TLandkreis schreitet ein: Bauarbeiten am Schlickdepot ruhen vorerst

Auf knapp 1,5 Hektar sollen am Ostesperrwerk rund 25.000 Kubikmeter Schlick als deichbaufähiges Material lagern. Foto: Klempow
Plötzlich Hafenlärm von der Oste her und ein Schlicklager am Sperrwerk, und das alles ohne Bauantrag. Dürfen die das? Der Landkreis hat die Antwort.
Balje. „Gegen die ungenehmigten Nutzungen (Kleilager und temporärer Anleger) schreitet der Landkreis ein. Bis zur Entscheidung über die Genehmigungsanträge werden die Arbeiten eingestellt.“ Das ist die Antwort von Landkreis-Pressesprecher Daniel Beneke auf die entsprechende TAGEBLATT-Anfrage. Ohne Genehmigung also kein Bau, auch nicht für öffentlich-rechtliche Verbände.
Deichverband unter Zeitdruck
Mit Zeitdruck hatten der Deichverband Kehdingen-Oste und der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft und Küstenschutz (NLWKN) den Bau neben dem Ostesperrwerk in Balje begründet. Sie sind ebenso involviert wie ein Transport- und Bauunternehmen.
Sie wollten sich das deichbaufähige Material sichern, das derzeit in Brunsbüttel anfällt. Es soll aus dem Binnenhafenbereich stammen. Per Schute wird der Schlick zu einem improvisierten Anleger geschippert und entladen.
Es geht um 25.000 Kubikmeter Schlick, die über Wochen angelandet und transportiert werden und in das bislang etwa 1,5 Hektar große Lager geschüttet werden. Mit Blick auf den riesigen Bedarf beim Deichbau in Kehdingen ist das nur eine kleine Menge.
„Massive Eingriffe in die Natur“
Warum dafür solch „massive Eingriffe in Natur und Landschaft“ ohne Genehmigung vorgenommen wurden, fragen sich die Anwohner. Sie hatten wie berichtet einen Anwalt eingeschaltet, weil sie von dem Bau in ihrer Nachbarschaft überrumpelt worden waren und es noch keine rechtliche Grundlage dafür gibt.
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„Im Rahmen des laufenden Baugenehmigungsverfahrens wird geprüft, ob das Lager inklusive der Zufahrt dem öffentlichen Baurecht entspricht.“ In diesem Rahmen würden auch abfall-, bodenschutz-, naturschutz-, immissionsschutz- und wasserrechtliche Fragestellungen geprüft.
Deichbaufähiges Material
„Es ist vom Bauherrn also insbesondere auch nachzuweisen, dass der Schlick abfall- und bodenschutzrechtlich unbedenklich ist.“ Laut Deichverband und NLWKN weise ein Gutachten das Material als unbelastet und deichbaufähig aus.
Die Baugenehmigung für das Kleilager sei beantragt, aber bisher nicht erteilt. Sie darf nur schriftlich oder elektronisch nach der Niedersächsischen Bauordnung erlassen werden. Der Landkreis sei vorab informiert gewesen, hieß es von Deichverband und NLWKN.
Anleger muss genehmigt werden
Auch der mit Stahlplatten provisorisch befestigte Anleger an der Oste bedarf einer Genehmigung. Die erfolgt auf Grundlage des Niedersächsischen Wassergesetzes und sei beantragt, so Beneke. „Der Landkreis Stade als untere Wasserbehörde betreibt derzeit das Genehmigungsverfahren.“
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Allerdings liegt die provisorische Anlegestelle im Schilfgürtel, der zum FFH-Gebiet Unterelbe sowie zum Naturschutzgebiet Untere Oste gehört, bestätigt der Landkreis. Und: „Für eine Erteilung einer Befreiung bedarf es unter anderem Unterlagen zur FFH-Verträglichkeitsprüfung, eines Landespflegerischen Begleitplans sowie eines Artenschutzrechtlichen Fachbeitrages.“ Die Befreiung unterliege der Interessensabwägung. Auch die Umweltverbände müssten gehört werden.
Landkreis: Streuobstwiese kein erfasstes Biotop
Hingegen sei die Rodung der ehemaligen Streuobstwiese im Februar eine ordnungsgemäße, landwirtschaftliche Nutzung. Auf dieser Fläche wurde das Kleilager ausgekoffert. „Naturschutzrecht greift hier nicht, da es sich nicht um ein nachgewiesenes und erfasstes geschütztes Biotop nach dem Bundesnaturschutzgesetz handelt“, so Beneke.
Im Baugenehmigungsverfahren würden auch die Nachbarn beteiligt. „Wir wollen unsere Rechte wahrnehmen können“, sagt Alexandra Allers. Sie seien aber gesprächsbereit. Gerade mit Blick auf den Standort des Anlegers wäre ihnen schon mit einer Verschiebung Richtung Sperrwerk geholfen. Jetzt trägt der Wind den Lärm beim Umschlag direkt zu ihrem Haus auf der Wurt.
Die Konsequenzen? Zumindest am Montagmorgen soll noch ein Schiff entladen worden sein. „Dass Bauarbeiten oder Umnutzungen ohne entsprechende behördliche Genehmigung starten, kommt leider bei privaten, gewerblichen und auch öffentlich-rechtlichen Akteuren vor“, so der Behördensprecher. „Jede und jeder Verantwortliche muss damit rechnen, dass ein solches Vorgehen ordnungsrechtliche Folgen hat - etwa im Rahmen von Ordnungswidrigkeitenverfahren.“
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