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Spatenstich

TMegaprojekt Suedlink: Eine Stromautobahn der Superlative

Suedlink macht sich auf den Weg in Niedersachsens nördlichsten Teil: Dr. Stefan Mirschel, Daniel Rascher, Sandra Lemmermann, Birgit Butter und Felix Ludwig (von links) beim Spatenstich in Kutenholz.

Suedlink macht sich auf den Weg in Niedersachsens nördlichsten Teil: Dr. Stefan Mirschel, Daniel Rascher, Sandra Lemmermann, Birgit Butter und Felix Ludwig (von links) beim Spatenstich in Kutenholz. Foto: Fehlbus

Auf der neuen Baustelle bei Kutenholz geht es ins Erdreich. Tennet und viele Baufirmen verlegen hier dicke Kabel. Einblicke in ein Infrastrukturprojekt, das es so noch nicht gegeben hat.

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Von Miriam Fehlbus
Donnerstag, 04.09.2025, 17:50 Uhr

Kutenholz. An der Grenze zwischen dem Landkreis Rotenburg und dem Landkreis Stade rollen auf der einen Seite große Fahrzeuge, auf der anderen steht ein kleines Festzelt. Geladene Gäste aus den Kommunen und von den beteiligten Firmen geben gemeinsam den Startschuss: Das Mega-Projekt Suedlink ist im nördlichsten Abschnitt Niedersachsens angekommen.

Kutenholz bietet für die Stromtrasse, die maßgeblich zur Energiewende beitragen soll, die perfekte Kulisse. Fast überall am Horizont drehen sich Windkraftanlagen. Zwei in der Nähe stehen auffallend still. Vielleicht sei das so, weil der Strom noch nicht ausreichend wegkommt, vermutet einer der Gäste beim Spatenstich.

Die 700 Kilometer lange Trasse wird gebaut, um das zu ändern, um unter anderem durch Windkraft erzeugten Strom aus dem Norden der Republik nach Süddeutschland zu bringen. Rein rechnerisch kann Suedlink rund zehn Millionen Haushalte mit Strom versorgen.

Wie eine Autobahn für Elektronen: Gleichförmig in eine Richtung

Dabei geht es um einen Stromtransport wie auf einer Autobahn oder einer Flugverbindung. Die Fachleute haben sich an die greifbaren Vergleiche gewöhnt. „Hier in Norddeutschland steigen die Elektronen ein und 700 Kilometer weiter wieder aus“, sagt Felix Ludwig, einer der Bauleiter bei Tennet.

Inlandsflug von Flughafen zu Flughafen statt Landstraße, keine störenden Ausfahrten, kein Gegenverkehr, kaum Zwischenstopps. Die Elektronen bewegen sich gleichförmig in eine Richtung. In den Konvertern, die an den Start- und Endpunkten stehen, werden sie in Wechselstrom, passend für das deutsche Verbundnetz, umgewandelt.

Leerrohre und Platten schützen die Kabel im Erdreich

Das Kabel für Suedlink überträgt Gleichstrom mit einer Spannung von 525 Kilovolt. Zu sehen wird es am Ende im Landkreis Stade nicht mehr sein. Gut 1,30 Meter unter der Erde verlaufen die Kabel.

Die Leerrohre werden in Containern verschweißt und so auf Länge gebracht. Sie liegen dann fertig zum Einzug in die Gräben bereit.

Die Leerrohre werden in Containern verschweißt und so auf Länge gebracht. Sie liegen dann fertig zum Einzug in die Gräben bereit. Foto: Fehlbus

Entlang der Suedlink-Stammstrecke sind es zwei Kabelpaare mit jeweils einem Plus- und einem Minuspol in zwei nebeneinander liegenden Gräben. Geschützt werden die Kabel durch Leerrohre. „Über den Rohren sind Bänder als Warnung und dann noch einmal Platten gelegt, die auch eine Baggerschaufel abhalten“, sagt Projektleiter Dr. Stefan Mirschel.

Ein Blick in den Querschnitt des Suedlink-Kabels

Wo es möglich ist, wird das Erdkabel im offenen Graben verlegt. Die vielen roten Rohre liegen auch in Kutenholz schon bereit. Sie bieten die Hülle, im Innern wird später das eigentliche Kabel eingezogen.

Ein Erdkabel hat einen Durchmesser von rund 15 Zentimetern. Der Leiter in der Mitte ist aus Kupfer. Jenseits der Kabelisolation, bei dem Modell in Kutenholz aus weißem Kunststoff, liegen Lichtwellenleiter. Sie ermöglichen die Überwachung des Kabels.

Querschnitt des Suedlink-Kabels: Das Kabel mit dem Kupferkern und integrierten Lichtwellenleitern wird in etwa so in den Leerrohren liegen. Es wiegt pro Meter 41 Kilogramm.

Querschnitt des Suedlink-Kabels: Das Kabel mit dem Kupferkern und integrierten Lichtwellenleitern wird in etwa so in den Leerrohren liegen. Es wiegt pro Meter 41 Kilogramm. Foto: Fehlbus

„40 Jahre ist die Garantiezeit des Herstellers“, sagt der bei Tennet für den Tiefbau zuständige Felix Ludwig. Er geht davon aus, dass erheblich länger niemand an das Kabel muss. Unter anderem gibt es schon Erfahrungen mit Leitungen in Offshore-Windparks, die am Meeresgrund liegen.

Schwere Rohr-Füllung: 41 Kilogramm je Meter Kabel

Gut liegen werden auch die Kabel in den Leerrohren. 41 Kilogramm wiegt nur ein einziger Meter Kabel. Mit Vorsicht müssen die Kabel in die Rohre eingezogen werden, um keine Schäden zu verursachen. In Abschnitten werden die Stränge durch Muffen verbunden - möglichst staubfrei in speziellen Containerräumen. Je länger die Kabelstücke sind, desto schwerer wird im wahrsten Sinne des Wortes das Projekt. Eine echte Herausforderung ist dabei ElbX.

Die Elbquerung entsteht als Tunnelbauwerk. Von Schleswig-Holstein aus reicht ein 5,2 Kilometer langer Tunnel mit einem Innendurchmesser von vier Metern bis zum Zielschacht bei Wischhafen. 1900 Meter sind inzwischen gebaut. Wenn die Kabel eingezogen werden, wird das ein entscheidender Moment sein.

Belüftung für den Tunnel mit vier Metern Durchmesser

Anders als in der Erde bei Kutenholz werden die Kabel im Tunnel unter der Elbe dauerhaft belüftet werden. So wird auch die Wärme zwischen den enger liegenden Strängen abtransportiert.

Dierk Schönwald von Tennet erklärt der stellvertretenden Landrätin Birgit Butter und der Kutenholzer Bürgermeisterin Sandra Lemmermann die Arbeitsweisen bei Suedlink.

Dierk Schönwald von Tennet erklärt der stellvertretenden Landrätin Birgit Butter und der Kutenholzer Bürgermeisterin Sandra Lemmermann die Arbeitsweisen bei Suedlink. Foto: Fehlbus

Diese Wärme entsteht auch im Boden. Es war eine zentrale Befürchtung der Landwirte, dass die Böden durch diese Erwärmung problematisch für den Anbau werden. In wissenschaftlichen Studien habe sich das bisher nicht gezeigt, sagt Dr. Stefan Mirchsel.

Im Kern hat das Kabel zwar 70 Grad, an den Außenseiten aber gerade einmal Körpertemperatur. Gemessen wird im Bereich um die 80 Zentimeter Bodentiefe. Das ist die maximal erreichte Wurzeltiefe der Pflanzen, die über Suedlink angebaut werden dürfen. Die Abweichungen sind in der Bodentemperatur nach ersten Tests minimal.

Birgit Butter: Suedlink hat von Anfang an polarisiert

Aus dem Landkreis Stade nehmen die Kutenholzer Bürgermeisterin Sandra Lemmermann und Birgit Butter als stellvertretende Landrätin an der Baustelleneröffnung teil. Beide berichten von vielen Sorgen im Vorfeld, bei Landwirten und Anwohnern. Da ging es lange um die zunächst oberirdisch geplanten Leitungen.

Nach Protesten wurde im Bundesbedarfsplangesetz festgeschrieben, dass der Ausbau mit Erdkabel erfolgen soll. Grundsätzlich wurde die Notwendigkeit immer wieder infrage gestellt. „Suedlink hat von Anfang an polarisiert“, sagt Birgit Butter in einer kleinen Rede.

Dierk Schönwald erklärt der CDU-Landtagsabgeordneten und stellvertretenden Landrätin Birgt Butter, wie die Rohre im Boden geschützt sind und wo die Anschlüsse zum Nachbarkreis erfolgen.

Dierk Schönwald erklärt der CDU-Landtagsabgeordneten und stellvertretenden Landrätin Birgt Butter, wie die Rohre im Boden geschützt sind und wo die Anschlüsse zum Nachbarkreis erfolgen. Foto: Fehlbus

Viele Informations- und Beteiligungsverfahren und eine einheitliche Linie aller deutschen Bauernverbände für die Entschädigungszahlungen haben die kritischen Stimmen rund um das Projekt inzwischen ruhiger werden lassen. Nicht zuletzt der Gasengpass 2023 hat in Deutschland zusätzlich zur Akzeptanz beigetragen.

Es gebe bisher wenige Flächen, bei denen zur Durchsetzung der Leitungsverlegung Verfahren eingeleitet werden mussten, sagt Stefan Mirschel. Probleme gebe es weniger in der Region zwischen Rotenburg und Elbe als in der Region Hannover. Geplant und gebaut wird parallel an fast allen Abschnitten.

Ziel ist der Schacht westlich von Hamelwörden

Rund 43 Kilometer geht es nun in dem Abschnitt „Baulos 3“ von der Gemeinde Kutenholz aus durch den Landkreis Stade, mit einem kleinen Abstecher in den Landkreis Cuxhaven. 65 Horizontalbohrungen unter Straßen und Flüssen müssen auf dem Weg der Leitung von den Baufirmen bewältigt werden und 26 Kabelsegmente verbunden. Dann wird Suedlink westlich von Hamelwörden in der Gemeinde Wischhafen, nicht weit vom Fähranleger entfernt, in einem Schacht ankommen. 2028 sollen die Elektronen auf der Stromautobahn Suedlink unterwegs sein.

Für den Landkreis Stade ist das Projekt ein Teil vieler weiterer Projekte rund um Energiegewinnung und -transport, unterstreicht Birgit Butter. „Der Landkreis Stade wird zum Energiemotor Deutschlands“, sagt die CDU-Landtagsabgeordnete aus Buxtehude selbstbewusst.

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