonzern ist für seine Arbeit auf Salz angewiesen.
Die neue Kaverne trägt die knappe Bezeichnung K32 - und ist die dritte Kaverne, die die Dow in wenigen Jahren in Ohrensen errichtet hat. Doch nach K30 und K31 ist der Anschluss dieser Kaverne nun deutlich aufwendiger.
Erstes Bauprojekt für neuen Betriebsleiter
Die vorherige Kaverne 31 benötigte nur etwa 300 Meter Leitung, um sie an das Rohrnetz der Dow anzuschließen. Direkt in der Nähe von ihr liegt die ältere Kaverne 16. „Deshalb hatten wir da Leitungen, die noch gut sind und vom Durchmesser ausreichen“, sagt Henrik Harz. Der Bauingenieur ist seit Anfang des Jahres der neue Betriebsleiter in Ohrensen. 36 Mitarbeiter betreut er dort als Produktionsleiter, ein „sehr familiäres Team“, wie er sagt. Das Unternehmen kennt er gut: Seit 20 Jahren arbeitet Harz bei der Dow, in den vergangenen zwölf Jahren leitete er die Sicherheitsabteilung im Stader Chemiepark.

In der zwei Meter tiefen Gruben werden zwei Rohrleitungen nebeneinander verlegt: eine für die Dünnsole, eine für die Dicksole. Foto: Ahrens
Mit dem Anschluss der neuesten Kaverne hat er direkt ein aufwendiges Bauprojekt vor der Brust. 1,7 Kilometer Strecke müssen bis zur Basis in Ohrensen überwunden werden, um die Kaverne 32 anzuschließen. Doppelt so lange Rohre müssen verlegt werden, denn es braucht immer zwei Rohrleitungen: Eine für die Dünnsole auf dem Weg zur Kaverne, und eine für die mit Salz angereicherte Dicksole auf dem Rückweg zur Basis. Übertragen hat er das Projekt Silke van Lier, die schon seit der letzten Bohrung als Projektleiterin beschäftigt ist.
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Beide Rohre werden direkt nebeneinander in einer Baugrube verlegt. Aber es braucht weitere Leitungen, wie beispielsweise für Strom, die ebenfalls mit in die Trasse kommen. Gearbeitet wird deshalb in einer etwa zwei Meter tiefen, offenen Baugrube. Flexible Rohre würden bei einer horizontalen Bohrung die Anforderungen an Druckfestigkeit nicht erfüllen.
Arbeiten sollen noch bis Herbst andauern
Eine Ausnahme gibt es: die Querung der L123 am Ortseingang Ohrensen aus Richtung Bargstedt. „Der Asphalt wird nicht aufgerissen“, sagt Harz. Stattdessen verlegen die Arbeiter hier unterirdisch. Größere Verkehrsbehinderungen werden nicht erwartet. Schon jetzt wurde für die Dauer der Baustelle die Begrenzung auf 50 km/h räumlich vorgezogen.
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Im Herbst diesen Jahres sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Nach Anschluss ist die Kaverne 32 dann sofort einsatzbereit. Sie wurde bereits in 2023 fertiggestellt und nach gleicher Bauart wie die K31 aus dem Jahr 2022 errichtet. Letztere hatte damals viele neugierige Blicke auf sich gezogen, weil der 50 Meter hohe Bohrturm von der Hauptstraße gut zu sehen war.

Im letzten Jahr wurde die Kaverne 32 mehrere Kilometer tief in die Erde gebohrt. Foto: Dow
In den vergangenen Jahren hat die Dow in Ohrensen so drei neue Salzkavernen gebohrt. „Es gibt Grenzen, wie groß man sie machen kann“, erklärt Henrik Harz. Irgendwann wird der Salzabbau darin beendet - und die Kaverne stillgelegt. Das soll nun mit der K9 in Richtung Stade erfolgen. Die neuen Kavernen fangen die Leistung auf und sichern so die Zukunft der Produktion in Stade. Nach der Stilllegung ist von außen nichts mehr von der Kaverne sichtbar, es entsteht ein Biotop.
Flächen werden wieder für Landwirtschaft hergerichtet
Weitere Ersatzkavernen befinden sich derzeit noch in einer frühen Planungsphase. Die Umsetzung ist abhängig von der Auslastung des Werkes in Stade. Gut 15 bis zu 40 Jahre kann eine Kaverne genutzt werden. Am Anfang steht ein kleines Loch, das über die Jahre durch den Abbau wächst. Der Durchschlag erhöht sich. Bohrtürme, allerdings deutlich kleinere, werden in den kommenden Jahren deshalb trotzdem an bestehenden Kavernen zeitweise aufgebaut. „Es wird ein bisschen Aktivität zu sehen sein, aber es wird nicht laut für die Nachbarn“, sagt Harz. Insgesamt 14 Kavernen hat die Dow aktuell im Aussolbetrieb.

Der Oberboden wird aufgeschichtet und vom Sandboden getrennt. Foto: Ahrens
Die Bauarbeiten berühren in Ohrensen einige Flurstücke. Harz versichert: Die Flächen werden anschließend wieder für Landwirtschaft nutzbar sein. Die Rohre liegen etwa zwei Meter tief, jeder Landwirt kann noch mit seinem Pflug drüberfahren.“ Um die Bodenqualität bestmöglich zu erhalten, wird die ausgehobene Erde in zwei Dämme aufgeschichtet: Auf der einen Seite der Grube liegt der Oberboden, auf der anderen der tiefer gelegene Sandboden. So getrennt soll er auch wieder eingebaut werden.
Wer sich über die Arbeiten in Ohrensen direkt vor Ort informieren will, hat am 16. April die Möglichkeit. Um 16 Uhr findet eine öffentliche Führung statt. Treffpunkt ist am Parkplatz beim Sportplatz, gegenüber von Krögers Gasthof. Festes Schuhwerk und ausreichend Gehbereitschaft sind erforderlich.