TMassenhafte Abschiebung: Kreis-CDU zeigt klare Kante gegen die AfD

Das CDU-Triumvirat: Der Kreistagsfraktionsvorsitzende Helmut Dammann-Tamke und die Landtagsabgeordneten Melanie Reinecke und Birgit Butter (von links). Foto: Wisser
NS-Jargon und erschreckende historische Parallelen: Die Kreis-CDU warnt davor, aus Politikverdrossenheit die AfD zu wählen und grenzt sich von der Werteunion ab. Aber: Sie warnt auch davor, reale Probleme nicht mehr ansprechen zu dürfen.
Buxtehude. „Ich habe in 31 Jahren als Kreistagsabgeordneter alle gesehen, die für die NPD und die Republikaner gewählt waren. Das was jetzt unter Beteiligung eines Mitglieds des Kreistags öffentlich geworden ist, hat eine ganz andere Qualität“, sagt Helmut Dammann-Tamke, Vorsitzender der Stader CDU-Kreistagsfraktion. „Der Kreisvorsitzende der AfD mag zwar durch eine demokratische Wahl in den Kreistag gekommen sein, aber für mich ist er kein Demokrat.“ Seine Äußerungen gegenüber dem TAGEBLATT belegten, dass er „sein politisches Koordinatenkreuz nicht ansatzweise auf der Basis des Grundgesetzes ausgerichtet hat“.
Beim kritisierten Treffen in Potsdam waren AfD-Mitglieder, Rechtsradikale und Sympathisanten sowie Mitglieder der Werteunion - auch mit CDU-Parteibuch - zusammengekommen. Sie diskutierten darüber, wie es gelingen könnte, Menschen mit Migrationshintergrund und solche, die nicht ausreichend „assimiliert“ seien, aus Deutschland abzuschieben. Auch der Stader AfD-Kreisvorsitzende Maik Julitz war im Landhaus Adlon dabei. Die Teilnahme kostete pro Person 5000 Euro. „Das habe ich gerne bezahlt und würde es auch wieder tun, weil ich Projekte bedenke, die ich für unterstützenswert halte“, sagte er gegenüber dem TAGEBLATT.
Großvater warnte vor den Folgen der Machtergreifung
„Einfach mal Protest wählen, kann sehr gefährlich sein“, so Dammann-Tamke. Diesen Menschen müsste man deutlich machen, dass sich dies in der Geschichte schon einmal zugetragen habe und in einer Katastrophe geendet sei. „Jeder aufrichtige Demokrat darf dazu nicht schweigen“, so Dammann-Tamke, dessen Großvater Klaus Tamke für die Deutsch-Hannoversche Partei (Welfenpartei) in der Weimarer Republik im Provinziallandtag Hannover saß.
Correctiv-Recherche
T Buxtehuder AfD-Mann war bei konspirativem Treffen zu massenhafter Abschiebung dabei
Er hatte in einem Schreiben seine Partei vor einer Zusammenarbeit mit der NSDAP gewarnt. Dann würde Deutschland am Ende in Schutt und Asche fallen. Klaus Tamke starb im Januar 1945 an einer Lungenentzündung und musste noch miterleben, dass seine schlimmsten Befürchtungen wahr wurden.
Sein Enkel Helmut Dammann-Tamke ist auch aufgrund der historischen Parallelen dieser Tage äußerst besorgt. Für Dammann-Tamke - er saß 21 Jahre im niedersächsischen Landtag - sind auch die Positionen der AfD zur deutschen Mitgliedschaft in der EU und der Nato zusätzliche Gründe, die AfD politisch zu bekämpfen. „Wenn wir aus der Nato austreten, stehen wir schutzlos da“, sagt Dammann-Tamke.
Sprachgebrauch, der an NS-Jargon erinnert
„Wenn man mir vor fünf Jahren gesagt hätte, dass Menschen in Deutschland darüber diskutieren, wie sie bestimmte Bevölkerungsteile loswerden können, hätte ich das nicht geglaubt“, sagt Melanie Reinecke, CDU-Vorsitzende im Landkreis Stade und Landtagsabgeordnete. Es gebe wieder einen Sprachgebrauch, der an den NS-Jargon erinnern würde. Auch in der CDU gebe es die Diskussion um ein AfD-Verbotsverfahren, so Reinecke. Sie selbst glaube aber nicht, dass dies im Kampf gegen den Extremismus helfen würde.
Differenziert geht Reinecke mit den AfD-Wählern um. „Es gibt enttäuschte Menschen, die sich nicht wahrgenommen und nicht verstanden fühlen“, sagt sie. „Das muss uns demokratischen Parteien zu denken geben.“ Sie hätten die Menschen nicht so erreicht, wie es wünschenswert gewesen wäre. Die CDU-Kreisvorsitzende will die Schuld für die Entfremdung zwischen Wählern und den etablierten Parteien nicht alleine auf die Ampel-Parteien schieben. „Dafür waren wir selbst zu lange mit an der Regierung“, sagt sie.
Keine Angst haben, unbequeme Themen anzusprechen
Gemeinsam mit ihrer Landtagskollegin Birgit Butter warnt Reinecke aber auch davor, unbequeme Themen nicht anzusprechen und andere vorschnell als Nazi oder in die rechtsextremistische Ecke zu rücken. „Das erleben wir auch im niedersächsischen Landtag“, sagt die stellvertretende Landrätin und Hedendorfer Ortsbürgermeisterin Birgit Butter. „Wir müssen uns darüber unterhalten, wie eine geregelte und gesteuerte Migrationspolitik aussehen kann“, sagt sie. Die Kapazitäten in den Kommunen seien erschöpft.
Das Stader Kreis-CDU-Triumvirat Dammann-Tamke, Reinecke und Butter unterstützt den Vorschlag von CDU-Parteichef Friedrich Merz, einen Unvereinbarkeitsbeschluss zwischen der CDU-Mitgliedschaft und der Werteunion zu treffen. „Die Werteunion ist kein Teil der CDU-Familie und wird es auch nie werden“, sagt Reinecke.
Aktive Mitglieder der Werteunion seien dem Kreisvorstand nicht bekannt. Der CDU-Mann Hinrich Rohbohm hatte die Werteunion zwar mitgegründet, war aber schon im September 2020 als stellvertretender Bundesvorsitzender von seinem Amt zurückgetreten und hatte die Werteunion verlassen, weil sie schon damals aus seiner Sicht in die falsche Richtung steuerte. Rohbohm war damals Landesvorsitzender der Werteunion Niedersachsen.