Zähl Pixel
Deichbau

TKleiabbau: Das sagt der Deichverband Kehdingen-Oste zu den Plänen in Balje

Für das Naturschutzgebiet am Elbdeich in Kehdingen gelten feste Regeln, ebenso für die Deicherhöhung.

Für das Naturschutzgebiet am Elbdeich in Kehdingen gelten feste Regeln, ebenso für die Deicherhöhung. Foto: Helfferich

Auf 540 Hektar soll in Nordkehdingen Klei für den Deichbau abgebaut werden. Es ist derzeit das beherrschende Thema dort. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

author
Von Susanne Helfferich
Mittwoch, 17.12.2025, 21:57 Uhr

1. Warum muss für die Deicherhöhung wertvoller Kleiboden verwendet werden?

Weil es so im Generalplan Küstenschutz vorgeschrieben ist. Alle Küstenschutzdeiche werden mit einer Kleiabdeckung gebaut. Die Deiche haben einen Sandkern und eine schwer wasserdurchlässige Abdeckung - den Klei, darauf wächst die Grasnarbe. Diese und der Klei durch seine hohe Scherfestigkeit schützen den Deich auch bei Wellenschlag.

2. Wie viel Kleierde wird bei der Deicherhöhung im Bereich Kehdingen-Oste verbaut?

Das hängt davon ab, wie gut die Kleiabdeckung ist, so Stephanie Wischkony, Geschäftsführerin des Deichverbandes Kehdingen-Oste. „Auf Krautsand ist sie sehr gut, da benötigen wir für fünf Kilometer Deich nur 50.000 Kubikmeter Klei. Während am Hullen in Nordkehdingen für sechs Kilometer 500.000 Kubikmeter benötigt werden.“

Der Grund: Nach den Sturmfluten 1962 und 1976 wurde der Deich mit dem Material gebaut, das vor Ort vorhanden ist; aber das ist in weiten Teilen zu sandig. Deswegen könne in Nordkehdingen - abgesehen von den naturschutzfachlichen Auflagen - sehr schlecht Klei in unmittelbarer Deichnähe gewonnen werden. In Richtung zweiter Deichlinie sei die Qualität besser.

3. Ist Schlick eine Alternative?

Es müsse jedes Mal geprüft werden, wie deichbaufähig der Schlick ist und ob er schadstoffbelastet ist, erklärt Oberdeichgraf Albert Boehlke. Das sei zum Beispiel auch bei der Ausbaggerung für das LNG-Terminal so gemacht worden. Dabei wurde festgestellt, dass das Material nur zum Teil als Kleiabdeckung verwendbar ist, da das meiste davon zu sandig war. Schlick sei sehr nass und müsse ein paar Jahre liegen, bis er für den Deichbau verwendbar ist, so Wischkony. Da komme wieder die Problematik der Lagerflächen ins Spiel. Es gebe durchaus unbelasteten Schlick, aber auch der müsse eine Weile liegen. Dafür fehlten die Flächen.

4. Warum kann nicht vor Ort binnendeichs Erde ausgehoben werden?

„Wir würden das gerne in Nordkehdingen machen“, so Wischkony, aber da wünsche der Naturschutz Grünland für die Wiesenvögel. Wenn dort abgebaut werden würde, falls es überhaupt genehmigt werde, müsse der Deichverband danach die Flächen wieder verfüllen. So die Vorgabe des Naturschutzes. „Wenn ich aus einer Fläche 200.000 Kubikmeter heraushole und von woanders 200.000 Kubikmeter anderes Material wieder anfahren muss, dann ist das nicht mehr wirtschaftlich und wäre auch eine hohe Belastung für die Bürger durch die vielen notwendig werdenden Transporte“, so Boehlke.

Wenn es nach dem Oberdeichgrafen ginge, würde er am liebsten direkt vor Ort Erde abbauen und auf dem Deich einbauen. Wischkony ergänzt: Wenn Erde aus irgendeiner Maßnahme angeboten wird, passe es nicht immer zeitlich mit der Deichbaumaßnahme zusammen. Die Erde müsse zwischengelagert werden und dafür gebe es aktuell keine Lagerflächen.

Wird das Material aus den im Entwurf des Regionalen Raumordnungsprogramms (RROP) vorgesehenen Vorrangflächen genommen, könnte es direkt zum Deich transportiert werden, und der Deichverband hätte nicht das Problem mit den Lagerflächen. „Für die Lagerung von Boden benötigen wir eine Baugenehmigung“, so Boehlke, „das ist im Naturschutzgebiet nicht so einfach.“

5. Gibt es eine Lösung, mit der alle leben können?

„Das Land muss das Problem lösen“, sagt Boehlke. „Es möchte, dass wir den Deich erhöhen, dann muss es auch die notwendigen Voraussetzungen schaffen.“ Da seien auch die beteiligten Landkreise gefordert: Können sie damit leben, dass vielleicht doch temporär am Deich der Naturschutz eingeschränkt betrachtet wird? Oder richten sie außerhalb des Naturschutzgebietes Lagerflächen ein, die Transportwege zur Folge haben und damit eine Belastung der Bürger? „Wir als Deichverband und auch die Landkreise können rechtliche Gegebenheiten nicht außer Acht lassen. Es gibt weder für den Deichbau noch für damit zusammenhängende Maßnahmen irgendwelche Sonderrechte“, so Boehlke.

6. Soll mit der Kleierde aus den insgesamt 540 Hektar großen Klei-Vorrangflächen der Deich bis Hamburg ertüchtigt werden?

„Wir wissen das nicht. Aber wenn der Landkreis in seinem Raumordnungsprogramm nur in Nordkehdingen Kleiabbauflächen ausweist, ist es naheliegend, daran zu denken, dass mit dem Klei die ganze Deichlinie im Landkreis Stade bis Hamburg versorgt werden soll“, sagt Wischkony. „Allerdings werden die dortigen Deichverbände auch keine Lust dazu haben, den Klei aus Balje durch den ganzen Landkreis zu fahren.“

Wie weit der Deichbau mit dem Klei aus Balje kommen könnte, das hänge davon ab, wie mächtig der Kleiboden ist, so Boehlke. Nach dem Datenmaterial des Landesamts für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) ist von einer Mächtigkeit von mindestens 1,70 Metern auszugehen. Das reicht bei 540 Hektar für 8 Millionen Kubikmeter und somit für die Deichbaumaßnahmen der nächsten Jahrzehnte.

7. Was kostet die Deicherhöhung?

Zuletzt wurden inklusive Siele Kosten in Höhe von 135 Millionen Euro aufgerufen. Hinzu kommt nun eine 10 Meter breite Berme (Absatz), damit der Deich künftig leichter erhöht werden kann, ohne neues Land in Anspruch nehmen zu müssen. Boehlke schätzt die Gesamtkosten - ohne Sperrwerke - auf rund 150 Millionen Euro.

8. Wann soll es mit der Deicherhöhung im Bereich des Deichverbandes Kehdingen-Oste losgehen?

„Wir warten für Wischhafen-Krautsand auf den Planfeststellungsbeschluss. Sobald dieser vorliegt, geht es los. Realistisch wäre ein Baubeginn im Jahr 2027“, sagt Boehlke.

Stephanie Wischkony, Geschäftsführerin des Deichverbandes Kehdingen-Oste, und Oberdeichgraf Albert Boehlke.

Stephanie Wischkony, Geschäftsführerin des Deichverbandes Kehdingen-Oste, und Oberdeichgraf Albert Boehlke. Foto: Helfferich

Copyright © 2025 TAGEBLATT | Weiterverwendung und -verbreitung nur mit Genehmigung.

Die Redaktion empfiehlt
Weitere Artikel