TImmer mehr Patienten verpassen Termine: Kann der Arzt sie dafür zur Kasse bitten?

In einer Arztpraxis in Frankfurt (Oder) hält ein Arzt das Stethoskop in den Händen. Foto: dpa
Während einige Arztpraxen Aufnahmestopps verhängen müssen, beklagen andere rücksichtsloses Verhalten ihrer Patienten: Sie halten vereinbarte Arzttermine nicht ein und fehlen unentschuldigt. Können Ärzte säumige Patienten zur Kasse bitten?
Auf dem Land haben Patienten offenbar mehr Scheu davor, beim Arzt unentschuldigt zu fehlen. Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) im Land Bremen erscheint in Bremerhaven und Bremen hingegen etwa jeder fünfte Patient nicht zum über die KV-Terminvermittlungsstelle vereinbarten Arzttermin. Absage? Fehlanzeige. Das sorgt für großen Ärger bei den Ärzten. Die KV Bremen fordert daher eine No-Show-Gebühr von säumigen Patienten, die von den Krankenkassen eingetrieben werden soll.
Im Landkreis Cuxhaven scheinen sich Patienten so eine Frechheit seltener herauszunehmen. Die Hagener Hausärztin Ilka Priebe sagt: „Wir haben damit wenig Kummer. Meine Stammpatienten halten ihre Termine ein.“ Schwieriger sei es mit Neupatienten, die zunächst einen neuen Hausarzt suchen, dann aber doch nicht kommen. „Das ist schon ärgerlich, weil ich mir dafür eine halbe Stunde Zeit einplane“, sagt Priebe. Dennoch seien das Einzelfälle: „Es ist nicht so schlimm, dass ich dafür eine Gebühr haben müsste.“
Praxiszutritt nur noch mit Versichertenkarte
Ähnlich beschreibt Hausarzt Wolfgang Sander in Neuenwalde die Lage: „Gelegentlich kommt das vor, aber bei uns eher erfreulich wenig. Im ländlichen Bereich wagt das kaum jemand.“ Was der Mediziner schon registriert, ist eine zunehmende Respektlosigkeit. Seine Mitarbeiterinnen hätten schon tagelang hinter den Versichertenkarten her telefonieren müssen. „Daher findet sich jetzt am Praxiseingang ein Hinweis, dass es ohne Versichertenkarte keine Behandlung gibt“, sagt der Arzt.

Wolfgang Sander, Allgemeinmediziner in Neuenwalde, sagt, dass seine Mitarbeiterinnen schon tagelang hinter den Versichertenkarten hätten her telefonieren müssen. Foto: Gallas
Für die No-Show-Gebühr fehlt nach Angaben der KV Bremen derzeit die rechtliche Grundlage: „Der Bundesgesetzgeber muss das entscheiden, das ist bislang nicht geregelt“, sagt KV-Sprecher Christoph Fox.
Dr. Stephan Brune, Vorsitzender des Bezirksausschusses Stade der Kassenärztlichen Vereinigung in Niedersachsen, betont: „Bisher ist es rechtlich nicht möglich, säumige Patienten finanziell zu belangen. Die Hauptleidtragenden sind andere Patienten, die gerne einen Termin gehabt hätten - gerade mit Blick auf den Ärztemangel und begrenzte Terminmöglichkeiten. Für die Arztpraxen ist es extrem ärgerlich, wenn jemand einfach nicht erscheint.“
Praxen können säumigen Patienten zwar trotzdem eine Rechnung schicken, aber die wenigsten werden wohl zahlen, solange sie rechtlich nicht gezwungen sind. Anders als Kassenpatienten könnten Privatpatienten für den Verdienstausfall durch nicht eingehaltene Termine haftbar gemacht werden, sagt Sander.

Dr. Stephan Brune sagt: Die Hauptleidtragenden sind andere Patienten, wenn Termine nicht eingehalten werden. Foto: Karsten Wisser
Praxis im Saarland nimmt Pfand
Wenn man Brune persönlich nach seiner Meinung fragt und nicht als KV-Chef, dann sagt er: „Ich denke, dass wir grundsätzlich eine Gebühr bei jedem Arztbesuch benötigen, um uns mehr Luft zu verschaffen. Die Zahl der Ärzte ist rückläufig, gleichzeitig gibt es mehr ältere Patienten. In fast allen anderen Ländern gibt es irgendeine Art von Selbstbeteiligung, wenn Patienten einen Arzt aufsuchen. Auf Dauer werden wir das auch in Deutschland nicht anders hinbekommen. Im Gegenzug könnten die Krankenkassenbeiträge für die Patienten gesenkt werden.“
Trotz der rechtlichen Grauzone gibt es in Deutschland Praxen, die säumige Patienten nicht davonkommen lassen wollen. Nach einem Bericht des Saarländischen Rundfunks erhebt eine Völklinger Praxis bei mehrfach säumigen Patienten 50 Euro Pfand. Um einen Termin zu bekommen, muss der Patient zunächst zur Praxis kommen und das Geld hinterlegen. Erscheint er zum ausgemachten Termin, erhält er das Geld zurück.