TMacklemore-Eklat beim Deichbrand: Politik fordert Absage

Der US-Rapper Macklemore ist umstrittener Headliner des Deichbrand-Festivals 2025. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa
Sprachlosigkeit – das ist die vorherrschende Reaktion auf den Auftritt des US-Rappers Macklemore beim Deichbrand-Festival. Jetzt äußert sich die Politik im Stader Nachbarkreis zum Eklat.
Landkreis Cuxhaven. Nach der massiven Kritik des Zentralrates der Juden am geplanten Auftritt des umstrittenen US-Rappers Macklemore beim Deichbrand-Festival, dem unter anderem radikale Israel-Kritik vorgeworfen wird, herrschte in der Region zunächst einmal Schweigen. Die dramatische Warnung des Zentralrats, dass Jüdinnen und Juden bei dem Musikfestival nicht sicher seien, führte bisher kaum zu öffentlichen Reaktionen.
Auf Nachfrage der „Nordsee-Zeitung“ äußerten sich nun die Vorsitzenden der Parteien im Landkreis Cuxhaven – mit Ausnahme der AfD, die nicht reagierte. Bei dem komplexen Thema griffen einige Vorsitzende offenbar auch auf Expertise aus ihren Parteien zurück. Für die Grünen antwortete der zuständige Sprecher der Landtagsfraktion.
CDU: „Kein Platz für Antisemitismus“
Bei der CDU im Kreis Cuxhaven wird der Auftritt von Macklemore beim Deichbrand-Festival kritisch gesehen. „Ich habe mich gewundert, dass er trotz seiner bekannt sehr israel-kritischen Haltung überhaupt verpflichtet wurde, und dann auch noch als Headliner“, sagt der CDU-Kreisvorsitzende Enak Ferlemann.

CDU-Vorsitzender Enak Ferlemann. Foto: Arnd Hartmann
Der Parteivorsitzende spricht sich sogar für eine Absage aus: „Der Veranstalter wäre klug beraten, die Verpflichtung des Künstlers umgehend aufzulösen. Antisemitismus darf keinen Platz im Landkreis Cuxhaven haben. Schon gar nicht auf der Bühne des bisher so großartigen Festivals.“
Und: „Er kann natürlich seine Meinung haben, aber die Verbreitung dieser Haltung über die Musikbühnen gilt es zu unterbinden“, so Ferlemann. Die Veranstalter hätten sich seiner Meinung nach vorab besser informieren müssen. „Juden sind im Cuxland und natürlich auch auf dem Konzert sicher und gerne gesehen“, so Ferlemann.
SPD: „Solidarität mit Israel“
Etwas allgemeiner äußert sich die SPD im Landkreis Cuxhaven. „In Anbetracht der aktuellen Diskussion um die Teilnahme von Macklemore erwarten wir als SPD Cuxland mit Blick auf die Festivalleitung ein wachsames, klares Bewusstsein für die Verantwortung, die mit der Gestaltung eines solchen kulturellen Großereignisses einhergeht“, teilt der SPD-Kreisvorsitzende Oliver Lottke mit.

SPD-Vorsitzender Oliver Lottke. Foto: Philipp Overschmidt
„Sollte es während des Festivals zu antisemitischen Vorfällen oder Äußerungen kommen, gehen wir davon aus, dass diese sofort erkannt und konsequent unterbunden werden“, so der Landtagsabgeordnete.
Die SPD werde sich weiterhin mit Entschiedenheit gegen Antisemitismus einsetzen. „Kultur darf nicht zum Deckmantel für Hass werden“, sagt Lottke. „Wir bekennen uns klar und uneingeschränkt zur Solidarität mit Israel und verurteilen den brutalen Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 in aller Schärfe.“
„In diesem Jahr begehen wir den 80. Jahrestag der Befreiung des ehemaligen KZ Bergen-Belsen. Die Erinnerung an den Holocaust ist für uns zugleich Verpflichtung, gegen jede Form von Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit zu kämpfen“, so Oliver Lottke.
Grüne: „Schutz für jüdische Gäste“
Für die Grünen im Cuxland antwortete Pascal Mennen, Sprecher der grünen Landtagsfraktion gegen Antisemitismus. „Macklemores holocaust-relativierender Vergleich im neuesten Video ist klar als antisemitisch zu bewerten.“ Auch seine israelfeindliche und Terror verharmlosende Haltung, die in seiner Musik und in seinen Äußerungen deutlich werde, sei höchst problematisch und gefährlich.
Das Deichbrand-Festival sollte sich daher gut überlegen, ob es Macklemore wirklich auftreten lässt. Die Warnungen des Zentralrates der Juden und des Landes-Antisemitismus-Beauftragten sollten sehr ernst genommen werden. „Falls eine Absage nicht mehr infrage kommt, braucht es unbedingt ein Schutzkonzept für eventuell anwesende jüdische Gäste“, findet der Grünen-Sprecher.
FDP: „Kunst darf unbequeme Fragen stellen“
Die FDP setzt hingegen einen anderen Schwerpunkt und betont vor allem für die Kunst- und Meinungsfreiheit. „Wir sehen den Auftritt von Macklemore grundsätzlich im Rahmen des legitimen künstlerischen Ausdrucks“, sagte der FDP-Vorsitzende Günter Wichert. „Kunst darf auch provozieren und unbequeme Fragen stellen – das gehört zu einer freien Gesellschaft dazu.“
„Eine Absage Macklemores halten wir nicht für sinnvoll oder notwendig“, so der Liberale. Eingriffe in die Programmgestaltung aus politischen Gründen würden die Gefahr bergen, einen Präzedenzfall für Zensur zu schaffen. „In einer offenen Gesellschaft müssen wir mit unterschiedlichen Sichtweisen leben“, sagt Günter Wichert.
„Kritik an der israelischen Regierung ist doch kein Antisemitismus“
Der Nahostkonflikt sei zwar komplex und lasse sich nicht in einem dreiminütigen Song ausgewogen abbilden. Aber: „Kritik an der Politik der israelischen Regierung – etwa unter Benjamin Netanjahu – ist jedoch kein Antisemitismus“, so Günter Wichert.
„Dass der Zentralrat der Juden vor dem Besuch des Konzerts warnt, nehmen wir sehr ernst“, sagte der FDP-Chef. Es sei bedauerlich, dass sich jüdische Menschen in Deutschland – und auch im Cuxland – nicht immer sicher fühlten. „Das darf nicht sein“, meint Wichert.
Linke: „Macklemore sollte ausgeladen werden“
Die Linke im Cuxland möchte sich nach Angaben ihres stellvertretenden Vorsitzenden Dietmar Buttler den Worten des Antisemitismus-Beauftragten von Niedersachsen, Gerhard Wegner, anschließen, der gesagt hatte: „Macklemore sollte wieder ausgeladen werden.“

Linken-Vorstand Dietmar Buttler. Foto: RALF MASORAT
„Diskriminierung in jeglicher Form – hier nicht zuletzt Antisemitismus – tolerieren wir nicht“, sagt der Linken-Vorstand. Die Warnung des Zentralrates der Juden sei eindeutig. Auch Wissenschaftler hätten die Songs des US-Rapper Macklemore als verharmlosend gegenüber Terror eingestuft.
Dietmar Buttler wird deutlich: „Macklemore bedient alle Formen des Judenhasses.“ Darunter seien israelbezogener Antisemitismus, Verschwörungs-Fantasien von angeblicher jüdischer Machtausübung und Kontrolle der Medien sowie die Relativierung der Schoah.
„Hier überschreitet Ihr die rote Linie“
„Wir hoffen natürlich, dass es beim Deichbrand-Festival zu keiner direkten Gefahr für Jüdinnen und Juden kommt“, sagt Dietmar Buttler, der sich über die Einladung an den umstrittenen Rapper wundert. Sollten sich die Veranstalter über dessen Haltung im Klaren gewesen sein, müsste ihnen gesagt werden: „Hier überschreitet Ihr die rote Linie!“
Der Rapper Macklemore aus Seattle ist Headliner beim Deichbrand-Festival. Der 41-Jährige, mit bürgerlichem Namen Ben Haggerty, sieht sich seit Jahren immer wieder mit Antisemitismus-Vorwürfen konfrontiert. Er hatte die Vorwürfe zurückgewiesen.

FDP-Vorsitzender Günter Wichert. Foto: FDP