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Landkreis Cuxhaven

TMesserattacke auf Schülerin: So geht es dem Opfer

Was sich hier abspielte, können die Lüdingworther nur schwer glauben: In einem Klassenraum der Grundschule verletzte eine Jugendliche ihre Mitschülerin mit einem Messer schwer.

Was sich hier abspielte, können die Lüdingworther nur schwer glauben: In einem Klassenraum der Grundschule verletzte eine Jugendliche ihre Mitschülerin mit einem Messer schwer. Foto: Kramp

Nach der Gewalttat im Klassenraum in Lüdingworth im Landkreis Cuxhaven sind die Menschen im Ort geschockt und fassungslos ob der Ereignisse. So geht es dem Opfer und das sagt die Staatsanwaltschaft Stade.

Von Wiebke Kramp, Vanessa Grell und Joscha Kuczorra Dienstag, 26.12.2023, 06:06 Uhr

Dort hatte eine Jugendliche eine Mitschülerin am Donnerstagmorgen kurz nach der Pause mit einem Messer attackiert. Das Opfer kam schwer verletzt ins Krankenhaus - während die Nachricht im Ort schnell die Runde machte.

Die 16-jährige Schülerin, die ihre 15 Jahre alte Mitschülerin mit dem Messer verletzt hatte, war zunächst vorläufig verhaftet und in Polizeigewahrsam genommen worden. Eine Nachfrage bei der Polizeiinspektion Cuxhaven ergab, dass die Festnahme aufgehoben worden sei. Weitere Angaben wollte der Polizeisprecher nicht machen. Die polizeilichen Ermittlungen an der Schule in Lüdingworth dauerten noch an.

Die Polizei hält sich mit Antworten zurück

Nicht beantworten wollte die Polizei Cuxhaven Fragen zum Auslöser der tätlichen Auseinandersetzung oder zu Einzelheiten zur Tatwaffe. Nicht bekannt gegeben wurde zudem, in welchem Körperbereich es zu Verletzungen mit dem Messer gekommen sei. „Diese Fragen drehen sich alle um die Ermittlungen oder den aktuellen Ermittlungsstand“, so die Polizei.

Die Ermittler werten unter anderem einen umfangreichen Chat auf dem Mobiltelefon des Opfers aus, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Stade am Freitag sagte. Mit dem Einverständnis der Eltern sei das Handy sichergestellt worden. Die bei dem Angriff schwer verletzte Schülerin habe das Krankenhaus inzwischen verlassen, sagte ein Sprecher der Polizei.

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Als Lüdingworths Bürgermeister Thomas Brunken (CDU) am Donnerstag gegen 9 Uhr die Nachricht über die Messer-Attacke erreichte, war er bestürzt: „Ich habe es nicht für möglich gehalten, dass so etwas in der Lüdingworther Schule passieren würde.“ Seit der Tat sei Brunken in Gedanken bei dem verletzten Mädchen und den Schülern, die die Gewalttat mit ansehen mussten: „Ich hoffe, dass die Schüler das Gesehene verarbeiten können.“ Der Ortsbürgermeister ist dankbar für die „ruhige und besonnene Reaktion“ der anwesenden Lehrkräfte: „Das zeigt einmal mehr, wie wichtig Schulungen für solche Situationen sind.“ Auch die Polizei habe richtig gehandelt und frühzeitig für Aufklärung gesorgt.

Bürgermeister Brunken: Stimmung im Ort ist bedrückt

Dennoch sorge der Vorfall für eine bedrückte Stimmung in Lüdingworth, weiß Brunken. Den Bürgern stelle sich die Frage, wieso die Schüler überhaupt mit einem Messer in die Schule gehen.

Außerdem erreichten Brunken Anrufe von älteren Bürgern, für die durch die Messer-Attacke die Idylle der Schule ein Stück weit zerstört worden sei. Brunken bedauert: „Viele sind dort selbst zur Schule gegangen und haben es immer als einen sicheren Ort empfunden. Niemand hat damit gerechnet, dass es dort zu einer solchen Tat kommen könnte.“

„Wir sollten den Vorfall jetzt erst einmal aufarbeiten“

Nach Angaben des Ortsbürgermeisters machte sich schnell Fassungslosigkeit und Ungläubigkeit in Lüdingworth breit. „Wir sollten den Vorfall jetzt erst einmal aufarbeiten und dann weitere Schlüsse ziehen. Aber ich bin mir sicher, dass es sich um einen Einzelfall handelt, der sich so nicht wiederholen wird“, versichert Brunken.

Landrat Krüger: Wir müssen auf allen Ebenen handeln

Landrat Thorsten Krüger findet einen Tag nach der Tat an der Schule in Lüdingworth klare Worte: „Der Vorfall macht deutlich, dass wir hier einen Handlungsbedarf haben - nicht in zehn Jahren, sondern jetzt! Es ist ein Vorfall, der nicht passieren darf. Es gibt dafür keine Entschuldigung“, mahnt der Landrat - und fordert: „Wir müssen auf allen Ebenen handeln. Dafür tragen alle Verantwortung. Das heißt: Politik, Verwaltung und die Gesellschaft.“

Notfallseelsorger: Messer-Attacke nicht mit Amoktat des Armbrustschützen in Bremerhaven zu vergleichen

Über die Gewaltbereitschaft durch ein Mädchen zeigte sich Notfallseelsorger Hans-Jürgen Bollmann aus Lilienthal, Sprengel-Beauftragter für Notfallseelsorge im Sprengel Stade, geschockt. Er machte aber auch deutlich, dass die Messer-Attacke in Lüdingworth eine andere Lage als die Amoktat des Armbrustschützen in Bremerhaven im Mai 2022 gewesen sei. Eigentlich hatten die Notfallseelsorger geplant, am Freitag mit einem großen Team von acht Leuten an der Haupt- und Grundschule in Lüdingworth in die verschiedenen Klassen zu gehen, erläuterte Bollmann auf Nachfrage.

Wegen Sturm „Zoltan“: Nur drei Pastoren sind vor Ort

Da aber durch den Sturm „Zoltan“ der Unterricht ausfiel, sei nur ein kleines Team mit drei Pastoren präsent gewesen, um den in den Räumen betreuten Kindern und Jugendlichen Gesprächsangebote als Stütze anzubieten, Erlebtes zu verarbeiten. 18 Schüler seien gekommen, aber es habe auch Gespräche mit Eltern gegeben. Große Sorge sei spürbar gewesen, aber auch große Verunsicherung. „Alle Reaktionen sind völlig normal auf ein so unnatürliches Ereignis“, weiß Pastor Bollmann. Das könnten körperliche Symptome sein, aber auch Bilder, die immer wieder auftauchen.

Kurz nach der Tat seien die drei Seelsorger Astrid Friedrichs, Sabine Manuw und Erik Neumann in der Lüdingworther Schule als erste an Ort und Stelle gewesen, und hätten unter Schülern, Lehrer und später Eltern eine geschockte Stimmung erlebt. Sie hätten sofort reagiert und durch Gesprächsangebote deutlich gemacht: „Ich bin für dich da, ich gebe dir Sicherheit.“ Zu den Aufgaben der Notfallseelsorger gehöre immer, zuerst zu stabilisieren, zu orientieren und schließlich Ressourcen zu aktivieren.

Während die Notfallseelsorger als erste Kräfte vor Ort waren, werden die Krisen- und Notfallteam der Regionalen Landesschulbehörde mit dem schulpsychologischen Dienst im Nachgang Gespräche und Angebote anbieten müssen, so Hans-Jürgen Bollmann. Aber er sicherte den betreffenden Schülerinnen und Schülern und ihren Eltern gerade auch an den Feiertagen oder den Ferien weiterhin durch die Notfallseelsorge Gesprächsbereitschaft und Gelegenheiten zu Einzelgesprächen zu, um auftretende Ängste und nehmen und Sicherheit zu vermitteln.

Pastor Bollmann: Nicht an den Gerüchten beteiligen

„Aber da sind jetzt auch die Eltern gefordert, ihre Kinder ernst zu nehmen, aber ihnen nichts einzureden“, mahnte Bollmann und machte deutlich: „Und wir warnen immer davor, sich an Gerüchten zu beteiligen.“ Schulleiterin Anja Rendelsmann hatte schon am Donnerstag mitgeteilt, keine Stellungnahme gegenüber unserem Medienhaus abgeben zu wollen. (axt)

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