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Einzelhandel

TMehr Diebstähle, weniger Arbeitsplätze? SB-Kassen auf dem Vormarsch

Thaïs bezahlt an einer Selbstbedienungskasse.

Thaïs reist mit dem Fahrrad von Paris nach Norwegen. Nach einem kleinen Zwischenstopp im Bremerhavener Edeka Center Knauer geht es gleich weiter. Sie kauft nur Kleinigkeiten und es muss schnell gehen, darum nutzt sie gerne die Selbstbedienungskassen. Foto: Polgesek

Ob im Baumarkt oder beim Möbelhändler: Selbstbedienkassen – kurz SB-Kassen – sind im Kommen. Sind sie ein Segen oder Fluch? Das sagen die Bremerhavener Märkte.

Von Ismail Kul Mittwoch, 11.09.2024, 08:00 Uhr

Bremerhaven. Thaïs ist eine junge Französin. Sie stammt aus dem Großraum Paris und ist auf der Durchreise mit ihrem Fahrrad Richtung Norwegen. Bei Edeka-Center Knauer in Bremerhaven hat sie zwei Artikel geholt – eine Zucchini und eine Packung Dip. Sie bezahlt die Waren an der Selbstbedienkasse, kurz SB-Kasse. Auf die Frage, warum sie diese Kassen bevorzugt, sagt sie: „Ich habe ja nur zwei Artikel. Hier geht es schneller als bei den anderen Kassen.“

Tatsächlich sind die SB-Kassen auf dem Vormarsch. Laut dem Forschungsinstitut EHI in Köln stieg die Anzahl der Geschäfte mit SB-Kassen in Deutschland von 903 im Jahr 2019 auf 4.270 Ende 2023. Die Gesamtzahl der SB-Kassen betrug über 16.000. Gut 60 Prozent dieser Kassen befinden sich im Einzelhandel, jeweils 15 Prozent in den Drogerieläden und den Bau- und Heimwerkermärkten.

Vorteile der SB-Kassen für die Kunden

Einer der Supermärkte mit SB-Kassen ist das Edeka-Center Knauer in Bremerhaven. Die SB-Kassen gibt es dort seit 2022, so Jens Knauer. Nach seinen Angaben nutzen etwa zwölf Prozent der Kunden den Service. Es ist insbesondere die jüngere Generation bis circa 35 Jahre, die diese Kassen ansteuern.

Der Vorteil für die Kunden: Insbesondere in Stoßzeiten können sie mit kleinem Einkauf auf diese Kassen ausweichen. In der Regel müssen sie bei den SB-Kassen keine Wartezeiten in Kauf nehmen. Sie können selbstständig ihre Waren einscannen und bezahlen.

In Baumärkten hohe Nutzerzahlen

Auch bei den Bau- und Heimwerkermärkten sind die SB-Kassen seit Längerem im Einsatz. Bei OBI in Bremerhaven stehen diese seit Oktober 2023 den Kunden des Marktes zur Verfügung. Auch hier zählt zu den Vorteilen die Verkürzung der Wartezeiten, speziell in den Spitzenzeiten, in denen der Markt stark frequentiert wird. Ein weiterer Vorteil ist laut OBI die Entlastung der Mitarbeiter.

Die Pressestelle von OBI in Köln gibt an, dass durchschnittlich 28 Prozent bis 30 Prozent der Kunden diese Kassen nutzen. „In einigen Märkten liegt der SB-Kassenanteil teilweise aber auch bereits bei bis zu 55 Prozent.“

Vernichten SB-Kassen Arbeitsplätze?

Einer der Kunden bei Edeka, der gerade an der SB-Kasse steht und seine Waren bezahlen möchte, ist mit der Entwicklung der Technik nicht ganz zufrieden. Er hat es eilig, möchte auch seinen Namen nicht nennen und sagt: „Diese Kassen vernichten die Arbeitsplätze. Die Entwicklung der Technologie hat auch seine Schattenseiten.“

Ein berechtigter Einwand? Dieses Argument kann Jens Knauer nicht bestätigen. Im Gegenteil. Knauer sagt: „Die Einrichtung ist nicht mit Personaleinsparungen verbunden. Wir haben die SB-Kassen zusammen mit unserer Easy-Shopper-Kasse. Dort muss zwingend immer auch eine Mitarbeitende, die auch entsprechend geschult ist, anwesend sein.“ Und weiter. „Wir benötigen seit der Einführung der SB-Kassen immer eine Kassenkraft mehr als vorher.“

Auch die Arbeitsmarktzahlen bestätigen diese Einschätzung. Im Ausbildungsmarkt beispielsweise blieben auch im laufenden Ausbildungsjahr viele Verkäufer-Stellen unbesetzt.

Kein Zusammenhang mit Zunahme von Diebstählen

Aus den USA und anderen Ländern gibt es immer wieder Berichte, dass an diesen Kassen die Anzahl der Diebstähle zugenommen hätten. Die befragten Märkte in der Region können dies jedoch nicht bestätigen.

„Bisher gibt es keine extremen Auffälligkeiten“, sagt Knauer. „Durch eine gute Kamera-Übersicht sowie Kontrolle durch Mitarbeiter und dadurch, dass der Einkauf über die Nutzung der EC-Karte nicht anonym ist, sind die Abweichungen nicht höher als im Markt an sich.“

Anteil der SB-Kassen soll weiter steigen

Auch OBI stellt keinen Zusammenhang mit einer Zunahme von Diebstählen her: „Dank umfassender Sicherheitsmaßnahmen wie etwa einer Ausgangsschranke, die sich nur mit einem gültigen Kassenbon öffnen lässt, elektronischer Artikelsicherungen und Kamerasystemen sowie der kontinuierlichen Betreuung der Selbstbedienungskassen durch Mitarbeitende ist bisher kein größerer Anstieg bei Diebstahlvorfällen zu verzeichnen.“

Für die kommenden Jahre wird eine weitere Zunahme dieser Kassen im Einzelhandel erwartet. Als ein Grund dafür wird Personalmangel genannt. Mitarbeiter für die Kassen zu finden, wird für die Branche immer schwieriger.

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