TMautpflicht: Darum drohen dem Reitsport harte Einschnitte

Grundsätzlich ist die Fahrt auf einem Pferdetransporter für viele Pferde oft angenehmer als im Pferdeanhänger - daher sind viele Reiter gerade erst auf „Stable Hopper“ umgestiegen. Foto: imago images
Die Bundesregierung plant eine Verschärfung der Mautpflicht, die auch den Pferdesport betreffen würde. Die Aufregung ist groß und die Einschnitte könnten dramatisch werden, warnt Jan Schalk als Vorsitzender des Kreisreiterverbandes Wesermünde.
Landkreis/Landkreis Cuxhaven. Ab 1. Juni 2024 sollen nicht nur Transporter ab 7,5 Tonnen, sondern auch solche ab 3,5 Tonnen zur Mautzahlung verpflichtet werden, unabhängig davon, ob diese als Pkw eingetragen sind.
„Wider das Tierwohl, unfair und ökologisch kontraproduktiv“, nennt die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) die geplante Novelle und fordert eine Ausnahmeregelung für Pferdetransporter.
Derzeit können Reiter, Züchter und Pferdehalter ihre Pferde noch in kleinen Pferdetransportern kostenfrei auf Autobahnen und Bundesstraßen transportieren. Das ändert sich, wenn auch Kleintransporter ab 3,5 Tonnen in die Mautpflicht genommen werden.
Die Fahrtkosten verdoppeln sich in etwa
Dann müssten zwischen 15,1 Cent (Euro 6) und 24,8 Cent (Euro 1 und schlechter) pro Kilometer gezahlt werden. Bei einer mautpflichtigen Strecke von 30 Kilometern würde dies im günstigsten Fall 4,50 Euro bedeuten. Hin und zurück sind es neun Euro. Auf den ersten Blick ein geringer Betrag, doch dieser summiert sich bei jedem Turnierstart am Wochenende. Kurz: Zusammengerechnet mit dem Sprit verdoppeln sich die Fahrtkosten etwa.
„Es ist anzunehmen, dass Pferdebesitzer dann auf andere Straßen ausweichen werden und dafür längere Strecken in Kauf nehmen. Das kann niemand wollen. Einerseits aus ökologischen Gründen nicht, andererseits, weil man beim Transport von Pferden am liebsten die kürzeste Strecke nimmt und solche mit vielen Kurven und häufigem Abbremsen und Anfahren meidet“, sagt FN-Generalsekretär Soenke Lauterbach.
Grundsätzlich sei die Fahrt auf einem Pferdetransporter für viele Pferde angenehmer als im Pferdeanhänger. Wenn die Maut komme, sei jedoch zu befürchten, dass viele wieder auf Auto und Anhänger umstiegen. „Auch damit ist niemandem geholfen“, so Lauterbach.
„Stable Hopper“ sind besser für das Tierwohl
Zumal viele zum Wohle des Tieres gerade erst auf die „Stable Hopper“ genannten Transporter umgestiegen sind. „Und jetzt sollen sie dafür quasi bestraft werden - das kann ich nicht gutheißen. Das Tierwohl sollte im Vordergrund stehen“, sagt Jan Schalk. Der Vorsitzende des Kreisreiterverbandes ist dankbar, dass sich die FN so stark einsetzt.
„Reiter sind eh schon durch Preissteigerungen belastet. Das Hobby Pferd ist schon teuer genug, nicht zuletzt durch die umstrittene, gestiegenen Gebührenordnung für Tierärzte. Wenn jetzt auch noch Maut dazu kommt, weiß ich nicht, wie gut das für den Amateursport ist“, mahnt er.
„Ich werde daraus Konsequenzen ziehen und weniger machen. Nur noch ein paar Reitpferde.“
Anke Dieckell
Eine Befürchtung, die auch die FN hat. Auch diese hat die Sorge, dass die neue Mautregelung für kleine Transporter vor allem Amateure und Freizeitreiter, aber auch Hobbyzüchter treffen wird, die ihr Einkommen nicht dem Pferdesport verdienen und sowieso schon unter gestiegenen Kosten zu leiden haben.
Versorgung der Pferde ist teurer geworden
„Gerade Pferdesportler sind in letzter Zeit von immensen Kostensteigerungen gebeutelt, die deutlich über die Steigerungsraten hinausgehen, die die gesamte Bevölkerung oder andere Sportler betreffen. Schließlich will der vierbeinige Sportpartner Pferd mitversorgt werden“, so Lauterbach. „Zu nennen sind hier einerseits die Preissteigerungen in der Grundversorgung mit Heu und Stroh, aber vor allem die Erhöhung der Tierarztkosten.“
Laut Schalk müssten gleich fünf Säulen betrachtet werden. „Wir müssen an das Ehrenamt, den Breitensport und den Berufsreiter denken sowie ökologisch und vor allem an das Tierwohl“, plädiert er. „Das muss man durchleuchten und nicht nur, weil man Geld braucht, etwas entscheiden. Es ist einfach nicht durchdacht.“
So werden aber vor allem Einschnitte für den Sport im Amateur- und Hobbybereich erwartet. Und das, nachdem es bei den Turnieren nach den schweren Corona-Jahren gerade wieder einen positiven Trend gab, diese wieder besser besucht werden. „Auch, weil die Veranstalter sich sehr viele Gedanken gemacht haben. Gerade hier bei uns“, erklärt der Vorsitzende des Kreisreiterverbandes. „Alle haben ihre Ausschreibungen überarbeitet, ihr Turnier durchleuchtet und teilweise gute Erfolge damit erzielt. Das wird jetzt wieder torpediert. Da keiner an die Basis denkt.“
Die immer weiter steigenden Kosten machen auch Anke Dieckell Sorgen. „Ich denke, das würde weitreichende Folgen haben. Es würde mal wieder alles teurer werden. Es ist ein Graus in Deutschland, es nimmt einfach kein Ende. Und bei vielem weiß ich nicht, ob sie sich damit einen Gefallen getan haben“, sagt die Berufsreiterin aus Elmlohe, die selbst über drastische Schritte nachdenkt.
„Ich werde daraus Konsequenzen ziehen und weniger machen. Nur noch ein paar Reitpferde. Und dann muss man letztendlich gucken, ob der Pferdesport wieder richtig in die Gänge kommt. Ich höre von allen Seiten, dass sich kein neues Pferd mehr angeschafft wird, wenn das andere einmal nicht mehr ist. Das ist alles rückläufig und eine traurige Entwicklung.“
Auch Berufsreiter leiden unter steigenden Kosten
Es geht um den Amateur- und Breitensport, aber auch um den Berufszweig. Denn Berufsreiter haben bei gestiegenen Kosten ein geringeres Einkommen. „Durch das Gesetz werden also Amateure bestraft, aber auch die Steuerzahler, weil das Einkommen geringer wird. Und das kann eigentlich nicht im Sinne des Staates sein“, ärgert sich Schalk. „Auch das Ehrenamt wird dadurch beschnitten, denn dann fragt man sich wirklich, zu welchem Turnier man noch geht. Und da frage ich mich, ob unsere Politiker richtig nachgedacht haben.“
Auch andere Sportarten trifft die Maut
Politischer Konsens der Ampel - außer der FDP - ist die Eindämmung des Straßenverkehres unter allen Umständen - über den Preis und in diesem Fall die Maut, betont die FN. „Wir kämpfen für unsere Mitglieder und gegen bemautete Tiertransporter weiter. Und kochen das Thema auf offener Flamme. Dies in der Gewissheit, dass auch andere Sportverbände ihre Begehrlichkeiten angemeldet haben. Befreiung der Maut für Kleintransporter, die Kinder zu Jugendturnieren bringen oder Kanus transportieren für Wettkämpfe“, sagt Bernhard Feßler, Leiter des FN-Hauptstadtbüros. „Wir hoffen und bauen darauf, dass wir zusätzlich auch im Schulterschluss mit den Transport- und Logistikverbänden mitsegeln‘ können.“