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Verkehr

TKommt die A 20? Und wenn ja: Wie?

Autos fahren hinter einem Hinweisschild zur A20 auf der Autobahn.

Autos fahren hinter einem Hinweisschild zur A20 auf der Autobahn. Foto: Carsten Rehder/dpa

Ein Dauerthema in der Region ist sie ohnehin, besonders häufig erwähnt wurde sie in Wahlkampfzeiten: die Autobahn 20. Wird das Projekt in absehbarer Zeit realisiert oder setzen sich die Skeptiker durch? Ein Überblick.

Von Theo Bick Mittwoch, 05.03.2025, 11:20 Uhr

Bremervörde. Für Bremervörde setzen große Teile der Politik und der heimischen Wirtschaft große Hoffnungen in den langersehnten Autobahnbau. Insbesondere für den gut zwölf Kilometer langen Abschnitt 6 schreiten die Planungen laut BZ-Informationen gut voran. Möglicherweise könne noch im ersten Halbjahr 2025 der Planfeststellungsbeschluss erfolgen, betont etwa Bremervördes Bürgermeister Michael Hannebacher.

Die Wahrscheinlichkeit, dass der rechtskräftig wird, ohne beklagt zu werden, sei jedoch überschaubar, weiß Hannebacher. Die große Frage, die sich hinter den Kulissen jedoch andeutet, lautet: Wird der Abschnitt zwischen Ebersdorf und Elm über viele Jahre oder gar dauerhaft ein trauriges Einzeldasein fristen?

Die Sorge, die unter anderem den ehemaligen Bremervörder Stadtplaner Kurt Koopmann umtreibt, der mittlerweile als Koordinator an den Planungen des angedachten A-20-Gewerbegebietes in der Geestequelle beteiligt ist: Der Abschnitt 6 der Autobahn 20, für den von einer Bauzeit von acht Jahren auszugehen ist, könnte zwar in den kommenden Jahren gebaut und Bremervörde als jahrzehntelang versprochene Umgehungsstraße präsentiert werden, die Anschlüsse des A-20-Abschnitts Richtung Weser und an das Kehdinger Kreuz, den Elbtunnel und die A 26 Richtung Hamburg könnten jedoch auf Jahre oder sogar dauerhaft ausbleiben.

Ein solches Szenario gelte es auch mit Blick auf die künftige Finanzierung von Autobahnneubauten durch den Bund zu verhindern, warnte Koopmann die BZ bereits im vergangenen Jahr in einem Hintergrundgespräch, zumal Bremervörde keine direkte Anbindung an den Abschnitt 6 erhält. Die Stadt müsse aktiv werden.

Hannebacher: Gespräche seit Anfang 2022

Dem Bürgermeister zufolge passiert selbiges längst. „Bereits Anfang des Jahres 2022 wurde als eine der wesentlichen Aufgaben aus dem Bremervörder Rathaus heraus zu dem Thema A 20 und der Wichtigkeit insbesondere für den Bremervörder Raum der Kontakt zum Bundesministerium für Digitales und Verkehr gesucht“, betont Bürgermeister Michael Hannebacher auf Anfrage.

Ende Juni 2022 seien Stadtverwaltung, Samtgemeinde Geestequelle, die örtliche Wirtschaft und die IHK zu einem Gespräch mit der ehemaligen Parlamentarischen Staatssekretärin Daniela Kluckert eingeladen gewesen. Hannebacher weiter: „Auf Landesebene wurde das Thema mit Minister Olaf Lies seinerzeit im Rahmen eines persönlichen Gespräches anlässlich seiner Anwesenheit in Sachen Oste-Wehr Ende August 2022 thematisiert.“ Seitdem gebe es einen wiederkehrenden Austausch zu Sachständen und Entwicklungen mit der Autobahn GmbH.


Doch droht tatsächlich ein nicht angeschlossenes Autobahnteilstück nördlich von Bremervörde? „Weder offiziell noch inoffiziell sind diese Überlegungen bisher der Stadtverwaltung mitgeteilt worden“, so Hannebacher. Gleichwohl seien natürlich die unterschiedlichen Verfahrensstände hinsichtlich der Planfeststellungsverfahren bekannt, so dass nicht von einer zeitgleichen Baureife aller Abschnitte der neugeplanten A 20 auszugehen sei.

Verwaltungsausschuss fordert Verkehrsentlastung

Kürzlich hat der Bürgermeister die Bremervörder Politik im Verwaltungsausschuss über den aktuellen Stand der Dinge in Kenntnis gesetzt und sich mit den Vertretern der Ratsfraktionen über das weitere Vorgehen in Sachen Autobahn abgestimmt. Demnach scheint das wahrscheinlichste Szenario zunächst tatsächlich ein Bau von Elbquerung, Kehdinger Kreuz und des Anschlusses der A 20 an die A 26 Richtung Stade/Hamburg zu sein. Dazu käme perspektivisch der Bauabschnitt 6 nördlich von Bremervörde, der eine „gewisse Zeit autark“ stehen würde. Bauaktivitäten im dann zum Lückenschluss fehlenden Bauabschnitt 7 seien nicht zeitnah zu erwarten.

Letzteres wäre laut Hannebacher zwar sinnvoll und wünschenswert. Dass es sich aber anders verhält, sieht er „nicht als Gefahr, sondern als eine aktuelle Gegebenheit“, so die Einschätzung des Bürgermeisters. Essenziell für Bremervörde sei – zumindest im ersten Schritt – ein bestandskräftiger Planfeststellungsbeschluss, um konkret in die Realisierung des Bauabschnittes 6 einzusteigen und perspektivisch den Anschluss über den Abschnitt 7 und das Kehdinger Kreuz zur zusätzlichen Elbquerung herzustellen. Denn daran, dass der Abschnitt 7 zwischen Elm und Kehdinger Kreuz der „nächste wesentliche Schritt“ sein muss, besteht für Hannebacher kein Zweifel. Der Bürgermeister: „Auf Dauer eine Lücke, das kann nicht gehen.“

Bremervörde will Bauabschnitt 6 als Entlastungsstraße nutzen

Weiterhin müsse klar sein, dass, sobald der Bauabschnitt 6 fertiggestellt ist, dieser auch als Entlastungs- beziehungsweise Umgehungsstraße für Bremervörde genutzt und ausgewiesen wird – insbesondere für alle Schwerlastverkehre. Das könne jedoch nur passieren, wenn Land und Verkehrsbehörden dazu bereit sind, die Strecke entsprechend auszuweisen.


Mit mehrheitlichem Votum fordert der Verwaltungsausschuss die Stadtverwaltung dazu auf, sich dafür einzusetzen. Auch gelte es, von der Landesregierung noch einmal die explizite Befürwortung des Bauabschnittes 6 einzuholen sowie betroffene Landkreise anzusprechen und in das gemeinsame Boot zu holen. Nach der Regierungsbildung werde er sich zudem an den Bund wenden.

Grundsätzlich gilt ohnehin: Nach wie vor ist die A 20 im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplanes aufgeführt. Doch viel bei der A 20 dürfte angesichts der Finanzlage des Bundes von der kommenden Regierung abhängen.

Elbtunnel: Klare Sachlage beim Kehdinger Kreuz

Weitgehend klar ist die aktuelle Sachlage indes beim geplanten Elbtunnel. Der niedersächsische Teil des neuen Elbtunnels für die Autobahn A 20 zwischen Drochtersen und Glückstadt darf eigentlich seit November 2016 gebaut werden. Voraussetzung ist aber das Baurecht für das Kehdinger Kreuz und die Anbindung an die A 23 in Schleswig-Holstein sowie die Baureife auch auf schleswig-holsteinischer Seite. Laut Verkehrsministerium sollen die notwendigen Planfeststellungsunterlagenbeschlüsse in Kürze vorliegen. Zudem wird zurzeit geprüft, ob die nur bis November 2026 gültige Zehn-Jahres-Frist für den Baubeginn verlängert werden kann, um einen sonst nötigen Neubeginn der Planungen zu verhindern.


Fraglich bleibt derweil, ob und wie Bremervörde von der Autobahn finanziell profitieren könnte. Gearbeitet wird weiterhin am Gewerbepark Geestequelle. Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der beteiligten Kommunen (Geestequelle, Oerel, Ebersdorf und Bremervörde), der Bremervörder Wirtschaftsgilde, der Wirtschaftsförderung des Landkreises und der IHK tagt – seit September 2023 unterstützt durch Kurt Koopmann als fachkundigen Koordinator – in unregelmäßigen Abständen, um sich in einer Vorstufe über grundsätzliche Entwicklungen, mögliche Zeithorizonte, erforderliche Schritte und diverse Fragestellungen auszutauschen.

Seitens des Rates der Stadt Bremervörde wurde dazu im Juni 2024 folgender Grundsatzbeschluss gefasst:

  • Die Stadt Bremervörde unterstützt die Entwicklung eines interkommunalen Gewerbeparks im Bereich der Anschlussstelle B 495 an der geplanten Küstenautobahn A 20. Dieses Projekt ist gemeinsam mit der Samtgemeinde Geestequelle und den Gemeinden Oerel und Ebersdorf voranzutreiben.

  • In der aus Vertretern der beteiligten Kommunen, der Bremervörder Wirtschaftsgilde e.V., des Landkreises Rotenburg (Wümme) sowie der IHK Stade bestehenden Arbeitsgruppe sind die notwendigen weiteren Aktivitäten und Maßnahmen zur Entwicklung des interkommunalen Gewerbeparks unter Beachtung der weiteren Planung der Küstenautobahn A 20 zu erarbeiten.

„Reger Austausch“ in Sachen Gewerbepark

Die angedachten Flächen eines zukünftigen Gewerbeparks befinden sich auf dem Gebiet der Gemeinden Oerel und Ebersdorf. In den beiden Gemeinderäten wurde das Thema Gewerbepark noch nicht in öffentlicher Sitzung diskutiert. Zumindest im Rathaus in Oerel herrscht jedoch Wille zur Kooperation.

„Die Samtgemeinde ist in regem Austausch mit der Stadt Bremervörde und der Bremervörder Wirtschaftsgilde. Grundsätzlich warten wir auf Signale aus Berlin, ob und wann die A20 gebaut wird. Davon ist nun die weitere Planung für einen Gewerbepark abhängig“, erklärt Samtgemeindebürgermeister Stephan Meyer. „Unser Koordinator Kurt Koopmann hält zudem für uns Augen und Ohren offen“, betont Meyer.

Der Samtgemeindebürgermeister sieht nun ebenfalls auf die Zeit nach der Bundestagswahl. „Eine neue Bundesregierung kann Schwung oder eine komplette Bremse für die A 20 bedeuten. Wir werden jetzt nicht Flächen für den Gewerbepark kaufen, und am Ende wird das nichts“, betont Meyer in Hinblick auf die Planung.

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