TKnappes Ding: Fredenbeck schöpft aus Niederlage gegen Spitzenreiter Kraft

Ole Richter war mit zehn Toren bester Werfer der Partie. Foto: Jörg Struwe
Der Handball-Drittligist VfL Fredenbeck hat Tabellenführer Hildesheim am Rand einer Niederlage. Der Letzte führt bis in die 45. Minute und verliert am Ende mit 28:30. Das Spiel beschert dem VfL zwar keine Punkte, dafür aber etwas viel Wichtigeres.
Fredenbeck. Die Mutter des Fredenbecker Handballers Ole Richter hat an diesem Samstagabend in der Geestlandhalle einen Button am Kragen ihrer schwarzen Bluse. Das runde Teil zeigt ihren Sohn im Alter von einem Jahr mit einer Weihnachtsmannmütze auf dem Kopf. „Das ist ein Glücksbringer“, sagt sie. Ole Richter wirft gegen Hildesheim zehn Tore aus dem Rückraum, er avanciert zum besten Werfer des Abends.
VfL-Trainer Igor Sharnikau gibt Ole Richter gegen den verlustpunktfreien Spitzenreiter der 3. Liga so viele Spielanteile wie selten. „Er sollte Verantwortung übernehmen“, sagt der Coach. Und Richter liefert. Selbst die unmöglichen Würfe gehen rein. Eintracht-Torwart Jan Jochens schaut nur staunend hinterher, wenn die Bälle im Netz einschlagen.
Ole Richter trifft sogar aus 22 Metern
Richter wirft manchmal aus dem Stand, mal per Sprungwurf, mal aus neun Metern Entfernung, mal aus zwölf Metern, einmal aus 22 Metern. Wo ist das Geschwindigkeitsmessgerät, wenn man es braucht? „In der B-Jugend habe ich schon mit 110 km/h geworfen“, sagt Richter. Damals war er 15, 16 Jahre alt. Heute, mit 27, wirft Richter noch ein wenig schärfer. Zum Vergleich: In der 1. Handball-Bundesliga kratzen die Besten an der 140-km/h-Marke.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Ole Richter in der Schlussphase zwei mitentscheidende Fehler macht. Seine Pässe an den Kreis und auf die Außenposition kommen nicht an. Da liegt der VfL Fredenbeck bereits mit zwei Toren zurück. Der VfL produziert gegen Eintracht Hildesheim nicht viele Fehler an diesem Abend. Aber eine Handvoll sind gegen einen Spitzenreiter eben eine Handvoll zu viel.

Tjark Jonas stammt aus Beckdorf, spielt aber seit 2018 für Hildesheim. Er erzielte gegen Fredenbeck einen Treffer. Foto: Jörg Struwe
Zeitstrafen für Müller und Huckschlag
Spielentscheidend sind die beiden Zeitstrafen, die sich der VfL in der 47. und 48. Minute einhandelt. Fredenbeck führt zu diesem Zeitpunkt mit 22:21. Rückraumspieler Maximilian Mißling trifft nur den Pfosten, Pelle Fick verliert den Ball. Die Schiedsrichter schicken Jesper Müller für zwei Minuten auf die Bank, weil er den Ball mit dem Fuß wegkickt und so einen schnellen Freiwurf der Hildesheimer verhindert. Wenig später schlägt Niels Huckschlag den Hildesheimer Linksaußen Lothar von Hermanni mit dem Unterarm unabsichtlich ins Gesicht und kassiert ebenfalls eine Zeitstrafe.
In einem sehr intensiven Spiel, in dem der VfL Fredenbeck vor allem in der ersten Halbzeit nicht wie ein Tabellenletzter spielt, nutzt die Eintracht die personelle Überzahl clever und zieht auf 25:22 davon. Die Gastgeber geben sich nicht auf, bleiben dran. Drehen können sie die Partie nicht mehr. Aber die Zuschauer in der Geestlandhalle feiern ihre Jungs trotzdem klatschend und im Stehen. Sie feiern die Tore, sie feiern die Torhüterleistung von Nikolay Petrov und die aggressive Abwehr, die den Spitzenreiter über weite Teile der Partie den Schneid abkauft. Sie feiern, dass die VfL-Spieler sprichwörtlich ihr Herz auf dem Spielfeld gelassen haben. Aus solch einer Niederlage könnte eine Mannschaft wie der VfL Fredenbeck sogar Kraft schöpfen.

VfL-Torwart Nikolay Petrov lieferte vor allem in der ersten Halbzeit eine starke Leistung. Foto: Jörg Struwe
Nur sechs Punkte aus 15 Spielen
Rein punktetechnisch sieht es nicht gut aus für den VfL Fredenbeck. Sechs Zähler aus 15 Spielen reichen nur für den letzten Tabellenplatz vor der nun beginnenden Weihnachtspause. Aber die Konkurrenz im Kampf um den Klassenerhalt ist nicht weit weg. Am 20. Januar um 19.30 Uhr geht die Saison mit einem Heimspiel gegen Bielefeld weiter. „Aber wir haben gezeigt, dass in der 3. Liga alles möglich ist und dass wir in diese Liga gehören“, sagt zum Beispiel Rückraumspieler Jesper Müller. Diesen Schwung aus dem Hildesheim-Spiel könne die Mannschaft mit in die Rückrunde nehmen.
Ein Gegenspieler hat Ole Richter noch während des Spiels gesagt, dass der VfL Fredenbeck nicht wie ein Tabellenletzter spiele. „Wir können heute mit breiter Brust vom Spielfeld gehen, trotz der Niederlage“, sagt Richter. Vielleicht müsse die Mannschaft noch „ein wenig frischer in der Birne sein“, die letzten Fehler abstellen. Dann gewinnt sie auch wieder. Auch Eintracht-Trainer Daniel Deutsch sagt, dass er während der Vorbereitung auf diese Partie „einen besseren Eindruck vom VfL hatte, als das Papier hergibt“. Der Eindruck sollte sich bestätigen.
Die Statistik
VfL Fredenbeck: Petrov, Spark, Huckschlag 2, Fick 1, Müller 2, Lens, Eschweiler 3, Richter 10, Möller 3/1, Fock, Heinsohn, Reiners 4, Mißling 3.
Zeitstrafen: VfL 4 - Hildesheim 5
Siebenmeter: VfL 1/1 - Hildesheim 3/3
Zuschauer: 500
Nächstes Spiel: VfL Fredenbeck - TSG A-H Bielefeld (Samstag, 20. Januar 2024, 19.30 Uhr, Geestlandhalle)